Nachtflug Zur Hölle
knurrte Gabowitsch. »Ich weiß, daß Sie lügen! Ich soll die Atomraketen so wenig kontrollieren dürfen wie Woschtschanka. Sie halten mich für verrückt, stimmt’s? Idiot! Sie wollen überhaupt keine Raketen einsetzen, stimmt’s? Die Zukunft ist Ihnen gleichgültig! Die glorreiche Zukunft, die unser… die mein sein wird!«
Gabowitsch griff nach der Pistole in seinem Schulterhalfter, aber er war viel zu langsam. Dwornikow zog eine Walther P4 mit aufgesetztem Schalldämpfer unter seinem Mantel hervor und schoß Gabowitsch damit aus kurzer Entfernung zweimal ins Herz. Die wirkungsvoll gedämpften Schüsse waren kaum hörbar. Gabowitsch stolperte mit vor Erstaunen und Wahnsinn weit aufgerissenen Augen rückwärts; er war tot, bevor er auf dem Teppichboden zusammenbrach.
»Du hast die Gewalt über Leben und Tod in den Händen gehalten, du blöder Hund«, sagte Dwornikow zu dem Toten, »aber du hast alles versiebt. Ich kann nur hoffen, daß Woschtschanka jetzt seinen Plan verwirklicht, sonst ist die ganze Mühe vergeblich gewesen.«
Dwornikow steckte die Pistole weg und machte sich daran, die Papiere in Gabowitschs Aktentasche zu sichten. Der Trottel hatte stapelweise Unterlagen über die Atomraketen – sogar über ihre Stationierungsorte – in seinem Hotelzimmer herumliegen. Verdammt noch mal, die hätte ich ihm von jedem Zimmermädchen klauen lassen können! Er riß die Schriftstücke mittendurch, steckte sie in den Papierkorb aus lackiertem Blech und warf ein brennendes Streichholz darauf. Als Spion hat Gabowitsch nicht viel getaugt, sagte sich Dwornikow nüchtern, aber sein Plan wird trotzdem verwirklicht. Dafür werde ich sorgen …
»Halt, keine Bewegung, Boris! Hände hoch und weg von diesem Schreibtisch!«
Dwornikow hörte auf, Schriftstücke zu zerreißen, ließ sie fallen und richtete sich mit erhobenen Händen auf. »Sieh da, die liebe Sharon«, sagte er. Dann drehte er sich trotz ihrer Warnung um und begrüßte die CIA-Agentin Sharon Greenfield mit entwaffnendem Lächeln. »Endlich allein – und diesmal in viel angenehmerer Umgebung.«
»Weg vom Schreibtisch, hab’ ich gesagt!« Er gehorchte und trat damit einen Schritt näher auf sie zu. »Sie ziehen Ihre Pistole mit der linken Hand – nur mit Daumen und Zeigefinger – raus und werfen sie hierher!«
»Wirklich, Sharon, ich…«
»Sofort!« befahl sie.
Dwornikow zuckte mit den Schultern, zog seine Walther aus dem Schulterhalfter und warf sie ihr vor die Füße. Die Amerikanerin hob sie auf. steckte sie in ihre Manteltasche und machte ihm ein Zeichen mit ihrer Pistole. »Weg vom Schreibtisch!« Obwohl er zu gehorchen schien, blieb der Abstand zwischen ihnen gleich. »Sie sind nachlässig geworden, Boris«, stellte sie fest, stieß den Papierkorb um und trat das Feuer aus. »In der guten alten Zeit waren Sie viel geschickter, viel vorsichtiger. Aber zum Glück sind Sie faul geworden – das macht mir die Arbeit leichter.«
Dwornikow ignorierte ihre Behauptung. »Sharon, damit ruinieren Sie den schönen neuen Teppichboden…«
»Kein Wort mehr, Boris!« Sie beugte sich über Gabowitsch. Obwohl die beiden Einschußwunden kaum bluteten, war er mausetot.
Seine Pistole ließ sie im Schulterhalfter stecken. »Warum haben Sie Gabowitsch erschossen, Boris? Falls unsere Berichte zutreffen, könnte er Woschtschanka als Gegenleistung für eine Vorzugsbehandlung nach der Besetzung Litauens mehrere Atomsprengköpfe überlassen haben. Vielleicht wußte er sogar, wo sie jetzt stationiert sind.«
»Er hat nichts gewußt. Er ist verrückt gewesen. Er wollte seine Pistole ziehen, und ich hab’ ihn erschossen.«
»Wie kommen Sie darauf, daß er nichts gewußt hat? Hat er mit Ihnen gesprochen?«
»Nein.«
Sie betrachtete Dwornikow mit gerunzelter Stirn, als wisse sie nicht recht, ob sie ihm glauben solle, und zeigte danach auf die Einschußwunden. »Verdammt gute Trefferlage, Boris. Und Sie sind nicht auf die Idee gekommen, ihn bloß in die Schulter oder ins Bein zu schießen, um ihn vernehmen zu können?«
»Haben Sie das mit mir vor, Sharon? Verwunden Sie mich nur – oder schießen Sie mich gleich tot?«
Greenfield beugte sich um die größtenteils nur angekohlten Schriftstücke. »Weder noch, wenn Sie sich anständig benehmen.«
Sie erfaßte rasch, was sie vor sich hatte. »Boris, diese Unterlagen …
sie enthalten Angaben über die Standorte von Woschtschankas Atomraketen. Warum wollten Sie…«
Dwornikow bewegte sich blitzschnell.
Sein
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