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Nachtbrenner

Nachtbrenner

Titel: Nachtbrenner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra Çakan
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sich rotglühend vor seinen Augen. Kevin fühlte sich fast glücklich.
    Als es richtig dunkel war, kam er zurück. Unter der Windjacke hatte er zwei nette, kleine, mit Benzin gefüllte Bierflaschen. Er hätte nie gedacht, dass die verfickten Euronorm-Paletten so schön brennen würden.
    Auf dem Heimweg machte er einen kleinen Umweg. Und dann stand er wieder vor dem BP-Shop. Durch die Glastür konnte er sehen, dass ein fetter, rothaariger Typ hinter der Kasse hockte. Kevin atmete ganz tief ein und aus. Er konnte es fühlen. Die Erde entrollte sich unter seinen Füßen, die Dimensionen rückten wieder an ihren Platz, alles war wieder gut. Morgen würde er sich einen neuen Job suchen, vielleicht bei den Bullen, die könnten sich glücklich schätzen, wenn ein Typ wie Mickey zur Truppe stieß.
    Zu Hause spielte er eine Runde »Cops unter Druck« – nur so zur Übung. Doch plötzlich saß Mallory neben ihm im Einsatzwagen, und ihre eifrigen kleinen Finger spielten mit dem Abzug seiner Sechsunddreißiger. Zitternd hatte er die VR abgeschaltet. Stunden später kam ihm die Erleuchtung: ein Virus, das war die einzige Erklärung, und das ganze System war verseucht, und das bedeutete, dass er seine ganzen VRs auf den Müll schmeißen konnte.

    Bereits am nächsten Tag revidierte er seine Meinung gründlich. Diesmal passierte es, als er »Beverly Hills 90210« spielte. Die süßen, kreischenden Teenager in ihrem Cheerleader-Outfit drehten ihm plötzlich ihre blutüberströmten Gesichter und zuckenden Körper zu – und alle sahen sie aus wie Mallory. Und dann war sie neben ihm, auf dem Dach der Highschool, kickte ihm sein Schnellfeuergewehr aus den Händen und brüllte: »Du bist doch voller Scheiße, Mann.« Dann steckte sie sich eine Zigarette an, inhalierte und blies ihm den Rauch ins Gesicht.
    Genau, was ihm gefehlt hatte, nachdem die Bullen ihn eiskalt abserviert hatten. Von Drogen-Akte hatte der DH was gefaselt, und von psychischer Instabilität. Die hatten ja keine Ahnung! Hätte er jetzt nicht den ganzen Trouble mit Mallory, würd er’s denen mal so richtig zeigen. Doch erst mal war die Kleine dran.
    Er fuhr herum und bohrte seine Faust in ihr Gesicht. Sie sagte keinen Ton, doch ihre Augen sahen aus wie die eines gekränkten kleinen Mädchens, und um den Mund hatte sie rote Marmelade verschmiert. Er wusste, dass es Blut war, und plötzlich fühlte er sich richtig schuldbewusst, und das machte ihn wieder ganz wütend. Er sprang auf und packte sie. Der verschmierte Mund bildete ein erstauntes O.
    Ihr Schrei brach ab, als er sie mit dem Rücken auf die heiße Dachpappe warf. Und dann war er auch schon auf ihr. Sie sagte immer noch nichts, sah ihn nur an. Er stemmte ihre Beine auseinander, doch als er in sie eindringen wollte, hatte er ständig dieses rote, blutige O vor Augen, und da konnte er nicht mehr. Aber die Wut war immer noch siedend heiß in ihm drin, musste raus, damit er nicht zerplatzte. Und da nahm er einfach den Gewehrlauf und stieß ihn in sie rein – immer und immer wieder. Und dann kam es ihm, und auf einmal fühlte er sich richtig lebendig, wie schon seit Tagen nicht mehr.
    Kevin stand auf und streckte sich. Er wusste, er war ganz nah rangekommen, es fehlte nicht mehr viel, bis er die letzte Spielebene erreichte. Und noch etwas wurde ihm klar, er musste sich dringend neuen Stoff besorgen, und eine Waffe. Ja, das war’s. Dann wäre er König der Stadt.

    Sie saß ganz am Ende der Bar, die Beine übergeschlagen, der Rock war fast bis zu ihrer Pussi hochgerutscht. Das silberblonde Haar war auf der Höhe ihrer Backenknochen gekappt und schwang um ihr Gesicht wie ein Schleier aus Flüssig-Stickstoff. Sie sah gleichermaßen billig und sexy aus. So, wie die Fickpuppe Pris in der Schwarzmarkt-Version der »Bladerunner«-VR. Kevin winkte Alfred und deutete mit dem Kinn aus die Frau.
    »Is’ sie ’ne Professionelle?«
    Alfred stülpte zweifelnd seine Unterlippe vor. »Keine Ahnung, Mann, hab’ die Tussi hier noch nie gesehn.«
    Seltsam. Kevin hätte schwören können, dass er der Pussi schon mal irgendwo begegnet war. Eigentlich war‘s auch egal. Kevin hatte fürs erste genug von dämlichen Barschlampen, die nichts als Schwierigkeiten machten. Er ließ seine Blicke, zum wiederholten mal an diesem Abend, durch den Raum streifen – keine Spur von seinem Dealer. Hatte sich wohl schon rumgesprochen, dass er pleite war. Alfred hatte ihn heute auch irgendwie komisch angeguckt, wenn er richtig darüber nachdachte.

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