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Nachtkalt: Psychothriller (German Edition)

Nachtkalt: Psychothriller (German Edition)

Titel: Nachtkalt: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Franley
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Abteilung, um kurz mit dem Chefarzt der Inneren Abteilung zu reden. Schließlich hatte er sie für die Betreuung ihres Bruders freigestellt und sie war es ihm schuldig, dass er erfuhr, wie es weiterging. Nachdem sie einige Flure und Türen passiert hatten, wollte Anja an der dünnen Schnur ziehen, die die Tür automatisch öffnen würde, griff aber daneben. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Ute nicht damit gerechnet hatte und fast gegen die geschlossene Glastür lief. Anja konnte sich das Lachen nicht verkneifen, drehte sich zu dem Strick um und verstummte. An dem anderen Ende des langen Ganges, den sie soeben durchschritten hatten, folgte ihnen ein Mann, dessen Gesicht ihr irgendwie bekannt vorkam. Eigentlich war es weniger das Gesicht, denn dieses war größtenteils von einem dichten Bart bedeckt, sondern die Augen. Irgendwann in den letzten Tagen hatte sie diesen stechenden Blick schon einmal gespürt.
    Der Mann blieb ohne jedes Anzeichen, sich ertappt zu fühlen, vor einem der beiden Fahrstühle stehen, drückte seelenruhig auf den Knopf und wartete geduldig, bis sich die Tür öffnete.
    »Auf was wartest du?«, riss Ute sie aus ihren Gedanken. Anja vermied es, das auszusprechen, was ihr gerade durch den Kopf ging, denn dann hätte sie sich selbst für verrückt erklären müssen. Stattdessen zog sie an dem Strick, drehte sich um und sagte: »Entschuldige, ich dachte jemanden gesehen zu haben, den ich kenne.« Ohne dem Impuls nachzugeben, sich noch einmal umzusehen, folgte sie ihrer Freundin bis zu einem kleinen Pausenraum. Dort stellte sie das Essen für ihre Mutter und ihre Tasche ab, verabschiedete sich schon einmal von Ute und ging zum Chefarzt der Abteilung.
    Das Gespräch dauerte nur wenige Minuten und als sie das Büro wieder verließ, machte sie innerlich drei Kreuze, so einen Chef zu haben. Die meisten höhergestellten Ärzte, die sie bis jetzt kennengelernt hatte, ließen keinen Anlass aus, um ihren Studenten klarzumachen, dass sie nur zum niederen Fußvolk gehörten. Dr. Prof. Höchst bildete hier gottlob eine Ausnahme.
    In wesentlich besserer Stimmung holte sie ihre Sachen aus dem Aufenthaltsraum, dessen Tür offen stand, obwohl weit und breit keine Schwester zu sehen war. Anschließend verließ sie die Abteilung, klopfte wenig später an die Tür ihrer Mutter und trat ein.
     
    »Anja, schön, dass du da bist, ich dachte schon, du schaffst es nicht mehr.« Erfreut stellte Anja fest, dass es ihrer Mutter schon sehr viel besser ging. Sie stellte ihre Sachen auf den kleinen Tisch, umarmte sie und fragte mit Blick zu einem großen Blumenstrauß: »War Nora hier?« Nun grinste ihre Mutter verschmitzt: »Nein, die Blumen sind nicht von deiner Schwester.«
    »Sondern?«, tat Anja begriffsstutzig.
    Ihre Mutter ließ sie noch ein paar Sekunden zappeln, dann sagte sie fast murmelnd: »Ach, es gibt da so einen Herren am Ende des Ganges ...«
    »Nein«, entfuhr es Anja, die sich nicht erinnern konnte, ihre Mutter je mit einem anderen Mann als ihrem Vater gesehen zu haben.
    »Doch«, strahlte ihre Mutter, fragte aber, um abzulenken, »was riecht denn hier eigentlich so gut?«
    Anja gönnte ihr ihr kleines Geheimnis und antwortete: »Tortellini von meinem Lieblingsitaliener. Magst du gleich etwas davon?«
    »Nein, lass mal, ich mache mir das später hinten in der Mikrowelle warm. Du glaubst gar nicht, wie schön es ist, wenn man wieder halbwegs mobil ist.«
    Nachdem sie sich die aktuellen Neuigkeiten erzählt hatten, wobei Anja gewisse Erlebnisse ausgelassen hatte, untersuchte sie noch das Bein ihrer Mutter. Der behandelnde Arzt hatte nichts beschönigt und auch Anja fand, dass man sie in ein, zwei Tagen entlassen könnte.
    Anja hatte gerade wieder die Zudecke zurückgeklappt, als irgendwo draußen ein Glockenturm verkündete, dass es bereits Mittag war. »Musst du nicht zu Gerald?«, fragte ihre Mutter erschrocken, doch Anja konnte sie beruhigen: »Erst heute Abend, er ist heute Nachmittag bei Frau Haagen und ich weiß nicht, wer sich mehr darauf gefreut hat.« Beide lachten und unterhielten sich noch eine Weile, dann verabschiedete sich Anja und versprach, sich am Abend noch einmal zu melden.
    Ohne jede Eile schlenderte sie erst durch Erlangens Zentrum, trank noch einen Kaffee in einer Bäckerei und stieg erst, als bereits die frühe Dämmerung einsetzte, in den Bus, der sie zurück zu ihrem Elternhaus brachte.

26
    Anja war aus dem Bus ausgestiegen, blieb aber noch kurz an der Haltestelle stehen, um Kraft zu

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