Nachtkrieger: Ewige Begierde
aussieht wie altes Leder, dicker als mein Daumen. Wie konnte dein Vater dich einem
solchen
versprechen?«
Allerdings, wie konnte er?
»Er wählte die Partie, die er für die beste hielt«, sagte sie leise, noch immer bemüht, sich gegen seine Gefühle abzuschirmen. »Guy wird das vermutlich bestätigen.« Das hoffte sie zumindest, denn die Alternative wäre noch schlimmer. »Aber Robin würde mich davon freisprechen.«
»Kein Wunder, dass du lieber ihn als neuen Lord sehen möchtest.«
Es gab weitaus mehr Gründe als das, um sich zu wünschen, dass Robin der Herr wurde, aber Matilda biss sich auf die Zunge und nickte bloß. Dann wagte sie, sich umzudrehen und nach Baldwin und seiner leuchtend rot-grünen Eskorte zu sehen, die sie hinter sich gelassen hatten. »Zweifellos hat Baldwin vom Tod meines Vaters erfahren und will nun Anspruch auf mich erheben. Aber warum reist er dafür nach Sudwell? Das liegt gar nicht auf dem Weg.«
»Gisburne hat ihm sicher die Nachricht zukommen lassen, dass du nach Nottingham gebracht werden sollst. Aber das wird ihm nichts nutzen.« Steinarr gab dem Hengst die Sporen, und bald hatten sie den Außenbezirk von Sudwell erreicht. Doch anstatt in die Stadt zu reiten, schwenkte Steinarr nach rechts, um sie zu umrunden.
»Reiten wir trotzdem nach Sudwell hinein?«
»Die Straße von Nottingham führt aus südwestlicher Richtung in die Stadt. Diesen Weg werden wir nehmen und sehen, ob wir irgendetwas von dem Rätsel deines Vaters finden.«
»Ah, ich dachte, wir würden vielleicht abwarten. Wenn wir Baldwin begegnen und er sieht, dass die Dienerin deiner Lady auf wundersame Weise genesen ist, findet sie sich möglicherweise noch vor Anbruch der Dunkelheit verheiratet wieder.« Sie gab sich Mühe, ihre Worte leichthin klingen zu lassen, aber etwas in ihrer Stimme musste sie verraten haben, denn Steinarr tätschelte beruhigend ihre Hände, die noch immer um seine Taille lagen.
»Ich werde dich beschützen«, versicherte er ihr. Er ließ seine Hand auf ihren Händen ruhen, und zum ersten Mal hatte seine Berührung etwas Tröstendes und nicht ausschließlich Lustvolles.
Kurz darauf, als sie das südwestliche Stadttor erreichten, rief er dem Wächter zu: »Du da, ich brauche einen Platz, wo ich zwei Pferde einen halben Tag lang stehen lassen kann.«
»John der Fleischer hat einen Pferch, Mylord. Zwei Straßen weiter unter dem Schild mit dem Bullen und dem Messer.« Der Mann wies in die entsprechende Richtung. »Sagt ihm, Tom atte Well hat Euch geschickt.«
Steinarr bedankte sich mit einem Kopfnicken, und bald darauf standen die Pferde sicher im Pferch des Fleischers. »Warte hier. Ich habe eine Idee in Bezug auf unser Problem mit Baldwin.«
Er verschwand im Haus des Fleischers und kam wenig später zurück, mit einem roten Kittel voller Fettflecken und einem schwarzen Kapuzenumhang, der beinahe ebenso schlimm aussah. »Damit solltest du dich einigermaßen verkleiden können. Zieh das an.«
Zweifelnd beäugte Matilda die Kleidung. »Mylord …«
»Das Zeug lag in einer Truhe, und es riecht nach Wermut und Kampfer. Ganz gleich, welches Ungeziefer sich dort eingenistet hatte, es ist mit Sicherheit tot.«
Schaudernd und mit spitzen Fingern nahm Matilda die Kleidung entgegen. »Ich kann das nicht.«
»Dann musst du hierbleiben und darauf hoffen, dass ich dem Gedankengang deines Vaters folgen kann, denn das ist die einzige Möglichkeit, abgesehen von den Sachen hier oder Baldwin.«
Sie sah sich auf dem Hof des Fleischers um, der gepflegt schien, aber nach sich zersetzendem Fleisch und gegerbten Tierhäuten stank. Sie waren zwar erst angekommen, aber von dem Geruch war ihr schon übel. Hier wollte sie nicht bleiben, während er auf die Suche ging. »Ich werde Eure Hilfe brauchen, Mylord.«
»Hier herüber.« Sie verschwanden hinter dem Arbeitsschuppen, und sie legte ihren Pilgerbeutel und ihren Umhang ab. Als Steinarr ihr half, den roten Kittel über den Kopf zu ziehen, überlagerte der durchdringende Geruch der Mottenkräuter den Gestank der Fleischerei, so dass ihre Nase sich für einen Augenblick erholen konnte. Dennoch …
»Zu groß«, beklagte sie sich. Die engen Ärmel hingen ihr bis zu den Knien, und sie schlug damit um sich wie ein Vogel mit gebrochenen Flügeln, während Steinarr sie prüfend musterte.
»Zu groß, aber trotzdem zu kurz«, sagte er. »Der Saum deines braunen Gewands schaut heraus. Kannst du es irgendwie hochziehen?«
»Ich glaube ja.« Sie zog ihre Arme hoch,
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