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Nachtfalter

Nachtfalter

Titel: Nachtfalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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allein deswegen, weil niemals Vorwürfe gegen ihn laut geworden waren, die über das übliche Maß unbestimmter Anschuldigungen gegen den einen oder anderen Schiedsrichter hinausgingen.
    Am Montag morgen behielt ich die Oberhand im Kampf um das Steuer des Mirafiori. Schließlich hatte Ousounidis nur von einigen Tagen gesprochen, und daran hatte ich mich gehalten. Adriani wollte schon wieder in ein Gezeter ausbrechen, doch ich stopfte ihr den Mund, indem ich erklärte, es sei nicht richtig, daß Katerina wegen mir ihre Doktorarbeit nicht vorantreiben könne. Um die Wahrheit zu sagen, ein wenig Herzklopfen hatte ich schon, als ich plötzlich allein hinter dem Lenkrad saß. Für alle Fälle schluckte ich ein halbes Interal, um ganz sicherzugehen.
    Glücklicherweise lief alles wie am Schnürchen, und nun sitzt mir Nasioulis, der Sportredakteur, gegenüber. Er ist um die Fünfundzwanzig, einfach gekleidet und scheint überhaupt ein seriöser junger Mann zu sein. Vor ihm liegt der Aktenordner, und er blättert darin herum. Sotiropoulos sitzt auf dem anderen Stuhl und verfolgt die Szene.
    »Hier werden Sie nicht finden, wonach Sie suchen, Herr Kommissar«, meint Nasioulis. »Sie haben die Schiedsrichter zu Recht im Visier. Auch wir können den Verdacht gekaufter Spiele nicht von der Hand weisen, aber wir können nichts belegen. Chatzidimitriou liegt da durchaus richtig. Denn wenn keine offizielle Anklage erhoben wird, kann man nichts unternehmen.«
    »Welche Spiele könnten denn manipuliert worden sein?«
    »Nur diejenigen, die für den Ausgang der Meisterschaft entscheidend sind. Geld ist kaum im Spiel, wenn das Resultat für den Titel oder eine gute Plazierung belanglos ist. Niemand wirft sein Geld zum Fenster hinaus, wenn das korrekte Pfeifen des Schiedsrichters keinen Nachteil bringt.«
    »Bei welchen für die Meisterschaft entscheidenden Spielen war Petroulias als Schiedsrichter eingesetzt?«
    Er zieht einen Zeitungsausschnitt aus seiner Sportjacke und beginnt, die Liste der von Petroulias gepfiffenen Spiele aus dem Aktenordner mit den Angaben aus dem Zeitungsausschnitt zu vergleichen. »Auf den ersten Blick würde ich sagen: das Match zwischen Falirikos und Triton.« Bezeichnenderweise nennt er es an allererster Stelle. »Die Niederlage kostete Triton den Meistertitel der dritten Liga. Dann wäre da das Spiel zwischen Argostolikos und Anamorfosi Tripolis. Soweit ich mich erinnern kann, hat Petroulias zwei Spielern von Anamorfosi die rote Karte gezeigt, und Argostolikos trug den Sieg davon und entging dem Abstieg. Die schiedsrichterinterne Bewertung durch einen Beobachter merkte an, daß zumindest einer der beiden Ausschlüsse nicht gerechtfertigt war. Und dann noch das Match zwischen Atromitos Sfakion und Chalkidaikos. Atromitos Sfakion lag hinter Triton an zweiter Stelle in der Tabelle, während Chalkidaikos in der Abstiegszone umherkrebste und es trotzdem schaffte, seinen Gegner in einem Auswärtsspiel zu schlagen. Nun ist im Fußball vieles möglich, aber ich persönlich halte dieses Resultat für unglaubwürdig, besonders wenn Petroulias in der letzten Minute einen Elfmeter gegen Atromitos pfeift, genau wie im Spiel gegen Triton. Der Beobachter bewertet seine Leistung auch hier als mittelmäßig, doch das hat nicht viel zu bedeuten.« Er blickt mich entschuldigend an, als fürchte er, seine Kenntnisse reichten nicht aus und ich würde ihn durch die Prüfung rasseln lassen.
    »Ich könnte Ihnen aber noch mehr sagen, wenn Sie mich die Daten in aller Ruhe durchsehen lassen«, setzt er hinzu.
    »Sind Sie eigentlich noch bei Trost, Kommissar?« fährt Sotiropoulos dazwischen, dem es entgegen aller Erwartungen bislang gelungen war, seinen Mund zu halten. »Wonach suchen Sie überhaupt? Nach Vereinsfunktionären, die Schmiergelder bezahlen und Schiedsrichter kaltmachen? In der mickrigen dritten Liga? Bedenken Sie doch, um welche Geldsummen es hier geht! Verstehen Sie, wovon wir hier eigentlich die ganze Zeit reden? Vom Plebs der Fußballwelt!«
    Ich weiß, daß er recht hat, doch ärgert es mich, das aus Sotiropoulos’ Mund zu hören. »Ich sage ja nicht, daß ihn Vereinsfunktionäre auf dem Gewissen haben. Vielleicht haben ihn irgendwelche fanatischen Anhänger umgebracht. Er ist ihnen zufällig auf der Insel über den Weg gelaufen, und da haben sie ihn kurzerhand abgemurkst.« Ich spreche diese Hypothese nicht nur deshalb aus, weil mir die Argumente ausgegangen sind, sondern auch weil ich Gikas’ Theorie an der

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