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Nachthaus

Nachthaus

Titel: Nachthaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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-Shirt so weiß wie sein Haar, die Kakihose in die Wander stiefel gesteckt, schien er nicht bloß ein Mensch zu sein, eher ein wagemutiger Abenteurer, der vom entlegensten Ende der Welt zurückkehrte – oder ein Gott.
    Sparkle hatte ihn auf der Veranda vor dem Haus erwartet. Sowie sie ihren Daddy sah, sprang sie aus dem Schaukelstuhl auf und winkte ihm begeistert. Sie wäre ihm bis ans Ende ihres Grundstücks entgegengerannt, wo es an die Straßenböschung grenzte, doch genau in dem Moment krachte und grollte der Donner und vom Himmel prasselten die ersten fetten Regentropfen, die auf dem Asphalt zersprangen, durch das Gras tanzten und mit einem harten Geräusch, das an fallende Perlen von einer zerrissenen Halskette erinnerte, auf die hölzernen Stufen der Veranda schlugen.
    Statt seine Schritte zu beschleunigen, überquerte Murdoch Sykes das lange Grundstück so, als sei ihm Regen ebenso willkommen wie Sonnenschein, und er schien die Natur nicht nur zu lieben, sondern sie zu befehligen . Er machte sich nicht einmal die Mühe, die vom Regen bespritzte Nickelbrille abzusetzen, die ihn so klug aussehen ließ, wie er stark war.
    Sein Anblick faszinierte die junge Sparkle. Sie wusste, dass er ihr, wie sonst auch, Geschichten vom Wald und all seinen Geschöpfen mitbrächte, die er mit viel Humor und stilistisch so gut zu erzählen verstand, dass kein Kinderbuch nur halb so unterhaltsam sein konnte.
    Obwohl sie seine Geschichten liebte, wünschte sie, er würde nie wieder sonntags spazieren gehen, sondern mit ihr zu Hause bleiben. Sie wünsche sich sogar, dass er jeden Tag zu Hause bleiben und nie wieder fortgehen würde, oder wenigstens nicht ohne sie. Sie wollte ihn bei sich haben, hier, jetzt und für alle Zeiten.
    Sparkle hüpfte vor Begeisterung von einem Fuß auf den anderen und rief: »Daddy, Daddy, Daddy!« Sie hatte vor, hochzuspringen und sich ihm entgegenzuwerfen, sobald er die oberste Stufe erreichte, und sie wusste, dass er die Kameratasche auf den Boden gleiten lassen und sie in seinen Armen auffangen würde.
    Aber Murdoch Sykes erreichte die Treppe nie. Die erste leuchtende Klinge des Gewitters, der ein zweites explosives Don nern vorausging, schnitt sich mit ihrer gezackten Kante durch den zunehmend düsteren Tag, versengte Luft, ließ Regentropfen verdampfen und stellte den Kontakt zu seiner Brille her, die einen Moment lang aufleuchtete, als bestünde das Gestell aus Neonröhren.
    Wie schnell es passierte, in weniger als einer halben Sekunde, und wie langsam es sich doch in ihrem Gedächtnis abspielte. Die Brillengläser zersprangen in einem Sprühregen aus Glasfasern, Teile des Metallgestells verschmolzen mit seiner Haut und im selben Augenblick wurde er hochgehoben und zwei bis drei Meter nach vorn geschleudert, und doch blieb er irgendwie stehen, wankte und schlug mit den Armen um sich wie eine Marionette in den Händen eines ungeschickten Puppenspielers; die Kameratasche war ihm entrissen worden und liegen geblieben, sein Haar stand in Flammen und diese weiße Mähne war plötzlich zur orangefarbenen Perücke eines Clowns geworden. Auf den Blitz folgte augenblicklich eine heftige Donnersalve, die die Fenster des Hauses klappern und den Boden der Veranda beben ließ und Murdoch umzuwerfen schien, obwohl er ja bereits totes Gewicht im Griff der Schwerkraft war. Seine Kopfhaut war stoppelig und schwarz, als er auf den Rücken fiel, dalag und mit rauchenden Augen den Himmel anstarrte, der Mund geöffnet, seine Kleidungsstücke sogar im Regen schwelend; die geschwärzten Zehen seines rechten Fußes schauten aus der fehlenden Spitze seines zerrissenen Wanderstiefels he raus, da – wie im Autopsiebericht stehen würde – der Blitz durch sein linkes Auge eingedrungen und durch die Schuhkappe wieder ausgetreten war.
    Dieser intensive Film, der vor ihrem inneren Auge ablief, raubte Sparkle den Mut, das Ankleidezimmer zu verlassen. Sie fühlte sich wie auf dem Hocker festgeklebt und wünschte, ihr Name sei wirklich magisch, denn dann würde sie ihn dafür benutzen, das herrschende Unwetter wegzuzaubern.
    Sie starrte zufällig die offene Tür an, als im Schlafzimmer das Ding vorbeikroch. Es kam aus der Richtung des Badezimmers und folgte Iris, die den Weg zum Flur eingeschlagen hatte.
    Die Stehlampen und die Deckenbeleuchtung im Schlafzimmer waren eingeschaltet, damit das Gewitterlicht hinter den Vorhängen weniger auffiel. Sparkle konnte das Geschöpf deutlich sehen, doch sie traute ihren eigenen Augen

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