Nachtkrieger
der auf einem Schemel in der Ecke saß. »Thomas, geh und sag Lord Robert, My Lady wolle nicht, dass der Adler getötet wird.«
Tom stand auf und entfernte sich. Wenig später kam er zurück. »Lord Robert sagt, er wolle den Grund von Euch persönlich hören, My Lady, und dass er das Abendessen mit Euch in Eurem Gemach einnehmen werde, um die Sache ausführlich zu besprechen.«
»Das wird er nicht«, widersprach Alaida mit derartiger Vehemenz, dass Bôte sie abermals prüfend ansah. »Schickt Sir Ari zu mir«, sagte Alaida.
»Er ist schon fort«, sagte Tom.
»Ist es bereits so spät?«
»Aye. Die Tische werden für das Abendessen bereits aufgestellt. Geoffrey lässt nach Mildryth und den anderen schicken.«
Die Frauen, die an diesem Abend in der Halle Dienst hatten, standen auf. Aber Alaida hielt sie mit erhobener Hand zurück. »Geoffrey wird ohne euch auskommen müssen. Thomas, wie viele unserer Leute sind bereits im Haus und wie viele von Lord Roberts Männern?«
»Lord Robert hat all seine Ritter und ihre Knappen um sich versammelt, und seine beiden Pagen. Von unseren Leuten sind dort Oswald, Geoffrey, Penda, Daegmund …« Er zählte sie an den Fingern auf, und als er zum zweiten Mal damit durch war, unterbrach Alaida ihn.
»Auch die angeworbenen Arbeiter sind anwesend«, fügte Tom hinzu. Aber Alaida wusste nicht, inwieweit sie sich auf diese verlassen konnte.
»Geh und ruf alle, die noch auf dem Hof oder in den Ställen sind, zum Abendessen!«
Tom machte sich sogleich auf den Weg, und Bôte sah Alaida einmal mehr forschend an. »Was habt Ihr vor, My Lady?«
»Ich werde dafür sorgen, dass alle satt werden.« Nachdem Tom gegangen war, erhob sie sich und sagte: »Bôte, richte Oswald und Penda aus, sie sollen sich am Fuß der Treppe bereithalten.«
Alaida wartete auf der Türschwelle bis die beiden Männer erschienen. Dann holte sie tief Luft und trat auf den Absatz. Von dort aus sah sie, dass ein Großteil ihrer Leute bereits über die Halle verteilt war, während weitere zur Tür hereinströmten. Lord Roberts Ritter saßen an den höheren Tischen, und auf der Estrade okkupierte de Jeune den Stuhl des Grundherrn, als sei es seiner, neben ihm saß Neville, der sich gerade zu ihm hinüberbeugte und ihm etwas zuflüsterte.
Neville!
Alidas Lippen kräuselten sich, als sie Lord Robert Neville etwas zuraunen sah. Sie hätte es wissen müssen! Wäre Sir Brand nun hier, hätte sie ihn gebeten, dieses miese kleine Frettchen zur Strecke zu bringen.
Aber Sir Brand war nicht hier, und ihr Ehemann auch nicht. Sie würde die Angelegenheit also selbst regeln müssen.
»Oh, Lord Robert!« Glockenhell schallte ihre honigsüße Stimme durch den Raum, und alle Gespräche verstummten.
Beflissen stand de Jeune auf. »My Lady. Was kann ich für Euch tun?«
»Ich möchte mit Euch über den Adler sprechen«, sagte Alaida in noch immer honigsüßem Ton.
Lord Robert lächelte und machte Anstalten, ihr entgegenzugehen. Offenbar befand dieser Dummkopf sich tatsächlich in dem Irrglauben, er könne sie für sich gewinnen, ungeachtet seines lächerlichen Kopfverbands.
»Behaltet Platz,
Monseigneur.
Wir können uns ebenso gut hier darüber unterhalten«, sagte Alaida, während Oswald und Penda am Fuß der Treppe dichter zusammenrückten, um den Weg zu versperren. De Jeunes Lächeln verblasste.
»Ich wollte ohnehin lediglich die Nachricht bestätigen, die ich Euch durch meinen Pagen bereits hatte zukommen lassen«, fuhr Alaida fort. »Der Adler wird nicht getötet.«
»Das spricht zweifellos für Euer gutes Herz, My Lady. Aber dieser Vogel ist eine Gefahr. Lord Ivo wird mir dankbar sein, wenn ich mich seiner annehme.«
»Das wird er nicht. Insbesondere, da Ihr gegen meinen Willen handeln würdet.« Alaida stieß einen Seufzer aus, als sei nun einmal nichts daran zu ändern. Mit festem Blick sah sie Lord Robert in die Augen und ließ sich auch von einem Geräusch an der Tür nicht ablenken. »Falls es Euch bislang entgangen ist,
Monseigneur:
Der Adler ist das Zeichen meines Ehemannes. Speziell dieser Adler liegt mir besonders am Herzen.«
»Dann solltet Ihr zusehen, dass Ihr ihn besser im Zaum haltet, My Lady«, antwortete Lord Robert und erntete damit Gelächter von Neville und einigen anderen.
»Ich sagte, er liegt mir am Herzen, nicht an einer Kette,
Monseigneur.
Wenn ich ausreite, begleitet er mich in der Luft. Das gefällt mir.«
Mit zusammengekniffenen Augen sah Lord Robert Alaida an. »Es gefällt Euch doch
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