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Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myrna E. Murray
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vergleichsweise grelle Beleuchtung des Ladens lässt einfach keine erotische Stimmung aufkommen. Außerdem nehme ich aus den Augenwinkeln weitere Kunden wahr, und denen reicht die kleine Vorführung augenscheinlich.
    Entferntes Tuscheln dringt an mein Ohr, während ich meinen improvisierten Tanz mit einer letzten Drehung und einer abschließenden Körperhaltung wie ein Topmodel beende. Der Verkäuferin fällt beinahe die Kinnlade herunter, doch sie beherrscht sich.
    Um Alex’ Mund findet sich der Anflug eines amüsierten Lächelns. „Sehr anschaulich, Miss Ashton. Doch vielleicht versuchen Sie es einmal mit der Militärjacke darüber? Ich denke, dies würde den Gesamteindruck noch abrunden.“
    Mir ist, als hätte mir jemand kaltes Wasser über den Kopf geschüttet. „Wie Sie meinen“, gebe ich kühler als beabsichtigt zurück und stapfe sehr undamenhaft in die Kabine. Entweder hat dieser Mann keinen Funken Leben in seinem maßgeschneiderten Anzug oder keinen Sinn für Ästhetik. Ben hätte sich sicher sofort auf mich gestürzt, Laden hin oder her. Worauf will ich eigentlich hinaus? Egal! Langsam ziehe ich die Jacke über und suche eine Erklärung für sein zurückhaltendes Verhalten. Es passt irgendwie zu seiner Persönlichkeit und eigentlich ist es sehr angenehm, bedenkt man, was da vorgestern im Restaurant gelaufen ist.
    Vielleicht …? Doch dann schlage ich mir mit der flachen Hand vor sie Stirn. Natürlich, das ist die Erklärung. Wie dumm von mir, beinahe lache ich laut auf. Das bin nicht ich, die beleidigt und vielleicht enttäuscht über das absolut normale Verhalten von Alex ist. Das sind die Anteile von Bens Charakter, die sich mit seinem Blut übertragen haben. Bin ich eigentlich total bescheuert? Wollte ich ihn wirklich verführen? Und wenn ja, was habe ich erwartet?
    Der Mann ist Anwalt, verdammt nochmal! Sein Pokerface muss berufsbedingt schon fast so undurchdringlich sein wie meins. Ein anderer Gedanke drängt sich dazwischen, von dem ich gerade nicht genau sagen kann, ob er von mir oder von dem kleinen Anteil Ben in mir stammt: Außerdem vögelt man nicht die Frau vom Boss! Aber – Hey. Moment mal. Ich bin nicht die Frau vom Boss! Vielleicht wäre jetzt die passende Gelegenheit das einmal klarzustellen.
    Etwas milder gestimmt, schlüpfe ich in die nun ebenfalls schwarze Jacke und komme erneut aus der Kabine, um mich begutachten zu lassen.
    „ Perfekt“ ist alles, was Alex von sich gibt. Er nickt mir anerkennend zu. Die Verkäuferin kann ebenfalls nur stumm zustimmen.
    „ Wunderbar, ich nehme es dann gleich mit.“ Mit einer schwungvollen Drehung bewege ich mich auf die Kabine zu, ziehe die Jacke und den Overall aus und mich wieder an. Dabei fällt mein Blick auf die Garderobe. Auf dem Bügel sieht der Overall sehr unscheinbar, beinahe schlicht aus. Erstaunlich, dass er Alex trotzdem aufgefallen ist.
     

 
     
    20. Christliche Nächstenliebe
     
    Mit dem Overall im Gepäck ist unser Einkaufsbummel aber bei Weitem noch nicht beendet. Es folgt ein Besuch in der Dessous-Abteilung, der mir ebenfalls sehr interessante Wäsche einbringt, dies allerdings ohne Alex’ vorherige Begutachtung. Er schlägt zwar einige Stücke vor, lehnt aber ab, diese an mir zu bewundern. Er begründet dies damit, dass es ihm nicht zusteht, darüber zu entscheiden. Ein bisschen gekränkt bin ich schon, lasse es aber dabei bewenden.
    Zu guter Letzt verschlägt es uns in die sich füllende Abteilung für Abendkleider, die wir gut eine Stunde durchstreifen und doch zu keinem gemeinsamen Konsens kommen.
    Langsam wird mir seine Gegenwart vertraut, auch wenn er sich zurückhaltend gibt. Zugegeben, normalerweise wäre ich mit meinen Mitbewohnerinnen aus N.Y. losgezogen, und zu viert hätten wir an einem Abend pro Kopf mindestens einen, wenn nicht sogar zwei Monatslöhne eines gut verdienenden Geschäftsmannes in uns investiert. Ein wenig wehmütig denke ich in dem Moment an diese Nachmittage und Abende zurück und bemerke, dass ich sie schrecklich vermisse, doch die drei sind einfach nicht hier. Einen Blick auf die Uhr werfend entscheide ich, sie in den frühen Morgenstunden anzurufen.
    Dass sie da noch wach sind, weiß ich aus eigener Erfahrung. Dieser Gedanke zaubert mir ein Lächeln auf das Gesicht und ich konzentriere mich wieder auf die schier unmögliche Lösung des aktuellen Problems: ein Abendkleid für die morgige Gala zu finden. Außerdem darf ich meine Verabredung mit Sharroll nicht vergessen.
     
    Ebenso wie bei

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