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Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren

Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren

Titel: Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
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Nachbarjungen vertrieb, die sich mit dem modernen Fahrzeug beschäftigt hatten, die auf den Sitz geklettert waren, an den Hebeln gezogen und die Geräusche der Maschine nachgeahmt hatten. Telmaine entspannte sich leicht, denn sie deutete die Anwesenheit der Kinder als Beweis dafür, dass keine Gefahr bestand. Allerdings konnten Gefahren auch im Verborgenen lauern.
    »Wenn es gefährlich wird«, sagte sie zu Sylvide, »und du wegfahren musst, dann tu es. Wenn du mich schießen hörst, fahr. Wenn du mich rufen hörst, fahr. Wenn irgendetwas … wenn irgendetwas Seltsames geschieht, fahr.«
    »Tellie!«, protestierte Sylvide angesichts einer solch unheilverkündenden Litanei.
    »Du musst es versprechen, Sylvide. Ich habe dich bisher schamlos ausgenutzt, und ich werde mir niemals verzeihen, wenn ich dich in Gefahr bringe.«
    Sylvide setzte einen rebellischen Ausdruck auf, schob eine Hand unter ihre Röcke und förderte eine zweite Schatulle zutage, identisch mit der, die sie Telmaine gegeben hatte. »Ich weiß, du denkst, ich sei ein Spatzenhirn, Telmaine, aber ich habe in der Nähe der Grenzlande gelebt . Mein Kutscher ist ebenfalls bewaffnet.«
    Telmaine öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Sylvide fuhr fort: »Wir werden in geringerer Gefahr sein, wenn du tust, was du tun musst.« Ihre süße, helle Stimme zitterte.
    Ein machtvoller Peilruf zu beiden Seiten der Straße, wie der Baron ihn ausgesandt hatte, zeigte ihr nichts, das sie erschreckte. Es entging ihr zwar nicht, dass sein Peilruf weiter gereicht hatte und energischer gewesen war als ihrer, aber sein Sonar war in den Grenzlanden und den Schattenländern geschärft worden. Diese Erwägung ließ sie flüchtig an die Landschaft ihrer Träume denken, und sie schauderte.
    Die Stufen von Bals Haus fühlten sich seltsam unter ihren Füßen an, beinahe so, als gehe sie auf Eis, das jeden Moment zerspringen oder kippen und sie ausgleiten lassen könne. Als sie vor dem herzoglichen Nebeneingang in die Kutsche geklettert war, hatte sie keine Ahnung von der ungeheuren Kälte dieses Abends gehabt. Oder warum sie vor Furcht so sehr zitterte, dass sie sich mit einer Hand abstützen musste, während sie mit der anderen den Schlüssel ins Schloss schob. Es war absurd. Als sie das letzte Mal eine Furcht von dieser irrationalen Intensität verspürt hatte, war das … im Garten gewesen. Gezogen vom Klang einer Stimme, die nicht die Stimme ihres Mannes war, und wo sie von einer Aura von Angst und Kälte berührt worden war, die eine von niemandem außer ihr wahrnehmbare Frau um sich verbreitet hatte.
    Sie klammerte sich an den Türgriff, keuchend und von Übelkeit geplagt. Sie musste weitergehen, musste mit Floria Weiße Hand sprechen, musste wissen, was die Lichtgeborenen über Flori in Erfahrung gebracht hatten. Als sie unbeholfen den Schlüssel drehte, spürte sie einen plötzlichen sengenden Schmerz auf den Fingern, als hätte ein Brandeisen sie berührt; sie kreischte laut auf und prallte instinktiv zurück, trat auf den Saum ihrer Röcke, stolperte und stürzte die Treppe hinunter, die Arme hochgerissen, um den Kopf zu schützen. Sylvide und ihr Kutscher waren ausgestiegen, kaum dass sie auf dem Boden aufschlug, und Sylvide hockte sich von tiefer Sorge erfüllt neben sie. »Tellie, Tellie, was ist los?«
    Der Schmerz der Prellungen und Kratzer, die sie sich auf den Stufen zugezogen hatte, verblasste neben der Qual in ihrem Kopf. »Licht!«, stieß sie atemlos hervor. »Das Haus ist voller Licht.«
    »Licht? Aber …«
    »Die Wand ist weg. Die Papierwand. Ich habe es Bal gesagt. Meine Hand …« Sie kreischte beinahe, davon überzeugt, ihre Hand würde zu Asche zerfallen, wenn sie sie öffnete. »Nein, fass sie nicht an.«
    Sylvides Hände flatterten über sie hinweg, drückten sie nieder und tasteten nach Verletzungen. »Soll ich einen Doktor holen, gnädige Frau?«, fragte der Kutscher, ein Gedanke, der Telmaine entsetzte; sie wollte nur weg von hier. Doch inzwischen scharten sich mehrere Passanten um sie. Einer brachte ihr den Schlüssel, den sie bei ihrem Sturz verloren hatte. Sylvide nahm ihn in Empfang und peilte unsicher die Tür. Telmaine mühte sich in eine sitzende Position, immer noch fast würgend von dem Schmerz und dem Grauen der Berührung durch das Licht. »Markiert die Tür! Lichtbruch.« Die Zeugen, die sie undeutlich wahrnahm, prallten zurück; plötzlich waren statt eines halben Dutzends nur noch zwei übrig. Einer war ein öffentlicher Agent in der

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