Nachtflamme: Roman (German Edition)
befunden hatte. Das Schaufenster war gähnend leer.
»Es sieht so trübselig aus«, meinte Layla.
»Ja. Aber das muss ja nicht so bleiben.«
Sie riss die Augen auf, als er einen Schlüsselbund aus der Tasche zog und die Eingangstür aufschloss. »Was machst du da?«
»Ich zeige dir Möglichkeiten auf.« Er trat ein und schaltete das Licht ein.
Wie viele der Läden auf der Main Street war auch der Geschenkladen früher einmal eine Wohnung gewesen. Die Eingangstür war breit, die alten Holzdielen sauber und blank. An der Seite führte eine geschwungene Treppe ins Obergeschoss. Über einen kleinen Flur gelangte man zu drei weiteren kleinen Zimmern hinten im Haus. Im mittleren Zimmer ging eine Tür auf eine kleine Veranda und einen Garten hinaus, in dem ein alter Fliederbusch stand.
»Man merkt kaum noch, dass hier einmal ein Geschenkladen war.« Layla fuhr mit der Fingerspitze über das blanke Holzgeländer der Treppe. Außer ein paar Regalen und Flecken an der Wand ist davon nichts mehr zu sehen.«
»Ich mag leere Häuser. Sie haben Potential, so wie dieses hier. Solides Fundament, Installationen und Elektrik sind neu, und es ist geräumig. Der Geschenkladen hat die Räume oben als Lager und Büro benutzt. Das ist wahrscheinlich eine gute Idee. Wenn Kunden hier raufund runtergehen würden, bräuchte bloß mal jemand zu stürzen, und schon hättest du eine Klage am Hals.«
»Aus dir spricht der Anwalt.«
»Es braucht eigentlich nur angestrichen zu werden. Die hölzernen Elemente sind alle noch in Ordnung.« Er fuhr mit der Hand über eine Abschlussleiste. »Mindestens zweihundert Jahre alt. Es sind noch die Originale. Das gibt dem Ganzen noch mehr Charakter. Wie findest du es?«
»Die Holzarbeiten? Die sind toll.«
»Nein, ich meine das Ganze.«
»Nun.« Langsam ging sie herum. »Es ist hell, geräumig, gepflegt und hat Charakter.«
»Mit so einem Laden könntest du eine Menge anfangen.«
Sie drehte sich zu ihm um. »Meinst du?«
»Die Miete ist nicht allzu hoch. Erste Lage. Viel Platz. Man könnte ohne Weiteres ein paar Umkleidekabinen einbauen. Du brauchst Regale, Vitrinen und Gestelle, um die Kleider aufzuhängen.« Er hakte die Daumen in die Vordertaschen seiner Jeans. »Ich kenne zufällig ein paar Jungs, die sehr geschickt mit Werkzeug umgehen können.«
»Willst du damit sagen, ich soll hier einen Laden aufmachen?«
»Du sollst das tun, was du gut kannst. So etwas gibt es hier weit und breit nicht. Du könntest richtig Erfolg haben, Layla.«
»Fox, das … das kommt überhaupt nicht in Frage.«
»Warum?«
»Weil ich …« Ich zähle es einfach auf, dachte sie. »Erstens kann ich es mir nicht leisten, selbst wenn ich …«
»Dafür gibt es ja Kredite.«
»Ich habe seit Jahren schon nicht mehr ernsthaft über ein eigenes Geschäft nachgedacht. Ich wüsste gar nicht, wo ich anfangen sollte, selbst wenn ich meinen eigenen Laden eröffnen wollte. Um Gottes willen, Fox, ich weiß noch nicht mal, was morgen passieren wird, geschweige denn in einem Monat. Oder in sechs Monaten.«
»Aber was willst du heute?« Er trat auf sie zu. »Ich weiß, was ich will. Ich will dich. Ich will, dass du glücklich bist. Ich will, dass du hier mit mir glücklich bist. Jim Hawkins vermietet dir das Haus, und du hast keine Probleme, einen Kredit zu bekommen. Ich habe mit Joe auf der Bank geredet …«
»Du hast mit beiden schon geredet? Über mich?«
»Nein, nicht ausdrücklich. Ich habe mich nur allgemein informiert. Ich habe alle Unterlagen in einem Ordner gesammelt, das muss dir doch gefallen.«
»Ohne mich vorher zu fragen.«
»Ich habe den Ordner angelegt, damit ich dich jetzt fragen kann und du etwas zum Anschauen hast, wenn du darüber nachdenkst.«
»Du hättest dir nicht so viel Mühe zu machen brauchen.«
»So bin ich eben. Das«, er machte eine weit ausholende Geste mit der Hand, »ist die Art von Arbeit, die dir Freude macht. Du willst mir doch nicht erzählen, dass du glücklich wirst, wenn du für den Rest deines Lebens im Büro arbeiten musst.«
»Nein, natürlich nicht.« Sie wandte sich ab. »Aber ich werde mich auch nicht kopfüber in eine Geschäftsgründung stürzen in einer Stadt, die in ein paar Monaten vielleicht nicht mehr existiert. Ich habe noch nicht darüber nachgedacht, ob ich hier überhaupt ein Geschäft haben will. Wie soll ich das auch, wenn um uns herum dieser ganze Wahnsinn vor sich geht?«
Einen Moment lang war er ganz still, sie glaubte beinahe, das alte Haus atmen zu
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