Nachtflug Zur Hölle
Litauen, und ich halte unsere Kampfgruppe einsatzbereit, bis er draußen ist. Zum Teufel mit Curtis und den anderen!«
Marinefliegerstützpunkt Lista, Vestbygda, Norwegen
15. April, 23.00 Uhr
»Ladehemmung! Los!«
Patrick McLanahan setzte sein Gewehr M-16 ab. Er stützte es gegen seinen rechten Oberschenkel, schlug das Magazin mit der rechten Hand hoch, riß den Ladehebel zurück und kontrollierte die Kammer. Als er sah, daß sie frei war, ließ er den Ladehebel mit hörbarem Knall nach vorn schnellen, verriegelte ihn und hob sein Gewehr wieder an die Schulter.
»Nein, Sir, das ist falsch«, warf Gunnery Sergeant Chris Wohl ein – aber damit meinte er nicht McLanahan. Wohl saß neben John Ormack und beobachtete ihn aufmerksam. Aus dem Augenwinkel heraus sah er Hal Briggs diese Übung wie alle Marines in zwei Sekunden absolvieren. McLanahan war etwas langsamer, aber seine Handgriffe stimmten. Nur Ormack hatte es noch immer nicht begriffen. »Den Ladehebel nicht zurückgleiten lassen, Sir. Er muß nach vorn schnellen«, erklärte Wohl, »sonst kann die nächste Patrone wieder klemmen.«
Ormack nickte, aber er war unübersehbar frustriert.
»Und noch mal, General. Fertig? Ladehemmung… los!«
Ormack setzte das M-16 ab, riß den Ladehebel zurück, kontrollierte die Kammer, ließ den Ladehebel nach vorn schnellen und hob sein Gewehr.
»Wieder falsch, Sir«, sagte Wohl. »Erst gegen den Magazinboden schlagen, bevor Sie den Ladehebel ziehen. So rastet das Magazin richtig ein – der Ladehebel nutzt Ihnen nichts, wenn eine Patrone im Magazin klemmt. Okay, versuchen wir’s gleich noch mal…«
»Ich bin erledigt, Wohl. Können wir für heute Schluß machen?«
Ormack ist wirklich übermüdet, dachte McLanahan: der lange Flug von North Carolina zu diesem einsamen Marinefliegerstützpunkt an der äußersten Südspitze Norwegens, die Zeitverschiebung durch den Flug und Wohls unerbittlich harte Ausbildung forderten ihren Tribut. Ormack gab sich wirklich Mühe, aber er hatte einfach kein Verständnis für solche Routinesachen. »Mit Flugzeugen kenn’ ich mich aus. Aber mit einem verdammten Gewehr in der Hand bin ich der reinste Idiot!«
»Noch ein paar Minuten, Sir«, verlangte Wohl. »Diese Übung ist wichtig. Etwa alle fünfzig Schuß tritt eine Ladehemmung auf – also bei fast jedem Magazin. Wenn Sie oft genug üben, geraten Sie nicht in Panik, wenn beim Abdrücken nichts passiert. Ich habe mal gehört, daß man einem Affen das Fliegen beibringen kann, Sir – aber ich kenne keinen Affen, der mit dem M-16 schießen kann. Also weiterüben!«
Dem Luftwaffengeneral war deutlich anzumerken, was er von dieser Art Humor hielt.
»Weiterüben, Sir«, forderte der Sergeant ihn auf. »Hauptmann Briggs, Sie zeigen ihm, wie’s gemacht wird. Und während er übt, hört ihr beide zu. Oberst, ziehen Sie Ihr Messer!«
Über dicken schwarzen Overalls aus Nylonmischgewebe trugen die vier Männer das Gurtzeug LC-2, das alle möglichen Gegenstände aufnahm: Patronentaschen, Erste-Hilfe-Ausrüstung, Feldflasche, Taschenlampe, Kompaß, Reepschnur, Handfunkgerät, Pistolenhalfter. Rechts am Webkoppel hing das bei den Marines eingeführte Kampfmesser. Als McLanahan die Velcro-Verschlüsse aufriß, glitt das Messer wie von selbst in seine rechte Hand. Gleichzeitig duckte er sich und nahm den linken Fuß in Abwehrhaltung zurück.
»Gut. Die linke Hand weiter zurück, damit Ihr Gegner sie nicht verwunden kann«, sagte Wohl. »Den Kampf mit dem Messer üben wir nicht besonders. Sie haben eine Pistole und ein Gewehr, die Sie gebrauchen sollten. Werfen Sie nie Ihre Waffen weg! Und füllen Sie die Patronentaschen bei jeder Gelegenheit auf.« Notfalls mit der Munition Ihres toten Kameraden, hätte er hinzufügen können. »Aber schleppen Sie auch nicht mehr als normal mit sich herum.
Sollten Sie sich jedoch verschossen oder Ihre Waffen eingebüßt haben und vor einem Gegner stehen, der Sie noch nicht totgeschossen hat, ziehen Sie Ihr Messer, greifen energisch an und hauen dann schnellstens ab.« Auch Wohl hielt plötzlich sein Kampfmesser in der Hand und täuschte einen Angriff vor. »Konzentrieren Sie sich aufs Gesicht, die Augen, die Hände, den Hals. Jede Schnittwunde schwächt Ihren Gegner. Versuchen Sie nicht, ihm das Messer ins Herz oder den Unterleib zu stoßen. Er trägt wahrscheinlich eine Flakweste oder mehrere Lagen Kleidung als wirksamen Schutz. Sie sind nicht Rambo – Sie können mit Ihrem Messer keine ganze Armee aufhalten.
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