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Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren

Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren

Titel: Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
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dass es die Berührung von Licht gewesen war. Sein Entsetzen vermischte sich mit ihrem, das instinktive Grauen des Nachtgeborenen, der über Licht nachdachte, und das Grauen zu wissen, wie nahe sie dem Tod gewesen war. In dieser Intimität konnte keiner von ihnen den anderen darüber täuschen, wie er für ihn empfand.
    Er war so abgelenkt, dass ihm die Kälte und das Grauen, die sie auf der Türschwelle erlebt hatte, beinahe entgingen. Aber nicht ganz. Er hatte heißes Entsetzen angesichts der Möglichkeit verspürt, sie hätte verbrennen können. Jetzt spürte er das kalte Entsetzen des Erkennens.
    Sie bemerkte es. ›Was ist los?‹ Er antwortete nicht, sondern dachte an kahle Länder, verkrüppelte Büsche und dieses kalte Gefühl, das wie ein Miasma über allem schwebte. In seinem Kopf pulsierte der Ruf, stärker, als er ihn jemals so weit im Norden verspürt hatte.
    ›Ishmael! Was ist los?‹
    Widerstrebend und voller Furcht antwortete er: ›Die Magie der Schattenländer.‹
    ›Die Schattenländer haben Magier?‹
    ›Einige der Schattengeborenen wirken Magie. Instinktiv, dachten wir, nicht so, wie wir es tun. Es scheint, dass wir uns möglicherweise geirrt haben.‹ Vladimer hatte Recht, dachte er. Welcher unheimliche Instinkt ihn auch immer darauf gebracht hatte. Die Schattengeborenen haben ihren Krieg gegen uns erklärt. Es geht nicht länger um uns, die primitiven Plündereien, die die Grenzlande seit je in Atem gehalten haben. Und ich habe es nicht erkannt. ›Telmaine‹, sagte er. ›Ich werde alles tun, worum Sie mich bitten, alles, wenn Sie nur zu Vladimer gehen. Ich kenne sonst keinen Menschen, der in dieser Hinsicht etwas tun kann.‹
    ›Ich muss meine Tochter holen‹, erwiderte sie, und einmal mehr bestürmten ihn ihre nicht ausgebildeten Eindrücke: Von Lysander, wahrgenommen durch Balthasars Gedanken, von Guillaume di Maurier, leidend in seinem Krankenbett.
    ›Gil di Maurier liegt im Sterben?‹ Er erinnerte sich an all die Männer und manchmal auch Frauen, die gestorben waren, während er hilflos neben ihnen saß oder lag, seine spärliche Macht verausgabt. Wie viele Weitere müssen wir noch verlieren?, dachte er gequält. Er spürte, dass sie nach ihm griff, und es war, als wiege sie sanft seinen Kopf in den Händen.
    ›Ich habe für ihn getan, was ich konnte.‹ Bescheiden, wie ein Schüler, der Zustimmung heischte.
    Er untersuchte ihre Erinnerungen, überrascht, dass sie so viel hatte ausrichten können. Aber vielleicht hätte es ihn nicht überraschen sollen: Sie war die magisch begabte Ehefrau eines hervorragenden Arztes. Auch sie hatte während all dieser Zeit von ihrem Mann gelernt.
    Wenn er auch nur die geringste Neigung dazu gehabt hätte, wäre er eifersüchtig gewesen. Wie die Dinge lagen, wollte sein Herz sich öffnen und sie umschließen. ›Sie haben Ihre Sache gut gemacht‹, sagte er. ›Gut.‹
    ›Wenn sie meine Tochter nicht an einen anderen Ort gebracht haben‹, fragte sie, ›wie kann ich sie dann herausholen?‹
    Seine Gedanken teilten sich, der eine Pfad ein schneller Strom von Möglichkeiten, der andere ein Wirbel von Konflikten und Selbstwidersprüchen. Sie griff nach dem Strom, verärgert von den Ablenkungen des Wirbels aus einem Gemisch von Beschützerinstinkt, Verlangen, Neid und Stolz auf sie. ›Ich weiß, ich war früher nicht bereit, so etwas zu tun, aber jetzt bin ich es. Ich habe Macht, sagen Sie, und wenn ich sie jetzt benutzen muss, dann werde ich es tun.‹
    Und dann loderten der Groll und der Zorn hinter ihrer trotzigen Bereitschaft auf, um ihn zu versengen. Sie hatte ihre Macht nur selten benutzt und niemals ohne Verstohlenheit und Schuldgefühle. Sie hatte Männern gegenüber die gebotene Unterwürfigkeit gezeigt und der Gesellschaft gegenüber die nötige Anpassung aufgebracht. Im Gegenzug hätten Männer und Gesellschaft ihr Schutz gewähren sollen, statt zu Erpressung oder Ränken zu greifen, um sich ihrer Kräfte zu bedienen oder sie für etwas zu tadeln, das sie weder gewollt hatte noch verhindern konnte. Ihm wurde bewusst, dass er sich auf seiner Pritsche zusammengerollt hatte, die Arme nutzlos über dem Kopf, während er instinktiv versuchte, sich gegen das Ungreifbare zu beschirmen.
    Die Wahrnehmung des Schmerzes, den sie verursachte, schockierte sie und erfüllte sie mit Reue. ›Ich kann das nicht tun, Ishmael‹, sagte sie, ihre Gedankenstimme ein winziges Wispern.
    ›Doch, Sie können‹, erwiderte er energisch.
    Es gab keine Antwort,

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