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Nachtflügel

Nachtflügel

Titel: Nachtflügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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Ikaron. »Hoffen wir, dass sich unsere besseren Impulse durchsetzen.«
    »In der Tat«, sagte Gyrokus. »Doch wie ihr gesehen habt, sind wir in dauernder Alarmbereitschaft. Wir sind nicht auf einen Krieg aus, aber wir sind gerüstet. Nun, ihr habt viel durchgemacht und braucht Verpflegung und Ruhe. Nehmt euch beides hier in der Sicherheit meiner Kolonie und morgen reden wir weiter.«
    »Ich danke dir, Gyrokus«, sagte Ikaron. »Du bist sehr großzügig.«
    Es war spät, und Dämmer war erschöpft, aber er scheute sich einzuschlafen. Die Furchen in der Rinde der Kiefer waren nicht annähernd so tief und so bequem wie die in seinem alten Mammutbaum. Der Geruch war schärfer und weniger beruhigend. Sich auf diesem seltsamen Ast niederzulassen brachte ihm erneut schmerzhaft in Erinnerung, dass seine Mutter fort war und niemals wiederkäme. Doch mit seinem Vater und Sylph dicht neben sich stellte sich der Schlaf dann letztlich doch noch ein.
    Er zog durch einen fremden Wald, die Bäume öffneten sich zu einer Lichtung und auf der anderen Seite der Lichtung stand der Mammutbaum. Alle waren da, warteten auf ihn und fragten sich, warum er weggegangen war.
    »Wo bist du gewesen?«, fragte seine Mutter und schüttelte verwundert den Kopf.
    Wie hatte es passieren können, dass er so weit vom Weg abgekommen war? Sein Heim war die ganze Zeit so nah gewesen. Doch das war jetzt nicht mehr wichtig. Dämmer war viel zu glücklich, sich der Freude hingeben zu können, wieder zu Hause zu sein, sich auf seinem Platz niederzulassen und sich zu putzen, während Sylph, sein Vater und die anderen Chiropter sich auf die Jagd durch die Lichtung begaben.
    Und dann, sogar in seinem Traum, drängte sich sein ängstliches Bewusstsein dazwischen, und er wusste, dass alles eine Illusion, eine Lüge war. Er hatte immer noch Angst, dass seinem Heim etwas Schreckliches zustoßen würde. Er wollte es sicher und vollkommen bewahren, zumindest in seinen Träumen, und er zwang sich selbst aufzuwachen, bevor er es zum zweiten Mal zerstört sah.
     

Kapitel 15
Wahre Naturen
    I n der Morgendämmerung war Reißzahn auf der Suche nach Eiern. Es war nicht Hunger, der ihn hinauf in die Bäume getrieben hatte. Selbst nachdem die Chiropter vor vier Tagen geflohen waren, bot die Insel viel Beute. Gestern Abend hatte er mehrere Grundlinge gefangen und sich so den Bauch vollgeschlagen. Doch seine vielen Jahre als Saurierjäger hatten bei ihm ein Verlangen nach Eiern hinterlassen, nach ihrer köstlichen, dicklichen Flüssigkeit, nach dem zarten Fleisch der Ungeborenen.
    Es erwies sich als schwierig, unbewachte Nester zu finden. Die Vögel waren extrem wachsam und wurden bösartig, sobald er sich näherte. Einer hatte ihn bereits mit den Klauen gekratzt. Er hätte ihn ja angegriffen und ihm den Hals gebrochen, wenn nicht vier weitere dem ersten schnell zu Hilfe gekommen wären. In einem Wirbel aus Schnäbeln und Klauen vertrieben sie ihn. Er verzog sich tiefer in den Wald.
    Neben ihm schlich Miacis über die kräftigen Äste des Teakholzbaums. Sie war mittlerweile seine häufigste Partnerin bei der Jagd, und er war froh darüber, denn nach ihm war sie die Fähigste in der Meute. Er fragte sich träge, ob sie wohl eines Tages einwilligen würde, seine Gefährtin zu werden. Der Gedanke machte ihm nicht so viel Vergnügen, denn er dachte immer noch oft an Panthera, auch wenn er sie für immer verloren hatte.
    Er hielt an und schnüffelte. In diesem Teil des Waldes war es unheimlich und still. Schon eine ganze Weile hatte er keinen Vogel gehört und kein Nest gesehen. Doch seine Nase fing einen vielversprechenden Geruch von Schlamm, Speichel und getrocknetem Gras auf. Er blickte sich um. Da.
    Zuerst dachte er, das Nest wäre verlassen, es wirkte so trostlos und löste sich an der einen Seite schon auf. Er schaute Miacis an und nickte. Verstohlen schlichen sie weiter, lauschten, prüften die Luft. In der Nähe war von Vögeln nichts zu hören. Reißzahn erreichte das Nest und spähte hinein. Die Form der Eier ließ ihn zögern. Sie waren vollkommen rund. Solche Eier hatte er noch nie gesehen. Die Schalen waren weiß, was bei Vogeleiern häufiger der Fall war, doch diese hier waren beachtlich größer. Gierig leckte er sich die Zähne. Das Nest selbst war das typische schmutzige Geflecht aus Gräsern und Zweigen, eigentlich genauso wie die anderen, aus denen er sich bedient hatte. Aber diese Eier schienen nicht zu dem Nest zu passen.
    »Das könnten fast Sauriereier sein«,

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