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Nachtflügel

Nachtflügel

Titel: Nachtflügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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sehr traurig machen, dich zurückzulassen, doch sie sei für alle Chiropter der Kolonie verantwortlich und nicht nur für einen.«
    Sylph erinnerte sich so gut an Novas Worte, als wäre sie diese im Kopf immer und immer wieder durchgegangen.
    »Und alle haben ihr zugestimmt«, sagte Dämmer.
    »Nicht ganz alle.«
    »Wer ist gegangen, Sylph?«
    »Sol ist hiergeblieben, doch die meisten seiner Familie sind trotzdem aufgebrochen.«
    »Sol war Papa gegenüber immer am loyalsten.«
    »Und Südwind hat auch gegen den Plan gesprochen. Er hat gesagt, es wäre ein Verrat an unserem Vater, wenn wir zurück zu Gyrokus gingen. Er ist dageblieben, genauso wie ungefähr die Hälfte unserer Familie. Nova und Barat mit ihren kompletten Familien und alle sonst sind gestern aufgebrochen.«
    Dämmer schwieg. Wenn jetzt ein Felid die Zähne in seine Schulter geschlagen hätte, hätte er das wohl kaum gespürt. Nach einer Weile merkte er, dass Sylph ihn besorgt musterte.
    »Dämmer, alles in Ordnung?«
    »Jib ist auch fort, vermute ich«, sagt er schließlich.
    Sylph rümpfte die Nase. »Ja, der ist weg.«
    »Da hast du also nicht nur schlechte Nachrichten.«
    »Er war wirklich eine kleine Laus«, stimmte Sylph kichernd zu.
    Dämmer sah sie ernst an. »Du wärst bestimmt auch gerne mitgegangen.«
    Sylph starrte einen Augenblick auf die Rinde. »Du weißt ja, was ich von Gyrokus und Papas Entscheidung gehalten habe.«
    »Ja.«
    »Ich bin nicht sicher, ob Novas Entscheidung so schlecht war«, sagte sie langsam.
    »Du hast immer irgendwie zu ihr gehalten«, meinte Dämmer.
    Sie hob den Kopf und sah ihn kämpferisch an. »Ja, aber jetzt halte ich mehr zu dir. Nichts hätte mich dazu bringen können, wegzugehen.«
    Dämmer nickte erstaunt. Sie hatte Novas Entscheidung für gut gehalten, sie hatte sich ein sicheres Zuhause gewünscht, und trotzdem hatte sie sich entschieden, bei ihm zu bleiben, auch wenn sie manchmal wütend und beleidigt war, so war sie immer für ihn eingetreten. Immer.
    »Noch nie hat jemand eine bessere Schwester gehabt!«
    Sie runzelte die Stirn. »Auch wenn ich die Rückkehr zu Gyrokus für eine gute Idee gehalten habe, war es nicht richtig, wie Nova vorgegangen ist. So zu lügen und dich nach dem, was du alles getan hast, einfach wegzuschicken! Sie wäre wahrscheinlich in den Gedärmen der Diatryma längst zermalmt worden, wenn du nicht gewesen wärst! Ich möchte lieber heimatlos sein, als jetzt noch in ihrer Kolonie zu leben.«
    »Du musst nicht heimatlos sein«, sagte Dämmer. »Ich habe für uns ein Zuhause gefunden.«
    »Wirklich?«, fragte sie. »Die Bäume, die du gesehen hast?«
    Er nickte. »Sie sind vollkommen.«
    Es war eine sehr geschrumpfte Kolonie, die Dämmer durch den Wald und über den Sumpf leitete. Sie waren jetzt weniger als hundert. Dennoch hatten Freude und Erleichterung ihn überkommen, als er wieder zu ihnen gestoßen war – und Verwunderung, denn sie hatten ihn liebevoll und warmherzig begrüßt. Es war so angenehm, einfach unter seinesgleichen zu sein, eingehüllt von ihrem Duft und der Nähe ihrer Körper.
    Sie brauchten einen ganzen Tag, um allein nur bis an den Rand des Graslands zu gelangen, und die Sonne berührte nahezu schon den Horizont, als sie schließlich dort landeten. Südwind stellte sofort Wachen um ihren Baum herum auf, für den Fall, dass Reißzahn und seine Spießgesellen sich anpirschten.
    Dämmer kauerte sich neben seine Schwester und schaute zu den Hügeln in der Ferne.
    »Das sieht nach einem langen Weg aus«, bemerkte Sylph.
    »Als ich in der Luft war, sah es nicht so weit aus«, gestand Dämmer.
    Südwind ließ sich neben den beiden nieder und überblickte schweigend beim letzten Licht der untergehenden Sonne die Landschaft. Er war jetzt der Anführer.
    »Wir werden unseren Weg von Baum zu Baum planen«, sagte er schließlich. »So können wir uns in Sicherheit ausruhen und dann mit einem langen Gleiten wieder starten. Das erspart uns einige Zeit auf dem Boden.« Er seufzte. »Wir müssen trotzdem eine lange Strecke auf dem Boden zurücklegen.«
    »Ich kann euch leiten«, sagte Dämmer.
    »Anders ginge es gar nicht«, antwortete Südwind. »Wir brauchen deine Nachtaugen von oben.« Er hob den Blick zu den Hügeln und brummte zufrieden. »Es ist gut, endlich unsere neue Heimat in Sicht zu haben.«
    Die Nacht verbrachten sie im Wald, und den ganzen folgenden Tag aßen sie und ruhten sich aus, um sich auf die Durchquerung vorzubereiten. Mit einsetzender Dunkelheit wollten

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