Nachtkrieger: Unendliche Sehnsucht: Roman (Knaur TB) (German Edition)
erzählt hatte. Und dann erzählte sie Richard umgehend, dass sie ihre monatliche Blutung doch noch bekommen hatte.
Wie nicht anders zu erwarten, war er enttäuscht – aber nicht mehr, als sie es in den vergangenen zwei Jahren Monat für Monat gewesen war, da ihre Blutung nichts weiter bedeutete, als dass sie es einen weiteren Monat ertragen musste, bei einem Mann zu liegen, den sie nicht wollte. Er würde sicher besser damit zurechtkommen als sie selbst.
Nun, da ihr die Schuldgefühle genommen waren und sie Gunnar in Sicherheit wusste, ließen ihre Kopfschmerzen nach, und sie begann sogar, die Reise ein wenig zu genießen. Der Himmel war wolkenverhangen, aber es blieb trocken. Die Herbergen waren überfüllt mit Reisenden, die es eilig hatten, welches Ziel auch immer zu erreichen, bevor die Straßen sich für den Rest des Herbstes in Schlamm verwandelten. Und auch Richard schien auf irgendeine Weise weniger lästig als gewöhnlich. Wären die Bogenschützen ihres Vaters nicht gewesen, hätte sie sich beinahe – beinahe – vorstellen können, die gute Ehefrau eines guten Mannes auf dem Weg zurück in ihr geliebtes Zuhause zu sein.
Das Wetter hielt aber nicht. Die Herbstregen erwischten sie schließlich zwischen Royston und Ware in Form eines Wolkenbruchs, der mit jedem Tropfen die Kälte des nahenden Winters brachte. Als sie endlich eine Unterkunft gefunden hatten, war die ganze Gesellschaft, angefangen bei Richard und Eleanor bis hin zum niedrigsten Gepäckträger, durchnässt bis auf die Haut und zitterte vor Kälte. Die Herberge verfügte glücklicherweise über anständige Feuerstellen, und als am nächsten Morgen das Wetter aufklarte, steckten alle wieder in trockenen Kleidern.
Doch als sie wieder aufsitzen wollten, hörte Eleanor Richard husten. Da sie selbst nach dem Feuer auf Richmond Probleme mit den Lungen gehabt hatte, legte sie ihm sogleich die Hand auf die Stirn. »Wir sollten noch hierbleiben. Dann kannst du dich ein paar Tage erholen.«
»Habe ich Fieber?«, fragte er.
»Nein, aber …«
»Dann gibt es keinen Grund, sich zu erholen.« Richard nahm ihre Hand von seiner Stirn und küsste ihre Handfläche. »Ich habe nur ein Kratzen im Hals, weiter nichts. London liegt weniger als einen Tag entfernt, und bis Burwash ist es nur einer mehr.«
»Wenn das ein unangebrachter Versuch sein soll, mich nach Hause zu bringen, weil ich dich darum gebeten habe, dann, bitte, lass davon ab. Was auch immer mit mir nicht stimmte, es ist verflogen, seit wir uns auf dem Heimweg befinden.«
»Und darüber bin ich froh.« Er legte ihre Hand in seine Armbeuge, drehte sich um und führte sie zu ihrem Zelter. »Aber wenn wir uns beeilen, können wir in zwei Tagen zu Hause sein, und in meinem eigenen Bett werde ich mich umso besser erholen.«
»Bist du sicher?«
»So sicher, wie ich mir sicher bin, dass die Erde sich in der Mitte des Himmels befindet.«
Also reisten sie schnellstmöglich nach London, wo sie eine Nacht bei den Franziskanern verbrachten. Die Frauen wurden natürlich getrennt von den Männern untergebracht, doch in der Stille der Nacht konnte Eleanor hören, wie Richards Husten sich verschlimmerte und durch das steinerne Gemäuer des Klosters hallte. Am nächsten Morgen, als sie sich am Tor trafen, sah sie mit Entsetzen seine Augenschatten.
»Du bist krank. Lass mich einen Arzt rufen.«
»Nein. Ich muss nur husten, weil in London die Luft so schlecht ist. Wenn ich erst die frische Luft von Burwash atme, werde ich bald wieder gesund sein.«
»Seit wann bist du so dickköpfig?«
»Das habe ich mir bei meiner werten Gemahlin abgeschaut.«
»Dann solltest du dir klarmachen, dass ich dickköpfig genug bin, dich nicht von hier fortzulassen.« Sie wandte sich an Richards Leibdiener. »Richte dem Lord Abt aus, wir brauchen einen Arzt und das Zimmer noch ein wenig länger.«
»Jawohl, Mylady.« Der Kammerdiener eilte davon, ohne darauf zu warten, dass Richard ihm die Erlaubnis dazu erteilte – ein sicheres Zeichen dafür, dass er ebenso besorgt war wie Eleanor. Der Arzt erschien bald, und ungeachtet seiner Proteste sah er sich Richards Augen und Hals an und hörte ihn gewissenhaft ab.
»Ihr solltet zur Ader gelassen werden, Mylord«, sagte er, als er sich wieder aufrichtete. Sein sorgenvoller Gesichtsausdruck ließ Eleanor schaudern. »Und Ihr könnt auf keinen Fall weiterreiten. Die Luft ist bereits sehr kalt, und heute Abend wird es Frost geben. Das würde Euren Lungen gar nicht
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