Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)
dem Unsinn“, raunt er mir ins Ohr und zieht mich beschützend an sich. Ich lasse es geschehen, denn die Gedanken überschlagen sich in meinem Kopf. Was stimmt denn jetzt?
Eine Weile stehen wir einfach nur so da. Irgendwann habe ich meine Arme auch um ihn gelegt und mein Kopf ruht auf seiner Brust. Kräftig und regelmäßig kann ich seinen Herzschlag spüren. Wie gut, dass ich mich auf meine Intuition verlassen habe. Wenn das tatsächlich nur Wasser war, dann bin ich froh, dass ich nicht die Holzhammermethode ausgepackt habe. Wenn nicht? Tja, das sehe ich dann.
Wir hätten sicher ewig so dastehen können, doch dann geht ein kaum merklicher Ruck durch das Schiff. Langsam lässt er mich los.
„ Was war das?“
Müde sieht er mich an. „Oh, ich denke, wir haben die Einfahrt zum Ärmelkanal erreicht. Kein Grund sich zu fürchten.“
„ Ich fürchte mich nicht.“
„ Gut.“ Er lässt mich los. „Wenn wir schon hier sind, dann wird die Queen knapp in einer Stunde anlegen.“
Ich reiße die Augen auf. „In einer Stunde schon?“ Er nickt. „Heißt das jetzt Abschied nehmen?“, frage ich ihn und er winkt ab.
„ Keineswegs.“ Aufgeräumt und voll guter Laune trennt er sich von mir. „Ich werde meine Sachen zusammenpacken und hier herbringen lassen, wenn das für dich in Ordnung ist.“
Ich nicke und sehe mich um. „Das ist es.“
„ Auch muss ich sicher kurz an Land gehen und mich darum kümmern, dass man Ben gut behandelt.“ Ach ja, den gibt es ja auch noch. „Ich habe es seinem Vater als letzte Amtshandlung versprochen.“
Noch einmal zieht er mich an sich. „Und du bist sicher, dass ich dich begleiten soll?“ Für einen Moment sehen wir uns nur an.
„ Ja, das bin ich.“ Langsam nähern sich unsere Lippen einander und der Kuss ist ein langer und intensiver. Während er mich küsst, öffnet er mir die Knöpfe der Tunika und streift sie ab. Sanft spielen seine Finger in meinen Haaren und streicheln dann über meinen Rücken.
„ Du bist ganz kühl, wie eine Marmorstatue“, murmelt er zwischen zwei Küssen, „nicht dass du mir noch krank wirst.“
Beinahe muss ich laut lachen. „Ich werde nicht krank, Alex.“
Er schmunzelt. „Wie konnte ich das vergessen, du bist ja ein Vampir.“ Verschwörerisch zwinkert er mir zu, dann macht er sich los und bewegt sich auf die Tür zu. „Bevor wir erneut ablegen, bin ich zurück.“
Ich lächele ihn an. „Ich werde hier sein.“
Damit ist er aus der Tür und ich schaue auf die Uhr. Noch zwei Stunden bis Sonnenaufgang. In dieser Zeit werde ich aufräumen und mich bettfertig machen, wie man so schön sagt.
Etwa eine Stunde später geht ein weiterer Ruck durch das Schiff und es liegt still. Diese Veränderung ist merkwürdig, denn ich hatte mich doch an die stetige Bewegung gewöhnt. Voller Interesse trete ich auf meinen Balkon und schaue mich um. Er liegt landwärts, so dass ich die Sonne, wenn, im Rücken hätte.
Die Queen liegt an einem langgestreckten, in das Licht der auf Antik getrimmten Laternen getauchten Kai. Auf den ersten Blick erkenne ich einen großen und völlig unspektakulären Parkplatz voller verschiedener Autos. Dahinter liegt der Terminal der Reederei, in dem hektische Betriebsamkeit herrscht. Hinter diesem sind im Dunkel der Nacht nur die einzelnen Lichter der Stadt zu erkennen. Es riecht nach Salz und Seetang. Irgendwie hatte ich mir das spektakulärer vorgestellt.
Eine Weile betrachte ich das emsige Treiben auf dem Parkplatz vor dem Terminal und dank der guten Beleuchtung kann ich einige Menschen ausmachen, die sich mit anderen in den Armen liegen und ihre Ankunft feiern.
Oha! Da haben es aber welche eilig. Schon will ich mich zurückziehen, als mein Blick auf eine mir merkwürdig bekannte Person fällt. Da unten auf dem Kai steht Alex. Mutterseelenallein steht er da inmitten eines Haufens Gepäck. Der Gute. Ich betrachte ihn eine Weile aus der Ferne und will mich gerade abwenden, als eine große Limousine vor ihm hält und eine Frau mit einem kleinen Mädchen an der Hand aussteigt. Was ist das denn? Neugierig betrachte ich die Szene länger und traue meinen Augen nicht.
Die Frau umarmt und küsst ihn stürmisch und das kleine Mädchen hängt geradezu an seinem Bein. Meine Augen werden schmal, doch über diese Entfernung kann ich tatsächlich weder etwas hören, noch Genaueres erkennen. Das ist doch wohl alles nicht wahr. Jetzt nimmt er das Mädchen auf den Arm und sie schlingt besitzergreifend ihre kleinen Arme um
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