Nachtflug Zur Hölle
beiden Maschinen verschwanden in Richtung Sonnenaufgang.
Es dauerte einige Zeit, bis sich die Herzen der fünf Männer einigermaßen beruhigt hatten. »Mann…«, keuchte Briggs. »Mann, das war knapp!«
»Klasse gemacht, Briggs«, sagte Wohl. »Verdammt mutig von Ihnen. In Zukunft dürfen Sie schießen, wenn Sie’s für nötig halten, okay?«
Aber Briggs war noch zu erledigt, um sich über diese Anerkennung freuen zu können.
»Sonst alle in Ordnung?« fragte Wohl. Von ein paar Prellungen abgesehen, waren tatsächlich alle unverletzt und auf den Beinen.
»Gut, dann sehen wir jetzt zu, daß wir so schnell wie möglich ins Sicherheitsgebäude zurückkommen und…«
»Stoi!« rief eine Stimme hinter ihnen auf russisch. »Nyee dveg-hight yes! Nyee dveghigth yes!«
Dave Luger erstarrte sofort und legte seine Hände auf den Kopf.
»Was hat er gesagt?« fragte Ormack. »Wer ist das?«
»Er hat ›Halt‹ und »Keine Bewegung!« gerufen«, antwortete Wohl.
»Briggs, lassen Sie Ihr Gewehr fallen. Nehmen Sie die Hände hoch.«
»Okay – wer seid ihr, Jungs?« Die russische Stimme sprach plötzlich Amerikanisch mit Bostoner Akzent. Als die fünf sich umdrehten, stand hinter ihnen ein einzelner Mann, der einen dunkelblauen Overall trug und mit einer Maschinenpistole Uzi mit Schalldämpfer bewaffnet war.
»Gunnery Sergeant Wohl.«
»Marines?«
Als Wohl nickte, ließ der Mann die Waffe sinken. »Master Sergeant Edward G. Gladden, U.S. Army. Willkommen in Litauen! Na, wie gefällt’s euch hier?«
Luger bekam vor Streß einen Lachanfall, der erst aufhörte, als Briggs ihm kräftig auf den Rücken klopfte. »Ist die Army in Litauen einmarschiert?« fragte Ormack.
»Ich gehöre zu einem der A-Teams, die hier beobachten und unterstützen sollen«, antwortete Gladden. »Wir wollten gerade Ihre Kolonne anhalten, um vielleicht mitzufahren, als die Hubschrauber angegriffen haben. Die verdammte HIND ist beinahe auf mein Versteck am Güterbahnhof gestürzt, deshalb bin ich lieber abgehauen, Mein Partner beobachtet inzwischen, was sich auf dem Flughafen tut.« Er musterte den Luftwaffenoffizier. »Wer seid ihr! Ihr seht nicht wie Marines aus.«
»Das ist geheim«, sagte Wohl sofort. »Sie gehören zu mir. Wie viele Leute haben die Special Forces hier stationiert?«
»Ungefähr eine Kompanie im Gebiet zwischen Kaunas und der weißrussischen Grenze«, antwortete Gladden. Er zündete sich eine russische Zigarette an, deren beißender Rauch bei McLanahan noch auf zehn Schritt leichte Übelkeit erzeugte. »Ich schlage vor, daß wir zu eurem Chef gehen und besprechen, wie wir hier rauskommen.«
»Ihr habt einen Plan?«
»Wir haben immer einen«, bestätigte Gladden stolz. »Also los!«
Auf dem Rückmarsch zum Sicherheitsgebäude sprach Luger ihn auf russisch an. Gladden nickte grinsend und antwortete ebenfalls auf russisch, das er fließend sprach.
»Klappe halten!« forderte Wohl Luger auf. »Worüber hat er mit Ihnen gesprochen?« fragte er Gladden.
»Ihr Freund hat gesagt, meine Eltern müßten viel Sinn für Humor gehabt haben, um ihrem Sohn die Initialen ›E. G. G.‹ zu geben«, antwortete Gladden. »Ich habe zugestimmt. Ihr Marines lernt ziemlich gutes Russisch.«
»Er ist kein Marineinfanterist«, stellte Gunny Wohl nachdrücklich fest, »und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie nicht mit ihnen reden würden.«
»Sind das Ihre Gefangenen?«
»Sie sind verdammt lästig, sonst nichts.« Das Grinsen, mit dem Wohl das sagte, verwirrte den Mann von den Special Forces noch mehr.
»Durch die Kanalisation?« fragte Snyder ungläubig. »Das ist Ihr großer Plan? Wir sollen durch den Abfluß abhauen?«
Gladden verschlang den Kanten Schwarzbrot, den einer von Palcikas’ Männern ihm gegeben hatte, als habe er seit Tagen nichts mehr zwischen die Zähne bekommen – was übrigens tatsächlich der Fall war.
»Ja, Sir, das stimmt«, murmelte er kauend. »Diese Verbindung haben wir vor ein paar Tagen bei der Vorbereitung Ihres Einsatzes entdeckt. Wir haben sie dem U. S. European Command gemeldet – aber die Meldung hat euch Marines anscheinend nie erreicht. Vom Fisikus aus führt ein Abwasserkanal mit gleichmäßigem Gefälle unter der Stadt hindurch ans Südufer der Wilija, in die er gleich neben der Wilnaer Brücke mündet.
Ab dort benutzt man den Wartungssteg unter der Brücke, der unbeleuchtet und nach Mitternacht praktisch unbewacht ist, um in die Freihandelszone ›Stadt des Fortschritt‹ zu gelangen. Dann noch
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