Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachtbrenner

Nachtbrenner

Titel: Nachtbrenner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra Çakan
Vom Netzwerk:
wäre sein Schädel aus Glas und seine Gedanken in Druckbuchstaben. »Klar, komm nur und mach ’ne Anzeige, du dummes Arschloch, dann wird dein Leben erst so richtig interessant.« Und dann würden sie kommen und seine kostbaren Schwarzmarkt-VRs beschlagnahmen. Er war doch nicht blöd, er wusste, wie so was lief. Schließlich machte er es selbst nicht anders, in »Cops unter Druck«. Und Smart-Card, sein VR-Dealer, sagte doch immer, VR imitiert das Leben – oder war es umgekehrt?

    Der Wagen der HP hatte hinter der Biegung auf sie gewartet. In einer Staubwolke sprang er auf die Straße und setzte sich hinter sie – Sirenen wimmerten. Schlechtes Timing, Mann, verdammt schlechtes Timing. In ihrem Kofferraum lag immer noch die Leiche des pickeligen Donutverkäufers aus Desert-Rock.
    Der hatte auf Mallorys die Titten geschielt, und da hatte er einfach die Halbautomatische auf ihn gerichtet und sein Finger hatte nur mal kurz an den Abzug getippt. Fast so, wie ein Gruß, ein höfliches Tippen an die Hutkante – kurz aber respektvoll – hallo, Mister Tod. Du musst deine Waffe respektieren, hatte er Mallory einmal erklärt, sonst respektiert sie dich nicht. Mallory hatte genickt. Sie wusste immer genau, was er meinte.
    Der Donut-Typ hatte wie ein hysterischer Clown getanzt. Und mit einem Mal war da ein faustgroßes Loch in seiner Brust gewesen, und auf seinem dummen Gesicht immer noch dieses lüsterne Grinsen. Mallory hatte gekichert, ihr gefiel es, wenn er eifersüchtig war.
    »Mach ihn fertig, Baby«, flüsterte Mallory mit heißem Atem in sein Ohr. »Putz den verfickten Cop von der Straße.« Ihre Finger krochen an der Innenseite seiner Oberschenkel nach oben und suchten sich ihren Weg. Er stöhnte laut.
    Plötzlich hörten Mallorys fleißige Finger mit ihrer Arbeit auf. Ihre Hand schnellte vor, griff ihm ins Steuer und riss den schlingernden Wagen herum. Die Straße wurde unscharf, die ganze Welt geriet außer Fokus. Der endlose Wüstenhimmel kippte auf ihn zu, und der flimmernde Asphalt schlug ihm wie ein Hammer ins Gesicht. Er hörte das Knirschen von zerberstendem Sicherheitsglas und das Wimmern von reißendem Metall. Der Gestank von verschmortem Gummi mischte sich mit dem von auslaufendem Benzin. Mallory lachte als wollte sie nie mehr aufhören –

    Keuchend riss er sich die Sensor-Kontakte vom Kopf. Verdammt, verdammt, was lief hier ab? Er war kein Todes-Junkie. Schnell atmete er ein paar Mal tief durch, das Zittern seiner Hände wollte nicht aufhören. Ohne die VR abzuschalten sprang er auf und rannte nach draußen.
    Die Straße, seine Nachbarschaft, alles sah aus wie immer – öde. Es war noch nicht dunkel – eigenartig. Er schien in letzter Zeit Probleme mit seinem Zeitgefühl zu haben. Heute morgen war er in einem fremden Bett aufgewacht, und als er sich umdrehte, lag die Blondine aus der Bar neben ihm. Sie schnarchte mit offenem Mund, er konnte das Zäpfchen in ihrem Hals vibrieren sehen. Gott, war das alles billig. Er musste ganz schön zu gewesen sein, um sie abzuschleppen.
    Irgendwie waren die Dinge letzte Nacht etwas außer Kontrolle geraten. Ziemlich außer Kontrolle, wenn er ihr den Bluterguss unterm linken Auge, die Prellungen und Quetschungen an ihren Armen und Titten gemacht hatte. Er zog die Decke weg – der Rest von ihr sah auch nicht besser aus. Scheiß drauf, sie atmete noch, kein Grund zur Sorge. Er stand auf, reckte sich und kratzte sich an den Eiern. Besser, er machte sich weg, bevor sie zu sich kam und das Gekeife losging. Hinter seinen Schläfen hörte er ein hohes Summen, fast klang es wie die Sirene eines verdammten Bullen-Autos. Er tappte zum Fenster, hob das fettige Rollo hoch und stierte auf ein paar umgekippte Mülltonnen. Er stierte solange, bis ihm einfiel, dass das Geräusch in seinem Kopf war. Mann, irgendwie war er ziemlich fertig.
    Heute musste Sonntag sein. Gestern war etwas, was er am liebsten aus seinem Kopf gestrichen hätte, die ganzen vierundzwanzig Stunden, zack, vorbei. Erst sein arschgesichtiger Nachbar, der ausgerechnet dann zur Tür raus kam, als sich Kevin in seinen vollgepissten Jeans die Treppe hochschleppte, und bei seinem Anblick hämisch grinste. Dann merkte er, dass er den Scheiß-O-Saft immer noch nicht besorgt hatte. Doch er war einfach zu alle gewesen, um noch mal loszugehen. Bis zum Abend hatte er geschlafen. Dann wärmte er sich ein Schnellgericht in der Mikrowelle auf und spülte es mit einem Sechserpack Bier runter während er sich für den Abend

Weitere Kostenlose Bücher