Nachtkrieger: Ewige Begierde
dem Guy zuvor herumgespielt hatte. Nein, kein Medaillon. »Eine Goldmünze?«
Guy nickte. »Eine neue Währung, sie nennt sich Florin, nach der Stadt, wo sie geprägt wurde. Aus reinem Gold, und so viel wert wie eine Silbermark. Nehmt sie als Anzahlung auf Eure guten Dienste. Den Rest bekommt Ihr, wenn meine Cousine wieder bei mir ist.«
Steinarr prüfte die Münze mit den Zähnen, und nachdem er festgestellt hatte, dass das Metall nachgab, steckte er sie in seinen Beutel. »Wird mir ein Vergnügen sein, für Euch zu arbeiten, Mylord. Ihr sagtet, Eure Cousine und dieser le Chape wollten den Spuren nachgehen, die Euer Onkel legte. Habt Ihr eine Ahnung, in welche Richtung sie sich davongemacht haben?«
»Nur eine äußerst vage. Einer der Dienstboten verfolgte sie eine Weile, aus Sorge um meine Cousine. Bevor sie ihn abhängten, hörte er, dass sie nach einer bestimmten Marienquelle fragten.«
»Einer Marienquelle?« Steinarr sah Guy fragend an. »Nach welcher Marienquelle?«
»Wenn ich das wüsste, würde ich sie selbst zurückholen. Ich weiß nur, dass sie nach Nottinghamshire wollten. Deshalb kam ich hierher. Als sie das letzte Mal gesehen wurden, waren sie angeblich in Begleitung eines alten Mannes mit einem Karren. Aber alle drei scheinen wie vom Erdboden verschluckt.«
»Tatsächlich?«
Nein. Das konnte nicht sein.
Oder doch?
»Wie sehen die beiden aus?«
»Robert ist rothaarig und recht schmächtig, vielleicht eine halbe Handbreit größer als ich. Meistens trägt er eine grüne Kappe, daher der Beiname. Er hat eine Narbe am Kinn. Etwa hier.« Sir Guy zeigte auf sein eigenes Kinn und zeichnete eine schräge Linie, etwa so wie die Narbe, die sich hinter dem Flaumbart eines gewissen jungen Pilgers verbarg. »Meine Cousine ist etwa um so viel kleiner als ich, wie Robert mich überragt. Sie ist sehr hübsch, mit einem Mund wie reife Erdbeeren und Haar von der Farbe gesponnenen Goldes.«
Eine merkwürdige Art, seine Cousine zu beschreiben, dachte Steinarr, doch die Beschreibung wurde der jungen Frau, die er unter dem Namen Marian kennengelernt hatte, derart gerecht, dass er ihre erdbeerroten Lippen geradezu vor sich sah und schmecken konnte. Noch immer … »Haben die beiden sich falsche Namen zugelegt? Äh, hm, um ihre wahre Identität zu verbergen?«
Guy strich sich mit einem Finger unter dem Kinn entlang. »Ich habe gehört, dass Matilda den Burschen Robin nennt. Und sie selbst wird gelegentlich Maud genannt, nur von Leuten, die sie gut kennen natürlich.«
Natürlich.
Maud war die Kurzform für Matilda – wie die Möchtegernkönigin ein oder zwei Jahrhunderte zuvor, die Mutter von Henry II . Darauf hätte er eigentlich schon eher kommen müssen – dieser ewige Erbstreit zwischen Matilda und König Stephen hatte es vollkommen unmöglich gemacht, ein ruhiges Plätzchen im Wald zu finden. Das war eine der Zeiten gewesen, in denen er nach Schottland gegangen war.
Die Maid war also von edler Geurt. Das erklärte einiges.
Er musste sich ein Grinsen verkneifen. Er wusste ganz genau, wo sie war, sie und der diebische Waisenjunge, der sich als ihr Cousin ausgab. Aber wollte er sie überhaupt finden, nachdem er solche Mühe gehabt hatte, sie loszuwerden? Und was sollte er mit dem jungen Robin machen? Er konnte nicht viel mit ihm anfangen – nun, da er wusste, welchen Unrechts er sich schuldig gemacht hatte, umso weniger –, aber wollte er ihn tatsächlich im Auftrag dieses eitlen Pfaus töten?
Sir Guy jedoch stand bereits an der Tür und rief nach einem Pagen, um Lord Gervase Bescheid geben zu lassen, dass sie sich einig geworden waren. Er wandte sich noch einmal um zu Steinarr. »Einen Monat, la Roche. Mehr nicht.«
Steinarr zögerte. Eigentlich wollte er schon jetzt nichts mehr mit der Sache zu tun haben, ein Teil von ihm zumindest. Der andere Teil suchte nach einem Grund, um Marian aufzuspüren, um festzustellen, ob er richtiglag mit dem, was er in ihren Augen gesehen hatte, als er sie geküsst hatte. Nicht, dass er auch nur das Geringste auf den einen oder anderen Teil gegeben hätte, aber er hatte sein Wort gegeben. Selbst wenn die Sache noch nicht mit einem Handschlag besiegelt gewesen wäre und er noch kein Geld angenommen hätte, genügte sein Wort, um ihn an die Abmachung zu binden. Er würde Marian finden – Matilda –
Maud
–, und er würde sie zu Hause abliefern bei ihrem wahren Cousin, der den Platz ihres Vaters einnehmen und sie gut verheiraten würde. Er würde sich um den
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