Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz
verraten konnte. Nachdem Esther ihn eingeweiht hatte, wozu Anders’ Gabe gediehen
war, hatten sie lange darüber nachgedacht, wo sie das unvermindert schlagende Herz verstecken sollten, ohne dass es jemals wieder auffindbar sein würde. Sie hatten einen Ort gefunden, verbunden mit ihrer Hochzeitsreise nach Irland. Es war in vielerlei Hinsicht eine bedeutende Reise gewesen, die sie einander nähergebracht, aber vor allem Esther mit ihrer schmerzlichen Geschichte hatte abschließen lassen … sofern so etwas überhaupt möglich war.
»Du brauchst dir wegen des Herzens keine Sorgen zu machen, es wird nie wieder in Anders’ Brust schlagen.«
»Gut.«
Zu Haydens Erleichterung machte Adam keinerlei Anstalten, nachzufragen. Er hätte ihm nämlich unter keinen Umständen den Ort verraten, denn Esther hatte es allzu gut verstanden, ihm vor Augen zu führen, was ein wiedervereinter Dämon für die Menschheit bedeuten konnte.
»Auch ich habe die letzten Monate dazu genutzt, die zerschlagenen Teile, die von Anders übrig geblieben sind, in alle Himmelsrichtungen zu verteilen.« Adam fuhr sich mit der Hand durch die Haare, die für Haydens Geschmack eindeutig zu lang waren. »Zum anderen wollte ich dir versichern, dass Esther und du mich nie wieder zu sehen bekommen werdet. Und auch sonst keinen von unseresgleichen. Ihr seid also in Sicherheit.«
Hayden lag ein »Danke« auf der Zunge, aber er brachte es nicht heraus.
Vermutlich hätte Adam es ohnehin nicht gehört, denn sein Blick war bereits auf seinen grauen Wagen gerichtet, der ein Stück abseits des Hauses geparkt stand. Er holte den Schlüssel aus der Hosentasche hervor und spielte damit. Seine Augen huschten erneut zu dem Haus hinüber, das halb von den Ahornkronen bedeckt dalag.
»Hast du verstanden, was ich gesagt habe, Hayden? Es gibt
keinen Grund für dich, länger hier draußen herumzustehen. Geh zu Esther und bleib dort.«
Ein gereizter Unterton hatte sich in Adams Stimme geschlichen, bei dem sich Haydens Brustkorb augenblicklich verengte. Er machte auf der Stelle kehrt und ging mit langen Schritten auf das Haus zu, dessen Licht in der oberen Etage immer noch einladend leuchtete.
Es war Adam fast unmöglich, den Blick von dem erleuchteten Fenster loszureißen. Es war ein lockendes Versprechen, dem er niemals nachgeben durfte. Obwohl Hayden längst verschwunden war, lag immer noch seine Spur auf der nächtlichen Straße und mit ihr ein Duft nach Apfelblüten.
Esther hatte ein zufriedenes Leben verdient, hatte er zu Hayden gesagt. Das war vielleicht nicht das, was sie sich wünschte, aber auf jeden Fall das, was sie brauchte. Doch ganz gleich, wie oft Adam diese Losung auch hervorbrachte, es gelang ihr nicht, ihn zu besänftigen.Wenn er sich nicht unentwegt kontrollierte, lief er sofort Gefahr, alle Vernunft über Bord zu werfen und Esther um eine weitere Chance zu bitten.
Wenn du dich ihr in Ruhe erklären möchtest … Mein altes Angebot steht noch: Haydens Blut gegen eine kleine Auszeit. Oder traust du dir etwa selbst nicht über den Weg, wenn ich nicht mit von der Partie bin?
Wie immer in den letzten Monaten schaltete sich der Dämon genau zum richtigen Zeitpunkt ein und löschte den Hoffnungsfunken, der nicht aufhören wollte zu glimmen.Auch dieses Mal schob Adam den Gedanken an Esther weit von sich und konzentrierte sich stattdessen darauf, seinen Plan zu Ende zu bringen.
Den Schlüsselbund in seiner Hand auf und ab tanzen lassend, stieg er in seinen Wagen ein. Kaum hatte er die Tür geschlossen, überwältigte ihn fast der aufdringliche Muskatduft.
»Du wirst in Zukunft vorsichtiger sein müssen, meine Gute. Hayden hat bemerkt, dass du vor seiner HaustürWache schiebst.«
Rischka sank tiefer in den Beifahrersitz. »Wunderbar. Und wie soll ich das anstellen, mich vielleicht in der Kanalisation verstecken?«
»Das ist mir gleich. Hauptsache, du machst es richtig.«
»Wenn ich deinen Wunsch erfülle, werde ich ja zweifelsohne noch ausreichend Gelegenheit dazu bekommen, meine Beschützerdienste zu perfektionieren. Wie viele Jahre hat eine junge Frau wie Esther wohl noch zu leben?« Der Ausdruck auf Adams Gesicht brachte Rischka sofort zum Verstummen.Allerdings nur für einen Moment, denn das hier war ihre letzte Chance, seine Bedingungen wenigstens ein klein wenig zu lockern. »Findest du nicht, dass du mir zu viel abverlangst?
»Ich verlange weder zu viel, noch erfüllst du mir einen Wunsch, Rischka. Du begleichst schlicht und ergreifend
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