Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachtgieger

Nachtgieger

Titel: Nachtgieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilse Maria Dries
Vom Netzwerk:
werde ich Carlo unterbreiten, als Ziel eines Sonntagsausfluges“, freute sich Mandy, „ein Gourmetpicknick.“
    Gerd Förster nickte grinsend: „Dann kann Karl-Heinz schon einmal anfangen, eine seiner Damasttischdecken zu bügeln und das feine Silberbesteck zu polieren.“
    Mandy lachte: „Und sich Gedanken über erlesene Speisen und Getränke machen. Aber lass uns jetzt die Befragung durchführen.“
     
    Beidseitig der breiten Eingangstür waren Ausstellungskästen angebracht, in denen farbige Abbildungen von verschiedenen Wasserrädern mit ausführlichen Beschreibungen zu studieren waren.
    Mandy klopfte und öffnete die Tür. Sie betraten einen Raum mit weiteren Glaskästen und Tafeln, die über die Geschichte der Schöpfräder informierten.
    Die Kommissarin betrachtete interessiert die Fotografie eines riesigen Wasserrades, das sich in Syrien über einen Fluss namens Orontes erhob. In den früheren Hochkulturen des vorderen Orients wurden Wasserschöpfräder bereits vor Tausenden von Jahren genutzt. Weiter erfuhr sie, dass man zwischen unterschlächtigen und oberschlächtigen Wasserrädern unterschied.
    Mandy war in einen Text vertieft, als sich plötzlich eine Tür öffnete und ein Mann hereintrat.
    Er begrüßte die Kommissare und stellte sich als Kilian Krautwurst, erster Vorsitzender des Wasserradvereines „Fränkische Schweiz“, vor.
    Der Mann war fast so groß wie Gerd Förster, mager, mit blasser Gesichtsfarbe und hängenden Schultern. Langes, drahtiges schwarzes Haar, mit grauen Strähnen durchzogen, umrahmte ein Gesicht mit unförmiger Nase, runden, ausdruckslosen Augen und einem schmallippigen Mund. Auf dem asymmetrischen Nasenrücken saß eine schwarze, dünnrandige Nickelbrille. Zur abgewetzten Jeans trug er ein zerknittertes T-Shirt, auf dem „Rettet die Regenbogenforelle“ zu lesen war.
    Kilian Krautwurst bat sie, in einer Sitzecke Platz zu nehmen, und fragte dann: „Was kann ich für Sie tun?“
    Der Kommissar erklärte: „Auf dem Wasserrad in Ebermannstadt wurde am frühen Montagmorgen die Leiche einer jungen Frau gefunden, Kati Simmerlein. Sie haben sicher davon gehört?“
    Der Vorsitzende nickte.
    Gerd Förster fuhr fort: „Ein Schöpfrad ist ein außerordentlich ungewöhnlicher Fundort für eine Leiche. Vielleicht gibt es eine Verbindung zum Wasserradverein. Sie verstehen, wir müssen jeder Spur nachgehen.“
    „Natürlich, ich verstehe, aber ich sehe da keine Verbindung. Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, Patenschaften für Wasserschöpfräder zu übernehmen, und dadurch ist es gelungen, die althergebrachte Tradition der seit dem 15. Jahrhundert bestehenden, gewaltigen Holzkonstruktionen wieder in das Bewusstsein zu bringen. Nach der heute noch gültigen Baiersdorfer Wasserordnung aus dem Jahre 1693 dürfen die Schöpfräder nur vom 1. Mai bis zum 31. September laufen. Neigt sich der Sommer dem Ende zu, werden sie dann normalerweise abgebaut und eingelagert. Wir schaffen das nicht immer bei allen Rädern. Sie müssen gewartet und ausgebessert werden. Das ist viel Arbeit.“
    „Wie viele Mitglieder hat Ihr Verein?“, wollte Mandy wissen.
    „Unser Verein hat vierunddreißig engagierte Mitglieder, darauf sind wir stolz. Der zweite Vorsitzende ist Ewald Hufnagel, der Oberförster des Landkreises Forchheim. Wir sind sehr aktiv, auch um Spendengelder für unsere Arbeit zu akquirieren. Zum Beispiel veranstalten wir Vorträge und Wasserradführungen für interessierte Bürger, Kindergärten und Schulklassen.“
    „Das Wasserrad musste zum Stehen gebracht werden, als die Tote daraufgelegt wurde. Können das nur kundige Personen?“, fragte der Kommissar.
    „Ein Wasserrad justieren kann im Grunde jeder, der sich mit dem Mechanismus beschäftigt hat und sich traut, auf die Holzkonstruktion zu klettern“, erläuterte Herr Krautwurst sachlich.
    „Darf ich fragen, was Sie beruflich machen?“, fuhr Gerd Förster fort.
    „Ich habe vor fünfzehn Jahren mein Studium – Lehramt für das Gymnasium für die Fächer Deutsch, Geschichte und Erdkunde – beendet und arbeite seit einigen Jahren in einem Nachhilfeinstitut.“
    „Kannten Sie Kati Simmerlein?“
    „Nein“. Die Antwort kam etwas schnell.
    „Wo waren Sie in der Zeit von zweiundzwanzig Uhr und ein Uhr in der Nacht vom 15. auf den 16. September?“
    Kilian Krautwurst sah den Kommissar überrascht an.
    „Reine Routine“, versicherte dieser.
    „Zu Hause, in meinem Bett.“
    „Kann das jemand bezeugen?“, hakte Mandy

Weitere Kostenlose Bücher