Nachtfalter
des jungen Mannes und heftet sich zornentbrannt auf sie. Ich habe das Gefühl, daß er gleich auf sie losstürzen wird, und bereite mich darauf vor einzuschreiten. Doch sein Blick trübt sich wieder und gleitet zu Boden. Der junge Mann macht kehrt und eilt zur Tür.
»Es ist niemand aus dem Rotlichtmilieu, der meinen Mann umgebracht hat, Herr Kommissar.« Die Kousta wendet sich wieder mir zu. »Mir ist klar, daß Ihre Kollegen das glauben, doch sie irren sich.«
»Schwachsinn!« Koustas’ Sohn hat sich nochmals umgedreht. »Reiner Schwachsinn, das Rotlicht hat ihn auf dem Gewissen. Du bist hier mit deinen Swimmingpools und deinen Philippininnen von der Außenwelt abgeschottet und hast keinen blassen Schimmer, wie es draußen zugeht. Er wußte, daß er in Gefahr war, aber er versuchte, mit vollkommen unfähigem Sicherheitspersonal den coolen Typ zu mimen.«
Ich kann ihn zwar nicht sonderlich ausstehen, doch was er sagt, leuchtet mir ein. Die meisten Nachtklubbesitzer zahlen Schutzgelder, um eine ruhige Kugel zu schieben. Andererseits kommen mir Koustas’ Schußverletzungen in den Sinn. Daß sie von einem Profi herrühren sollen, kann ich einfach nicht glauben.
»Wissen Sie, ob Ihr Vater Drohungen aus dem Rotlichtmilieu erhalten hat?« fragt ihn Dermitzakis.
»Ich weiß von nichts. Ich habe nur gesagt, was mir am plausibelsten erscheint. Sie brauchen nicht weiterzubohren, ich habe null Ahnung.« Der Ausdruck des allwissenden Experten ist aus seinem Gesicht gewichen, und er bemüht sich um Schadensbegrenzung.
»So oder so müssen Sie eine Aussage machen. Wenn Sie etwas wissen, sagen Sie es lieber gleich, damit wir vom Fleck kommen.«
»Ich habe nichts gesehen und nichts gehört. Schreiben Sie das auf und bringen Sie den Wisch vorbei, damit ich ihn unterschreiben kann.« Er verschwindet, bevor wir ihm noch weitere Fragen stellen können.
»Das war Makis, Dinos’ Sohn aus erster Ehe«, erläutert die Kousta. »Messen Sie seinem genervten Ton nicht allzu viel Bedeutung bei, er hat es schwer im Leben. Er hat gerade einen Drogenentzug hinter sich.« Sie hält inne, als warte sie auf unsere Reaktion, merkt jedoch, daß kein Kommentar erfolgt, und fährt fort: »Ich hoffe, daß er nicht wieder rückfällig wird. Er ist jetzt seit sechs Monaten clean.«
»Hatte Ihr Mann noch weitere Kinder?« frage ich.
»Eine jüngere Tochter, Niki. Die beiden sind so verschieden wie Tag und Nacht. Niki hat studiert, in England ihr Diplom gemacht und arbeitet in einem Meinungsforschungsinstitut, der R. I. Hellas.«
Dermitzakis zieht seinen Notizblock heraus und schreibt den Namen auf. Ich hoffe, er hat ihn richtig notiert, damit wir nicht wieder ins Fettnäpfchen treten.
»Was macht Sie so sicher, daß Ihr Mann nicht von Leuten aus dem Milieu umgebracht wurde?«
»Ich kann das nicht konkret begründen. Ich halte es einfach für unwahrscheinlich. – Sind wir jetzt fertig?« fragt sie ungeduldig. »Entschuldigen Sie bitte, aber ich bin noch nicht wieder ganz auf den Beinen.«
Sie wartet nicht darauf, daß ich ihr das Ende unserer Unterredung bestätige. Sie läßt uns stehen und geht auf die Tür zu. Die Katze erhebt sich und folgt ihr mit hocherhobenem Schwanz.
Die Asiatin bringt uns zur Eingangstür, dort nimmt uns der Typ vom Sicherheitsdienst unter seine Fittiche und geleitet uns bis zum Tor. Er gibt sich einen strengen und wortkargen Anschein, doch ich vermute, daß er damit nur meinem Blick ausweichen möchte.
Als wir hinausgehen, treffen wir auf Makis, der uns an den Einsatzwagen gelehnt erwartet.
»Wollen Sie wissen, ob mein Vater Feinde hatte?« Er blickt mich an, doch sein Blick entgleitet ihm wieder und bleibt an meinem Hosenbund hängen.
»Hatte er denn welche?«
»Ja. Die da drinnen«, meint er und deutet auf die Gefängnisfestung. »Seit sie da ist, ist alles anders. Sie wußte, daß er verrückt nach ihr war, und sie tanzte ihm auf der Nase herum. Das einzige, was sie interessierte, war sein Geld.«
Ein leeres Taxi fährt vorüber. Makis hält es an und steigt ein. Das Taxi prescht los, bevor ich ihn noch etwas fragen kann. Er hat uns einen vergifteten Köder hingeworfen. Ich bin mir nicht sicher, ob sein Trick bei mir verfängt. Darüber muß ich mal in aller Ruhe nachdenken, denn die Kousta ist mir durchaus sympathisch.
7
H ast du den Arzt angerufen?«
Adriani sitzt am Küchentisch. Sie hat einen Stapel Zeitungen vor sich liegen und schneidet Coupons aus, um ein Kochtopfset zu gewinnen. Bislang hat sie
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