Nachtkalt: Psychothriller (German Edition)
Anstalt.«
»Zufall oder eine Spur?«, fragte Mike sowohl sich selbst als auch Jänke, der statt zu antworten fragte: »Hat sie je ihren Vater erwähnt?«
»Nein, nicht dass ich wüsste. Es ging immer nur um sie selbst, ihren Bruder, ihre Mutter und sehr selten um ihre Schwester, zu der sie offenbar ein gespanntes Verhältnis hat.« Mike kaute ein weiteres Stück Schnitzel und beschloss: »O. k., ich werde ihr diesbezüglich auf den Zahn fühlen«, dann wechselte er das Thema, »hast du die Fotos mit Gerald schon an die KTU geschickt?«
Jänke klaute sich eine der fast schon kalten Pommes, kaute widerwillig darauf herum und schluckte sie schließlich: »Hab ich. Komm mit in mein Büro, ich sollte es bis 13 Uhr vergrößert zurückbekommen.«
Mike stieß einen Pfiff aus und fragte ehrlich beeindruckt: »Hey, wie hast du das denn geschafft?«
»Was meinst du?« Jänke folgte seinem Blick durch das Büro, konnte aber nichts Besonderes sehen.
»Na, die neue Farbe, die neuen Möbel ... einfach alles. Solange ich hier hauste, bekamen wir noch nicht einmal einen neuen Stuhl, wenn der alte durchgesessen war«, empörte sich Mike.
»Das hat der Chef nach deinem Abgang durchgesetzt«, nun musste Jänke grinsen, »vielleicht wollte er, dass hier nichts mehr an dich erinnert.«
Mike wusste, dass es nicht so war. Er telefonierte noch immer regelmäßig mit Karl und ab und zu tranken sie auch einmal ein Bier zusammen. Es wunderte ihn allerdings ein wenig, dass ihm sein früherer Chef nichts von dieser Renovierung erzählt hatte. Andererseits vielleicht genau deswegen, weil er wusste, dass sich Mike darüber aufregen würde.
Jänke hatte inzwischen das Passwort in seinen Computer eingegeben und die neuesten E-Mails abgerufen. Er wartete, bis Mike mit seinem kleinen Rundgang fertig war und fragte ihn dann: »Bist du wegen des Büros oder wegen der Bilder hier?«
Mike verstand den Wink, stellte sich einen Stuhl neben Jänke und sah dabei zu, wie dieser sich das erste der beiden Fotos erst in Vollansicht, dann in vergrößerten Abschnitten anzeigen ließ. Eigentlich hatte Mike nicht viel mit Computern am Hut, trotzdem faszinierte es ihn immer wieder, wozu diese Technik in der Lage war. Aus dem unscharfen Bild der Überwachungskamera war ein gestochen scharfes Foto geworden, auf dem man selbst kleinste Kratzer auf dem Lack der Verkaufsfahrzeuge erkennen konnte. Jänke ließ Mike bei jedem Abschnitt einige Sekunden Zeit und klickte dann zum nächsten. Da Gerald ganz unten rechts abgebildet war und Jänke oben angefangen hatte, kam er erst zum Schluss ins Bild. Beginnend mit seinem Kopf, scannten sie ihn Stück für Stück, wobei durch die starke Vergrößerung immer nur ein Körperteil pro Bild zu sehen war.
Jänke wartete nun bei jedem Abschnitt, bis Mike »Weiter« sagte.
An Kopf, Schultern und Oberkörper des Jungen, war nichts Besonderes zu sehen, erst als sie zu seiner Hand kamen, sagte Mike: »Stopp.« Beide lehnten sich etwas nach vorne, um besser sehen zu können, dann war sich Mike sicher: »Das ist ein Bild von Anja Langes Schwester und was ist das da hinter ihr?« Er deutete auf den Bereich des Fotos, der den Hintergrund zeigte.
Jänke, der etwas bessere Augen hatte, beugte sich bis kurz vor den Monitor und antwortete: »Ich würde sagen, das ist Teil eines McDonalds-Logos.« Ohne auf Mikes Anweisung zu warten, öffnete er daraufhin den Internetbrowser, rief einen Kartendienst auf und gab die Adresse der Behinderteneinrichtung ein. Anschließend zoomte er das Gebiet so weit heran, dass man Details erkennen konnte, und gab »McDonalds« in das Suchfeld ein und tatsächlich, wenn man nach dem Autohaus noch ein Stück der Hauptstraße folgte, kam man zu einem Drive-in der Burgerkette.
»Da wollte er also hin«, bemerkte Mike und fragte sich auch gleich selbst: »Bleibt nur die Frage, wer hat ihm das Bild in seinen Spind gelegt?«
»Lass uns mal das zweite Bild anschauen«, schlug Jänke vor. Diesmal verzichtete er darauf, auch die zunächst unwichtigen Abschnitte durchzuklicken, und begann gleich mit den Bildern von Gerald. Eigentlich hatte Mike große Hoffnungen in das Bild gesetzt, doch bei genauerer Betrachtung stellte sich heraus, dass der Arm an Geralds Rücken sein eigener war. Offenbar hatte er sich einfach nur dort gekratzt. Auch sonst gab das Foto nichts Verwertbares her.
»O. k.«, sagte Mike, nachdem sie die Einzelbilder ein zweites Mal durchgegangen waren, »könntest du mir bitte das Bild, auf
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