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Nachthaus

Nachthaus

Titel: Nachthaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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nicht.
    Falls dieses Ding irgendetwas mehr als allem anderen ähnelte, dann einem nackten Baby mit einem unnatürlich großen Kopf, etwa zwölf bis dreizehn Monate alt, gerade noch im Krabbelalter, bevor es laufen lernte, und es kroch zielstrebig voran, aber es war kein Baby. Erstens war es zu groß, etwa so groß wie ein dreijähriges Kind, das vielleicht sechzehn Kilo oder mehr wog, und zweitens war seine Haut nicht rosa und gesund, sondern blassgrau mit grünen Sprenkeln.
    Sparkle stieß beim Anblick dieses albtraumhaften Eindringlings weder einen furchtsamen Schrei aus noch sprang sie auf die Füße. Ihre Reaktion auf jeden Schock und jede Bedrohung war vor vielen Jahren programmiert worden, als ihr Vater vom Blitz getroffen wurde. An jenem Tag auf der Veranda war sie erstarrt, gelähmt von Schuldbewusstsein und Grauen. Da sie sich gewünscht hatte, ihr Vater würde nie mehr aus dem Haus gehen und immer dort bleiben, ergriff sie die abscheuliche Gewissheit, ihre Zauberkräfte hätten den Blitz herabgerufen, der ihren Wunsch auf eine Weise erfüllt hatte, die sie sich niemals hätte ausmalen können. Was sie erstarren ließ, war aber nicht nur Schuldbewusstsein, sondern auch Furcht, denn die junge Sparkle glaubte fest daran, wenn sie sich bewegte, würde sie be stimmt von einem weiteren Blitz getroffen, denn schließlich hatte sie sich ja auch gewünscht, für alle Zeiten mit ihrem Daddy zusammen zu sein.
    Ihr Schuldbewusstsein war nach wenigen Wochen vergangen, ihr Kummer allerdings nicht, und sie hatte lange Zeit nicht an Magie geglaubt. Aber jetzt reagierte sie auf das grässliche kriechende Wesen so wie auf den Leichnam ihres Vaters: gelähmt von der Überzeugung, sie sei nur in Sicherheit, wenn sie sich nicht rührte und keinen Laut von sich gab.
    Der riesige unförmige Kopf, die Größe des Geschöpfs und die brandige Hautfarbe waren aber noch lange nicht alles, was dagegen sprach, dass es sich um ein Kleinkind oder ein menschliches Wesen handelte. Obwohl seine Stummelbeine und die kleinen Füße denen eines Babys ähnelten, hatte es sechs von der Sorte. Seine Hände benutzte es nicht zum Kriechen, sondern es hielt die Arme vor sich ausgestreckt, als wolle es nach etwas greifen, und die Stummelfinger krallten sich ständig in die Luft. Das Ding hatte auch eigenartige Knubbel, als sei es von Tumoren durchsetzt. Seine Fortbewegung geschah nicht durch ein rhythmisches Lockern und Anspannen leistungsfähiger Muskeln, sondern durch widerwärtige Schwellungen und eingefallene Stellen, die sich über seinen Körper verteilten. Aus Gründen, die sie nicht erklären konnte, glaubte Sparkle, es müsse im selben Maße Schmarotzerpilz wie Fleisch sein, eine gruselige Kreuzung aus Pflanze und Tier.
    Als diese Bestie, die nur einem Horrortrip entsprungen sein konnte, an der offenen Tür vorbeikam und durch das Schlafzimmer zum Flur kroch, erhob sie sich von ihrem Hocker, denn sie zitterte plötzlich vor Angst. Sie schluckte wiederholt, um einen Schrei zu unterdrücken, der in ihrer Kehle anschwoll und fast die Substanz einer herauszukotzenden Masse hatte. Sie sah sich nach einer Waffe um, konnte aber in dem Kleiderschrank nichts entdecken, was ihr Mut gemacht hätte. Dennoch trat sie in die offene Tür ihres Ankleidezimmers und nahm still die Verfolgung auf, da sie der Überzeugung war, dieses höllische Geschöpf sei ein Raubtier und Iris auf den Fersen.
    * * *
    Zeuge bezog einen Standort, an dem er sicher sein konnte, dass die nächste Fluktuation ihn an den dritten Ort bringen würde, den er zu sehen hoffte, nämlich in das Arbeitszimmer von Sparkle Sykes. Hier gab es noch mehr Bücher als in der Wohnung des Anwalts. Es waren keine juristischen Bücher, sondern Bücher, die für Recherchen benutzt wurden, Gedichtbände und in erster Linie Romane.
    Er war über diese Frau informiert, weil er über alles informiert war, aber auch, weil er in seiner Jugend, als er nicht nur wie ein Mann in seinen Zwanzigern ausgesehen hatte, sondern genau das gewesen war, gelesen hatte, was sie geschrieben hatte.
    Später, als er gezwungen war zu töten, hatte er es mit einer Begeisterung getan, die ihm jetzt unerklärlich erschien. Er hatte nur ein einziges Mal gezögert, als eine junge Frau namens April, die ihn für einen Freund hielt, ein Buch von Sparkle Sykes aus ihrem Rucksack gezogen hatte, ein Buch, das er vor langer Zeit gelesen hatte, weil sie ihm daraus vorlesen wollte. Er hatte ihr ganze Absätze auswendig aufgesagt. Es hatte

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