Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)
darüber sprechen.“
„ Aber wieso denn nicht?“ Mr. Brown nippt an seinem Sekt. „Ihnen braucht doch nichts peinlich zu sein, bei solch erlesener Bekanntschaft.“ Auch hier fehlt der ironische Ton, in dem ich die Bemerkung gemacht hätte.
Collin ziert sich noch eine Weile und lässt sich vor allem von Jessicas Mutter sehr bitten, bis er endlich mit der Sprache herausrückt. „Wie bereits gesagt: Jeder Traum, den Sie später auf der Leinwand sehen, kostet Geld, und wenn man mal einen kleinen Fehler macht, springen einem sofort die Investoren ab. Außerdem bekommt man nur Vorwürfe, sogar von der eigenen Familie.“ Er setzt ein betretenes Gesicht auf.
Während ich gerne gewusst hätte, was das für kleine Fehler gewesen waren, nimmt Mrs. Summerstone diese Geschichte zusehends mit. „Sie armer Mann. Das kann doch jedem mal passieren.“
„ Nicht wahr?“ Höre ich da unterdrücktes Schniefen in seiner Stimme? Oh Mann, der Kerl zieht wirklich alle Register. Respekt! „Immer bekommt man nur die Projekte unter die Nase gerieben, die schiefgegangen sind“, seufzt er. Aha, jetzt sind es schon Projekte – Plural. Das wird ja immer interessanter. „Ja, ja, Herrgott. Jeder Mensch macht doch mal Fehler, oder etwa nicht?“ Zustimmendes Nicken rund um ihn herum.
„ Auch jemand wie mein guter Freund Peter.“ Er seufzt. „Peter Jackson kennen Sie, oder?“ Er wirft einen kurzen Blick in die Runde. „Herr der Ringe? District 9? King Kong? Dreht gerade den Hobbit.“ Jessica kreischt leise auf und ich verdrehe die Augen. „Genau der Peter Jackson. Ich meine, der ist auch nicht vor Fehlern gefeit, aber interessiert das jemanden? Nein.“ Er schnaubt leise. „Nur meine Geldgeber reiten darauf rum und sitzen auf ihrem Geld, wie die Gänse auf ihren Eiern. Nicht mal mehr ihre Kontakte wollen sie für mich spielen lassen.“
„ Sie Armer“, Jessicas Mutter tätschelt ihm den Arm und Collin tut so, als würde er das nicht mitbekommen.
Unbeirrt fährt er fort: „Dabei haben wir sogar, aber das ist jetzt absolut Top Secret, ja?“ Zustimmendes Nicken ringsherum. Collin senkt die Stimme. „Wir haben eine Zusage von George …“, bedeutungsschwere Blicke treffen die ihn Umringenden. „Dem gefällt das Drehbuch unheimlich gut. Aber glaubt man, dass das meine Geldgeber interessiert?“
„ George Clooney“, platzt es aus Jessica heraus. „Wie cool!“
„ Pssssst“, macht Collin. „Ich sage doch, das ist Top Secret.“
Ich kann nicht anders und verdrehe die Augen. Wie naiv kann man eigentlich sein?
17. Die Schlacht am Klavier
Als sich die allgemeine Euphorie über Jessicas Kommentar wieder gelegt hat, lehnt sich Collin erneut zurück in seinen Rattan Sessel. Er atmet schwer, so als hätte er gerade einen kilometerlangen Marathon hinter sich gebracht.
Mrs. Summerstone hat für alle neuen Champagner geordert, und es ist wohl nicht nur diesem zu verdanken, dass sich auf beinahe jedem Gesicht der kleinen Runde ein freudig erregtes Lächeln zeigt.
Man braucht keine erweiterten mentalen Fähigkeiten, um zu erahnen, was hinter den einzelnen Köpfen vor sich geht. Jessicas Mutter ist zusehends begeistert von Collin, diesem fähigen, aber verkannten Mann. Mann? Nein, Genie der Filmkunst! Was für eine Entdeckung. Ein neuer wunderbarer Film, der sicher Millionen einspielt, und nur Collin hier vor uns kann ihn verwirklichen. Dem Jungen muss man doch eine Chance geben – ganz eindeutig.
Das junge Mädchen neben mir ist nach wie vor die Einzige, welche sich nicht von Collins Worten hat einlullen lassen. Gelassen, aber mit amüsierter Miene sitzt sie bequem in ihrem Sessel und beobachtet die Szenerie. Ich mustere sie unauffällig von der Seite und stelle fest, dass sie um Längen einfacher gekleidet ist als der Rest von uns. Ihr Outfit besteht aus einer schwarzen Stoffhose, zu der sie eine leicht durchsichtige, cremefarbene Chiffonbluse trägt. An den Ärmeln ist diese zweimal gerafft, so dass kleine Puffärmel entstehen. Darüber trägt sie eine ebenfalls schwarze, geschlossene Weste aus Samt, welche mit kleinen Applikationen verziert ist.
Ihr Haar ist dunkel und durchgelockt. Sie hat es im Nacken zu einem kleinen Pferdeschwanz gebunden, was ihr einen edlen Zug verleiht. Am Mittelfinger der linken Hand trägt sie einen feinen Silberring mit eingelassenen blauen Steinen. Insgesamt hat sie sehr gepflegte, feingliedrige Hände, die nun wieder ineinandergefaltet auf ihren übereinandergeschlagenen
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