Nachtgesang
spuck es hier und jetzt aus, während wir es noch für uns behalten können. Denn wenn ich darin verwickelt bin – und wenn es irgendetwas mit dem Dezernat oder der gegenwärtigen Operation zu tun hat –, dann muss ich es wissen.«
»Aber es ist so wenig«, antwortete sie, »und seine Schutzschilde waren oben, wie ein Tuch, das seinen Geist abschirmte und ...«
»Liz, ich muss es wissen!«, insistierte Trask. »Es ist egal, wie wenig es für dich sein mag, für jeden anderen könnte es von äußerster Wichtigkeit sein.«
»Ich bin sicher, dass es von Belang ist«, sagte Liz. »Ich hätte nur gern einen Weg gefunden, es dir zu erzählen – ich meine, einen anderen Weg, es dir zu erzählen – ohne das.«
»Das was?«, fragte Trask. »Und Liz, wenn du mich noch einmal anlügst, werde ich es wissen.«
Sie sah ihn an, schaute zu Ian Goodly, seufzte und schüttelte den Kopf. »Ich wollte nicht lügen, aber ich wollte euch auch nicht verletzen. Weißt du, es geht darum, wo Jake war – in seinem Traum, meine ich – und mit wem er gesprochen hat.«
»Erzähl es mir!«, Trask nickte aufmunternd.
»Er war in dem zerstörten Schacht des rumänischen Heims«, platzte sie heraus. »Aber Ben, es muss viel mehr als ein Traum gewesen sein, denn das, was ich mitbekommen habe – trotz der Tatsache, dass es dunkel und neblig war – war so unglaublich real!«
»Das Heim?«, wiederholte Trask. »Jake hat geträumt, dass er in dem zerstörten Schacht war? Und er ... sprach mit jemandem?«
»Mit mehr als einem«, korrigierte ihn Liz. Jetzt, da sie begonnen hatte, fuhr sie schnell fort: »Aber du weißt ja, dass man eigentlich träumt, kurz bevor man aufwacht? Tja, dieser Traum war anders. Er begann, sobald er einschlief und zog sich hin, bis er wieder aufwachte. Und es war mehr als nur ein Traum, Ben.«
Das Gesicht des anderen war jetzt aschfahl und eingefallen, als ihm dämmerte, was Liz ihm da erzählte. Er wusste es, aber fragte sie trotzdem. »Mit wem sprach Jake?«
»Mit Harry Keogh«, antwortete sie, »und mit jemandem, den ich nicht kannte und auch nie kennenlernen will. Ich konnte ihn nicht lesen – er war komplett leer –, aber ich konnte seine Präsenz wie einen fahlen Geschmack im Mund spüren. Und ihm gegenüber war etwas früher eine dritte Gestalt gewesen ... wie der Atem frischer Luft. Sie war jemand, den ich nie kannte, aber gerne gekannt hätte.«
»Es war Zek!«, stöhnte Trask. »Er sprach mit Zek. Jake sprach mit Zek, durch Harry.« Er ergriff Liz Hände: »Liz, was sagte sie? Was hat Zek gesagt?«
»Ich weiß es nicht!«, sie schüttelte bedauernd den Kopf, wollte ihm den Arm um die Schulter legen, aber konnte es nicht, da sie Angst vor seiner Reaktion hatte. Und überhaupt waren es nicht Zeks Arme. »Ich habe etwas von dem verstanden, was Jake sagte – wenn auch sehr wenig, denn er sagte nicht viel –, aber nichts von dem, was die anderen gesagt haben. Da war nur Leere.«
Ian Goodly mischte sich ein: »Natürlich. Du hast Jake gehört, da er lebt. Da hat deine Telepathie funktioniert, Liz. Aber Harry und die anderen ... sie sind eine andere Kategorie und sie waren in einer anderen Daseinsform.«
»Totensprache, ja«, murmelte Trask, ausgezehrt und sichtbar mitgenommen. Sein Kopf ruhte auf der Sitzlehne und er hatte die Augen geschlossen. »Und ob es dir gefällt oder nicht, es sieht so aus, als müssten wir es jetzt akzeptieren. Jake ist unser neuer Necroscope und Harry stellt ihn ... stellt ihn den Leuten vor, die fähig sein werden, ihm zu helfen. Und diese Zahlengeschichte, von der Jake sprach, als er aufwachte – die Schwierigkeiten, die er hatte – ich denke, das kann nur eins bedeuten.«
Trask sah den Hellseher an und Goodly nickte bestätigend. »Obwohl Jakes Zukunft mir nicht offenliegt, unsicher ist«, sagte er, »kann ich dir beipflichten. Es war die siderische Mathematik des Necroscope, seine Zahlen, die ihm zum Vorteil gereichten. Und jetzt sieht es so aus, als ob der alte Lehrmeister versucht, seinem Schüler das Handwerk beizubringen ...«
KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG
WIEDER SYNCHRONITÄT
Der geheime Unterschlupf, der für das E-Dezernat bereitgestellt worden war, befand sich im New Marchant Park -Bezirk im Norden der Stadt. Es war ein hässliches, zweistöckiges Gebäude mit Aluminium-Verkleidung, das als ziemlich schlechte Holzimitation gestaltet und angemalt worden war. In Brisbane wollte man überhaupt keine echten Holzkonstruktionen mehr.
Das Haus stand in einigem Abstand
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