Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz
ohne dass er sich dagegen wehren konnte.
Blut , säuselte der Dämon verträumt und aalte sich in der Erinnerung an Opferungen, die Adam ihm dargebracht hatte. Blut, Blut , sang er leise. Wie eine Beschwörungsformel raunte er das Wort, das seine ganze Existenz umfangen hielt. Ein Singsang, den Adam im Verlauf der gemeinsamen Jahre erst zu hassen und dann auszublenden gelernt hatte - was er auch jetzt tat.
Sollte der Dämon ruhig seinen Träumen nachhängen, solange es ihm gelang, seine Jagdinstinkte unter Kontrolle zu halten.Was ihm in dieser Situation allerdings nur schwer glückte.
Unwillkürlich musste er an das Geschwisterpaar denken, das er vor einem Menschenleben in Paris auseinandergebracht hatte. Was hätten sie gemeinsam doch bloß für ein dämonisches Dreieck ergeben, dachte Adam mit einer aufsteigenden Erregung, ekelte sich aber im nächsten Moment vor sich selbst. Mit Truss’ Liebe zum Töten hatte er kein Problem gehabt, da er für die Auswahl der Opfer verantwortlich gewesen war und keinem von ihnen eine Träne nachweinte. Auch wenn er bloß ein Mal Zeuge von einem Blutdienst geworden war, der von Lakas geleistet wurde, so reichten ihm die Geschichten, die Truss ihm mit sehnsüchtigen Augen erzählt hatte, um zu wissen, wie sehr er diese Gabe verabscheute. Das Jagen der Opfer war schon grausam genug, danach sollte eigentlich nur noch der Tod warten.
Passend zu den düsteren Bildern, die ihm vor den Augen tanzten, hörte Adam den spitzen Aufschrei einer Frau. Zunächst gab er nur ein widerwilliges Grollen von sich, weil er seinen Gedankengang nicht unterbrechen wollte. Dann ging der Schrei jedoch in ein Betteln und schließlich in ein beschwörendes Flüstern über, dem er sich nicht länger entziehen konnte. Das zornige Geschrei eines Mannes, das er schon zuvor gehört hatte, setzte erneut ein, gefolgt von einer zuschlagenden Tür und dem Trommeln kräftiger Fäuste dagegen.
Adam legte den Kopf in den Nacken, um zu dem Fenster aufzuschauen, durch das der Lärm drang. Er musste blinzeln, da ihm Regentropfen in die Augen schlugen - er hatte ganz vergessen, dass es regnete. Zwar mochte das Fenster groß genug für ihn sein, aber in einer Höhe von gut dreieinhalb Metern alles andere als einfach zu erreichen.
Der Dämon hielt unvermittelt in seinem Singsang inne.
Dann brach die Tür mit einem lauten Dröhnen aus dem Rahmen, und die Frau schrie erneut.
Nun mach schon , forderte der Dämon ihn auf.
Hastig streifte Adam sein Jackett ab, stemmte sich mit dem Fuß gegen die Stoßstange seines Wagens, ohne auf deren Ächzen zu achten, und nutzte den Schwung, um den Fenstersims zu erreichen. Mit unmenschlicher Kraft und Geschmeidigkeit zog er sich hoch und trat das Glas ein, ehe er ins Innere glitt.
Ein schäbiges, karg eingerichtetes Wohnzimmer, das durch die aus den Angeln hängende Tür kaum elender aussah. Mit ein paar schnellen Schritten durchquerte Adam den Raum und fand sich im Badezimmer wieder, in dem ein großer, schwerer Mann gerade den Kopf einer Frau unter den laufenden Wasserhahn hielt, als wolle er sie ertränken. Verzweifelt wehrte die Frau sich, doch es gelang ihr nicht, sich zu befreien, und ihre Bewegungen verrieten bereits eine bedrohliche Erschöpfung.
Ohne länger abzuwarten, drehte Adam dem Mann den Arm auf den Rücken und riss ihn mit Gewalt von der Wanne fort.
Benommen richtete die Frau sich auf, wobei ihre Hand auf dem nassen Emailgrund wegrutschte und sie das Gleichgewicht verlor. Trotzdem weigerte sie sich, die andere Hand, in der sie einen schmalen Streifen Papier hielt, zu Hilfe zu nehmen. Es reichte jedoch, damit Adam einen Blick auf ihr Gesicht werfen konnte. Blutergüsse und Platzwunden, bestimmt nicht zum ersten Mal.
Der Mann hatte seine Überraschtheit überwunden und fing ihn wüst zu beschimpfen an. »Wer immer du auch bist, ich bringe dich um, du Gott verdammter Hurensohn! Ich werde deinen Scheißschädel in die Toilette rammen, ich werde …«
»Halt’s Maul«, knurrte Adam ihn genervt an.
Für ihn war es in diesem Moment viel wichtiger, einen weiteren Blick auf die misshandelte Frau zu erhaschen, unschlüssig, was er tun sollte. Mit bebenden Schultern richtete sie sich auf
und wischte sich das Haar fort, das ihr wie nasser Seetang in der Stirn klebte. An ihrer Hand blinkte ein Ehering auf.
»Lassen Sie Otis bitte los«, sagte sie mit einem schweren russischen Akzent. »Die Neuigkeit mit dem Baby war zu viel für ihn.«
Adam schluckte.
Otis nutzte den
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