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Nachthaus

Nachthaus

Titel: Nachthaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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aufgrund dessen, was dort darauf wartete, dass man es sah und davor zurückschreckte, sondern aufgrund dessen, was dort zu sein schien , was hinter jeder Ecke drohte und in jedem düsteren Schatten lauerte. Winny sah bucklige Gestalten mit aufgeschwemmten Köpfen, hagere Gestalten wie Vogelscheuchen, die von ihren Posten in den Kornfeldern hinabgestiegen waren, Gestalten in wallenden Gewändern und mit Kapuzen. Aber sie lösten sich immer auf, vielleicht weil sie nie vorhanden gewesen waren, vielleicht aber auch, weil sie sich um ihn herumschlichen, um ihn von hinten zu packen, wenn er gerade etwas Zuversicht zu schöpfen begann, wie im Film, wenn ein Typ glaubt, er hätte das Schlimmste schon hinter sich, und keine vier Sekunden später spaltet ihm eine Axt den Schädel.
    Winston Trahern Barnett war ein reichlich hochtrabender Name und Winny war nie deutlicher als jetzt bewusst gewesen, dass er nach furchtlosen Männern benannt worden war. Der Va ter seiner Mom war ein Winston gewesen, den alle Win genannt hatten, und er war bei der Explosion eines Kohlebrechers gestorben. Win Traherns Dad hatte Winston Churchill bewundert und seinen Sohn nach dem britischen Staatsoberhaupt benannt. Solche Taten ließen sich so leicht nicht nachmachen. Winny würde niemals auch nur in die Nähe eines Kohlebrechers gehen, es sei denn, jemand hielt ihm eine Waffe an den Kopf. Und obwohl es passieren konnte, dass er eines Tages in einem Krieg kämpfen musste – vorausgesetzt, er entwickelte jemals einen Bizeps und bestand die Musterung –, dann glaubte er doch nicht, dass er jemals klug genug sein würde, um erfolgreich das gesamte Militär einer Nation zu befehligen. Es fing schon damit an, dass er nie wissen würde, was er zu seinen Generälen sagen sollte, ganz zu schweigen davon, was er zu vielleicht hundert Millionen Menschen sagen sollte, die ihn im Fernsehen sahen und von ihm erwarteten, dass er erklärte, warum er die sechste Flotte – falls es überhaupt eine sechste Flotte gab – zu der unausgereiftesten Mission in der Geschichte der Kriegsführung ausgesandt hatte. Das Beste, was er für sich erhoffen konnte, war, dass er die Nerven behielt und tapfer genug blieb, um Iris zu finden.
    Ihr glockenheller Gesang ertönte immer wieder und verstummte und wurde von Mal zu Mal unheimlicher. Winny stellte sich allzu oft das kleine tote Mädchen in einem Toten hemd vor, mit Erde und Sargsplittern zwischen ihren zu spitzen Zähnen. Als er versuchte, dieses lächerliche Bild zu vertreiben, sah er vor seinem geistigen Auge ein anderes kleines Mädchen, das in Wirklichkeit die Puppe eines Bauchredners war und mit finster funklenden Augen und einem Messer in jeder Hand weitersang, obwohl der Bauchredner längst fort war. Als Winny die Innentreppe erreicht hatte, die ins untere Geschoss der Maisonette-Wohnung führte, und dem wortlosen Gesang von Iris lauschte, der von unten aufstieg, waren seine Achselhöhlen aufgedrehte Hähne, aus denen der Schweiß in Ströhmen floss, und die Haare in seinem Nacken hatten sich so steif aufgestellt, dass sie wahrscheinlich klingen würden wie Gitarrensaiten, wenn der Geist eines Musikers sie zupfte.
    Obwohl Winny noch keine ganze Minute in Gary Dais Wohnung war, hätten seine Mutter und Mrs. Sykes längst hier sein sollen. Widerstrebend musste er der Tatsache ins Auge sehen, dass das Geschrei, das sie alle gleichzeitig hinter ihm ausgestoßen hatten, keine Reaktion auf die Flucht des Mädchens oder seine Verfolgung ihrer Spur gewesen war, sondern dass dort etwas anderes passiert war – und zwar bestimmt nichts Gutes. Wahrscheinlich steckten sie alle in irgendwelchen rie sengroßen Schwierigkeiten und er sollte schleunigst dorthin zurückkehren, um seine Mom zu verteidigen. Aber wenn du klein für dein Alter bist und spindeldürre Arme hast, besteht deine Mom ja doch nur darauf, dich zu verteidigen, und nicht umgekehrt, und das würde sie ablenken und in noch größere Gefahr bringen, und am Ende würde es darauf hinauslaufen, dass sie alle tot waren, wenn nicht noch Schlimmeres.
    Solange Iris gefunden, aber nicht gerettet werden musste, rechnete sich Winny aus, das könnte er schaffen, vorausgesetzt, dass keine Drachen erschlagen und keine Keulen gegen Ungeheuer geschwungen werden mussten. Eine Keule wäre wahrscheinlich selbst dann, wenn er eine gehabt hätte, zu schwer für ihn gewesen, um sie zu schwingen. Er wagte es nicht, sich genauer auszumalen, seine Mom könnte in Schwierigkeiten stecken,

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