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Nachtflug Zur Hölle

Nachtflug Zur Hölle

Titel: Nachtflug Zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dale Brown
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ist empörend!«
    »Kulikauskas, ich entweihe den Namen des Großfürsten keineswegs«, widersprach Palcikas. »Alle meine Männer, die dieses Abzeichen tragen, haben mit einer Hand auf der Bibel und der anderen am Staatsschwert geschworen, dieses Land zu verteidigen.«
    »Was wissen Sie von Ehre, von Treue, von …«
    »In der Ausbildung und im Dienst befolgen wir das von König Gediminas vor Jahrhunderten eingeführte Ritual – und wir leisten denselben Eid wie damals«, unterbrach ihn Palcikas. »Die Ausbildung dauert zwei Jahre – genau wie damals. Major Kolginow hat sie nach seiner Einbürgerung erfolgreich abgeschlossen und sich das Recht verdient, das Schwert zu berühren und den Eid zu leisten. Sie sind ein Veteran, Kulikauskas, deshalb lade ich Sie ein, dieses Ritual in Trakai als mein Gast mitzuerleben. Seien Sie beim nächsten Vollmond um dreiundzwanzig Uhr in Trakai. Das Ritual beginnt pünktlich um Mitternacht.«
    Aus der Innentasche seiner Uniformjacke zog Kolginow einen Passierschein mit Anweisungen für die Schloßwache. Palcikas unterzeichnete ihn, gab ihn dem Alten und wandte sich ab, um zu gehen.
    Anna Kulikauskas erwartete die Offiziere im Freien. «Damit haben Sie meinem Vater eine große Freude gemacht«, sagte sie. »Er interessiert sich sehr für litauische Geschichte.«
    »Genau wie ich«, stellte Palcikas fest. »Bitte sorgen Sie dafür, daß er bald eine vollständige Schadensaufstellung einreicht, und teilen Sie mir mit, wann meine Soldaten mit der Behebung der Schäden beginnen können.«
    »Vielen Dank«, sagte sie. »Obwohl ich zugeben muß, daß ich das Militär noch nie von dieser Seite erlebt habe. Wissen Sie bestimmt, daß Sie das alles nicht nur meinetwegen tun?«
    »Ich habe nicht gewußt, wem dieser Hof gehört, bevor ich an Ihre Tür geklopft habe«, erklärte ihr Palcikas. »Ich bin, wie ich bin, behandle jedermann gleich und bin nicht wendig genug, um mich Prominenten gegenüber zu verstellen. Aber ich hoffe, daß es mir gelungen ist, Ihre Einstellung dem Militär – und auch mir – gegenüber etwas zu verändern.«
    Er wußte, daß Anna Kulikauskas eine kontrovers beurteilte Persönlichkeit, ein Hitzkopf und vielleicht sogar eine Gefahr für die weitere Existenz der Brigade Eiserner Wolf war. Sie trat nicht nur energisch für ein gänzlich entmilitarisiertes Litauen und völlige Neutralität ein, deren Schutz lediglich eine Regionalpolizei garantieren sollte, sondern war auch gegen jegliche militärische Zusammenarbeit mit anderen Staaten oder Organisationen. Aber irgendwie schien das im Augenblick alles keine Rolle zu spielen.
    »Ich kann einfach nicht glauben, daß alle hohen Offiziere so anständig und fürsorglich sind, wie Sie es zu sein scheinen«, gab sie zu.
    »Aber ich bin bereit, etwas mehr aufs Gute in jedem Menschen zu achten – auch wenn er Uniform trägt und bewaffnet ist.« Sie machte eine Pause, nickte ihrem Vater zu, der ebenfalls aus dem Haus getreten war, und sah dann wieder zur Straße hinüber, auf der die weißrussischen Truppen abgezogen waren. »Kommen die GUS-Truppen zurück?«
    »Wahrscheinlich nicht«, antwortete Palcikas. »Sollten sie zurückkommen, benachrichtigen Sie bitte sofort meine Dienststelle. Wir müssen anfangen, Beweismaterial zu sammeln, damit sich die Regierung bei den Vereinten Nationen über sie beschweren kann. Hier sind eindeutig zahlreiche Bestimmungen des Übergangsvertrags verletzt worden. Was diesen Hubschrauberabsturz betrifft, entsende ich eine eigene Untersuchungskommission, die Ihre Aussage, die Ihres Vaters und aller sonstigen Zeugen zu Protokoll nimmt.«
    »Wir haben nichts gesehen«, behauptete Anna. Sie sah rasch zu ihrem Vater hinüber, der seine Tochter fragend anstarrte, bevor er den Blick des Generals trotzig erwiderte. Für Palcikas war das Ergebnis dieses wortlosen Dialogs zwischen Vater und Tochter – wie schon sooft in seiner Offizierslaufbahn – klar: »Halt dich da raus! Misch dich nicht ein!« Falls die beiden letzte Nacht etwas gesehen hatten, was ziemlich wahrscheinlich war, würden sie es nicht freiwillig erzählen.
    »Ich wäre Ihnen für Ihre Unterstützung dankbar. Bitte benachrichten Sie mich sofort, wenn Ihnen etwas einfällt, das mir weiterhelfen könnte.« Palcikas grüßte knapp und beeilte sich, Kolginow einzuholen, der vorausgegangen war, um die Mi-8 anzufordern.
    Der Major zog die Augenbrauen hoch. »Na?« fragte er. »Haben die beiden sich über den Absturz geäußert?«
    »Nein, aber

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