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Nachthaus

Nachthaus

Titel: Nachthaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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gestanden hatte, und bis zum finsteren Horizont an der Krümmung der Erde bewegten sich Billionen von hohen, phosphoreszierenden Grashalmen im Einklang miteinander und wiegten sich wie im trägen Takt eines hawaiianischen Liedes.
    Vorhin hatte Padmini gesagt, diese eigentümliche neue Natur schiene, als sie in vollkommener Stille versank, nachzusinnen, als sei es Gaia, die in all ihren Manifestationen vollkom mene Stille verlangte, um über irgendeinen grandiosen Gedanken zu meditieren, auf den sie gerade gekommen war. Auch wenn diese Idee noch so versponnen sein mochte, erschien sie Kirby mit jeder Minute, die verging, einleuchtender. Und als draußen vor dem Fenster plötzlich alle lebenden Dinge ihren vertrauten Rhythmus wieder aufnahmen, verstand er, was er vor sich sah und wie es seine Existenz erlangt haben mochte. Er wusste, wessen Werk der Schmelztiegel für die Erschaffung dieser Gaia gewesen sein und welche Absicht dahintergesteckt haben könnte.
    Die eisige Kälte, die ihn durchdrang, war eine kältere Furcht als jede andere, die er jemals zuvor verspürt hatte. Aber nein. Nicht Furcht. Oder jedenfalls nicht nur Furcht. Auch Ehrfurcht. Er unterwarf seinen Verstand einer plötzlich erkannten Wahrheit, deren Natur so grandios und deren Wucht so eindrucksvoll war, dass ihn die Welt draußen vor dem Fenster, selbst wenn sie noch so schrecklich sein mochte, unwillkürlich auch faszinierte und er sie als eine finstere Versuchung empfand.
    Wenn diese Gaia tatsächlich in Stille versunken war, um nachzudenken, dann glaubte er zu wissen, welche Erkenntnis ihr aufgegangen sein und zu welchem Entschluss sie gelangt sein könnte.
    * * *

Sparkle Sykes
    Sie eilten die südliche Wendeltreppe hinunter, eine steinerne Kehle, die schluckte und sie verschluckte. Die Kalksteinwände, das dekorative Bronzegeländer und die Stufen aus geschliffe nem Marmor waren ihr vertraut und doch fremd, so wie Träume vertraute Orte verfälschen und dem Alltäglichen etwas Geheimnisvolles verleihen.
    Dieses Pendleton am Ende der Weltgeschichte, dessen Wände mit eigentümlichem Leben durchsetzt waren, schien zu wachsen; es war nicht mehr nur ein Herrenhaus im Beaux-Arts-Stil, sondern eine weitläufige Burg, deren Stein sich immer noch mit organischer Vitalität ausdehnte. Dieses Gefühl hätte vor allem eine Folge davon sein können, dass sie von Iris getrennt war. In jeder Minute, die Sparkle fern von ihrer Tochter verbrachte, stellte sie sich vor, das Mädchen könnte in der Dunkelheit verschwinden wie ein Astronaut, der, von einer Weltraumfähre losgemacht, in die Leere stürzen und bis in alle Ewigkeit dort treiben würde.
    Aber der Eindruck, das Gebäude könne aus eigener Kraft dazu fähig sein, neue Zimmer und Flure zu entfalten, vielleicht sogar neue Etagen, schien bekräftigt zu werden, als sie das Erdgeschoss erreichten und hörten, dass die Aufzugkabine mit den Cupp-Schwestern und Logan Spangler immer noch surrend und zischend nach unten glitt, denn sie musste den Keller doch längst hinter sich zurückgelassen haben.
    Der erste Raum am südlichen Hausflur war die riesige Partyküche, wo Mahlzeiten zubereitet wurden, um sie bei besonderen Anlässen im Bankettsaal zu servieren, der vom Foyer abging. Unter den allgegenwärtigen Pilzen befanden sich grandiose architektonische Gebilde aus zerfetzten Spinnweben, aber keine Spinnen, Haushaltsgeräte aus rostfreiem Stahl, die jetzt so stumpf und gesprenkelt waren wie verzinktes Blech, und in der Mitte drei rechteckige Kochinseln, hinter denen ein Kind sich hätte verstecken können. Am hinteren Ende der Küche stand die Tür zu einem Lagerraum, den man vom Flur aus nicht betreten konnte, halb offen.
    Twyla trat mit der Pistole in der Hand wachsam, aber rasch ein, gefolgt von Sparkle mit der Taschenlampe. Die Stille wurde schlagartig von einem Chor bedrohlicher Laute abgelöst, die aus den Spülbecken kamen: beharrliche Stimmen, die in einer ihnen unbekannte Sprache redeten, Zischen und Gurgeln und schlüpfrige, gleitende Geräusche, als seien Schlangen in den Abflüssen und kämen gleich daraus hervor. Um sie herum erwachten diabolische Kreaturen aus ihrem Schlummer. Durch die rußgeschwärzten Sichtfenster in den Türen der vier Öfen waren undeutlich Dinge zu erkennen, die in Zeitlupe zappelten, graue tentakelartige Formen, die über das Hartglas glitten; vielleicht waren sie aus den Wänden dahinter in diese Backöfen eingedrungen, aber vielleicht waren sie auch durch

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