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Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall

Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall

Titel: Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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Gastes entdeckt?»
    «Vor ungefähr einer Stunde. Vom Zimmermädchen. Der Gast wollte eigentlich heute Nachmittag abreisen. Er hatte das Bitte-nicht-stören-Schild an seine Zimmertür gehängt. Daran hat sie sich bis circa zwei Uhr gehalten. Aber dann hat sie nachgesehen … natürlich mit Anklopfen und der gebotenen Höflichkeit. Sie fand ihn auf dem Bett. Er lag da, als würde er schlafen. Ich kann das bestätigen! Aber er schlief nicht, er war tot. Dann hat sie mich alarmiert und ich habe die Polizei gerufen.»
    Laura nickte dem Geschäftsführer zu. «Wie ist der Name des Gastes?»
    «Auch das ist eine besonders sensible Angelegenheit. Es handelt sich um eine Persönlichkeit, von der ich annehme, dass sie einige Bedeutung hat. Ein Engländer, Sir Benjamin Sutton.»
    Der Lift hielt mit sanftem Erzittern, der Geschäftsführer faltete seine Hände, spreizte dann die Finger und klappte sie mit leichtem Knall wieder zusammen. «So ist die Lage!», flüsterte er, ehe er die Tür aufstieß.
    Nein, dachte Laura. Nicht Benjamin. Könnte es möglich sein – wenn er deshalb nicht zum letzten Frühstück mit Donatella Cipriani gekommen ist, dann klingt das wie aus einem sentimentalen Liebesroman oder aus einem schlechten Krimi. Aber vielleicht ist es ja irgendein anderer Benjamin …
    Weiche Teppiche, die ihre Schritte verschluckten, zu warme Luft, sanfte Beleuchtung in dem langen Flur. Zimmer 202.
    «Wie viele Leute haben das Zimmer betreten, seit der Tote entdeckt wurde?», fragte Baumann.
    «Nur das Zimmermädchen, ich und der Arzt. Soweit ich weiß.» Wieder faltete der Geschäftsführer die Hände. Laura hatte seinen Namen vergessen, erinnerte sich nicht einmal, ob er sich vorgestellt hatte.
    Die Tür zu Zimmer 202 stand einen Spalt weit offen. Kommissar Baumann schob sie mit seinem Ellbogen auf. Es war ein nobles Zimmer, in hellen Farben gehalten, weiches Licht auch hier. Das Bett
Queensize
, große Spiegel, sanfte Vorhänge und mittendrin Sir Benjamin Sutton.
    Er lag auf dem Rücken, gebettet auf Kissen und Decken, die Arme ergeben ausgebreitet. Sein Kopf war zur Seite und nach hinten geneigt, der Mund stand nur einen Spaltbreit offen, die Augen ebenfalls. Er sah erstaunt aus oder vielleicht ein klein wenig erschrocken.
    «Da seid ihr ja endlich!» Doktor Reiss stand neben dem Bett. Er wirkte wie ein Eindringling in diesem luxuriösen Ambiente.
    «Ich hab ihn nur ganz oberflächlich angesehen. Will euch und der Spurensicherung ja nichts kaputt machen.»
    «Und?» Laura trat neben ihn.
    «Was soll ich sagen? Er ist tot. Das seht ihr ja selber. Gestorben ist er möglicherweise schon gestern oder letzte Nacht. Die Totenstarre hat längst eingesetzt. Bisher sieht es nach einem natürlichen Tod aus. Keine Spuren von Gewalt, keine sichtbaren Verletzungen. Ohne Obduktion kann ich keine weiteren Angaben machen.»
    «Alkohol?»
    «Da drüben auf dem Tisch steht eine Flasche Whisky. Irischer. Vermutlich hat er ein paar Gläser getrunken, aber daran stirbt ein erwachsener Mann nicht. Natürlich muss der Inhalt der Flasche erst untersucht werden.»
    «Und Ihr ganz persönlicher Eindruck, Doktor?»
    Der alte Gerichtsmediziner zuckte die Achseln. «Schöne Umgebung für einen sanften Tod. Aber er ist zu früh gestorben. Älter als Anfang vierzig ist Sir Benjamin nicht gewesen. Es hätte sicher noch für viele Flaschen irischen Whiskys gereicht, für Fuchsjagden, Clubabende, ein paar schöne Frauen. Ich meine, wenn man so was mag. Aber ich habe keine Ahnung, was er für ein Leben geführt hat … Deshalb bin ich gespannt darauf, was mir sein Körper erzählen wird. Mehr gibt’s von meiner Seite im Moment nicht!»
    Laura nickte und ging näher an das Bett heran. Benjamin Sutton war ein gutaussehender Mann. Dichtes dunkelbraunes Haar, hohe Stirn, schmales Gesicht, kräftiges Kinn. Eine helle, feine Narbe lief senkrecht über seine rechte Wange. Seine Lippen waren voll. Er wirkte nicht wie jemand, der schon vor mindestens zwölf Stunden gestorben war. Laura nahm die Lachfältchen in seinen Augenwinkeln wahr, das Glitzern der Zähne hinter den halbgeöffneten Lippen, und sie hatte plötzlich den Eindruck, dass er gleich den Kopf wenden, die Augenbrauen heben und mit sehr englischer Höflichkeit fragen würde, was zum Teufel sie in seinem Schlafzimmer zu suchen hätten.
    Falls er der Benjamin der Signora Cipriani gewesen sein sollte und ein Gigolo, wie Baumann vermutete, dann einer der besten. Signora Cipriani schien jedenfalls

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