Nachtkuss - Howard, L: Nachtkuss - Burn
in der ersten Klasse konnte sie die verschiedenen Piepstöne hören, die anzeigten, das die anderen Passagiere genau das Gleiche taten.
Keine Nachricht. Vielleicht brauchte ihr Provider ein paar Minuten, um die Nachrichten auf ihr Handy zu laden. Aber der Mann auf dem Platz neben ihr hörte doch
bereits seine Mailbox ab. Als das Flugzeug am Ausleger hielt, sah sie noch einmal nach. Immer noch keine Nachricht.
Inzwischen hätte Syd definitiv anrufen müssen. Vielleicht war ihre Nachricht versehentlich untergegangen. Jenner tippte Syds Kurzwahl ein, und im selben Moment wurde den Passagieren mit einem dezenten Gong angezeigt, dass sie aus ihren Sitzen entlassen waren, woraufhin alle in den Gang drängten und nach ihrem Handgepäck griffen. Jenner tat es ihnen nach, hängte ihre Handtasche über die Schulter und bedankte sich mit einem Nicken bei dem Mann, der sie in die langsam vorwärtskriechende Schlange einfädeln ließ. Als sie aus dem Flugzeug trat, hatte sie das Handy immer noch am Ohr und hörte, wie das Läuten endete und der Anruf auf die Mailbox umgeleitet wurde. Sie hinterließ eine weitere Nachricht, drückte dann auf Aus und ließ das Handy wieder in die Handtasche gleiten.
Selbst wenn Syd sich ebenfalls verspätet hatte, was Jenner nicht überrascht hätte, hätte sie bestimmt angerufen. Allmählich begann sich Jenner Sorgen zu machen.
Vielleicht war ihr nur etwas dazwischengekommen. Vielleicht war der Akku in Syds Handy leer, oder es war kaputt und sie war an Bord des Schiffes gegangen, ohne es zu merken. Vielleicht hatte man ihr die Handtasche gestohlen. Oder sie war schon auf dem Schiff, hatte sich über die Reling ihres Balkons gebeugt, und das Handy war ins Meer gefallen. Alles Mögliche konnte passiert sein, und alle Möglichkeiten waren nicht nur wesentlich wahrscheinlicher, sondern auch viel angenehmer als ihre schlimmste Befürchtung - dass Syd in einen Unfall geraten war und nicht anrufen konnte.
Jenner hatte dem Limousinenservice Bescheid gegeben,
dass sie später ankommen würde, aber nachdem die endgültige Ankunftszeit bis zuletzt in den Sternen gestanden hatte, konnte sie nur hoffen, dass der Wagen pünktlich bereitstand. Sobald sie zur Gepäckausgabe kam, sah sie einen uniformierten, lateinamerikanisch aussehenden Mann, der ein Schild mit der Aufschrift »Redwine« in der Hand hielt. Sie gab ihm ein Zeichen, und er eilte herbei, um ihr Gepäck einzusammeln, das im Schneckentempo eintrudelte. Das Band startete erst nach einer guten Viertelstunde, und während ihr erster Koffer gleich zu Anfang erschienen war, tauchte der andere erst als einer der letzten auf.
Jede zusätzliche Verzögerung zerrte an ihren Nerven. Sie kam ungern zu spät, und sei es nur um eine Minute. Der Zwang, täglich pünktlich zur Arbeit zu erscheinen und vor Schichtbeginn ihre Karte zu stempeln, weil ihr für jede Verspätung Geld abgezogen wurde und sie gefeuert werden konnte, wenn sie wiederholt zu spät kam, hatte sie auf Pünktlichkeit gedrillt. Dass nicht sie an den Verspätungen schuld war und auch nichts daran ändern konnte, machte alles fast noch schlimmer, weil sie sich dadurch besonders hilflos fühlte. Sie musste sich von der Strömung treiben lassen, und die Strömung war heute ausgesprochen träge.
»Ist das alles an Gepäck?«, fragte der Fahrer, während er die ausfahrbaren Griffe der Koffer herauszog und einen in jede Hand nahm.
»Ja, das ist alles.« Während Syd bergeweise Gepäck mitgenommen hatte, hatte Jenner lieber mehrmals umgepackt, bis alles in zwei Koffer passte. Allerdings waren es große Koffer, und sie waren so schwer, dass Jenner sie nicht heben konnte. Sie hoffte nur, dass sie nichts Lebenswichtiges vergessen hatte, denn sie konnte schlecht zwischendurch
an Land schwimmen und es besorgen, obwohl sie eigentlich davon ausging, dass es auf einem gut ausgestatteten Kreuzfahrtschiff alles gab, was nachlässige Passagiere vergessen haben konnten. Auf dieser Reise gab es aufgrund ihrer Route und der Art der Kreuzfahrt nicht so viele Landausflüge wie bei den meisten anderen Fahrten, weshalb die Läden an Bord bestimmt ein größeres Sortiment führten als üblich.
»Wie lange brauchen wir zum Pier?«, fragte sie den Fahrer und sah wieder auf die Uhr. Ihr zerrann die Zeit zwischen den Fingern. »Ich möchte nicht, dass das Schiff ohne mich ablegt.«
Er ließ eine Reihe weißer Zähne in seinem dunklen Gesicht aufblitzen. »Ich bringe Sie bestimmt rechtzeitig hin, das verspreche ich
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