Nachtkuss - Howard, L: Nachtkuss - Burn
machen, nicht, wenn
sie Syd damit schaden konnte. Und sie wollte ihn auch nicht fragen müssen, ob sie pinkeln gehen durfte. Am liebsten würde sie einfach den Schlüssel nehmen, die Handschellen aufschließen, ins Bad verschwinden und dann ins Bett zurückschlüpfen, damit er am nächsten Morgen merkte, dass sie unbemerkt hätte fliehen können und die Situation trotzdem nicht dazu genutzt hatte, schreiend durch den Kabinengang zu rennen. Damit hätte sie ihm logischerweise bewiesen, dass sie keine Dummheiten begehen würde, was ebenso logischerweise zu einem größeren Freiraum führen sollte. Das Problem war nur, dass sie nicht wusste, ob der Blödsack auf Logik reagierte.
Außerdem wollte sie ihm unbedingt eine lange Nase drehen und ihm zeigen, dass er längst nicht so toll war, wie er glaubte. War es wirklich zu viel verlangt, wenn sie auf die Toilette wollte, ohne erst um Erlaubnis fragen zu müssen? Dass sie ungestört ihr Geschäft verrichten konnte, ohne dass ein Mann vor der Tür stand und ihr beim Pinkeln zuhörte?
Der Schlüssel war in Reichweite. Das Problem war nur, ihn zu erreichen, ohne dass Cael aufwachte.
Angestrengt lauschend, ob sich der Rhythmus seines Atems veränderte, begann sie sich langsam und extrem vorsichtig zu bewegen. Es war zu dunkel, um sein Gesicht zu erkennen, aber sie achtete ängstlich auf jedes Anzeichen dafür, dass sie ihn im Schlaf gestört haben könnte. Vielleicht hatte er sich inzwischen an ihre Bewegungen gewöhnt, denn sie war nicht gerade eine ruhige Schläferin. Vielleicht war er es auch gewöhnt, neben jemandem zu schlafen. Tiffany wäre eine mögliche Kandidatin. Schließlich hätten sie zusammen eine Kabine beziehen sollen, bevor er sich gewaltsam in Jenners gedrängt hatte.
Ganz langsam hievte sie sich auf den Ellbogen. Keine
Regung, kein Murren. Er schnarchte nicht, leider, weil sie dann sicher gewusst hätte, dass er noch schlief. Gefühlte fünfzehn Minuten harrte sie auf ihrem einen Ellbogen aus, damit er Zeit hatte, wieder in den Tiefschlaf zu sinken, falls sie ihn aufgestört hatte.
Langsam und ängstlich darauf bedacht, ihn nicht zu berühren, fasste sie über seine nackte Brust und reckte die Finger nach dem Schubladengriff. Mist. Sie war nicht annähernd nah genug.
Also nahm sie eine neue Position ein, indem sie, um nicht umzukippen, ein Knie unter ihren Leib schob und sich dann langsam aufrichtete. Dabei achtete sie ängstlich darauf, nicht an der Handschelle zu zerren, weil ihn das garantiert aufgeweckt hätte. Oder? War er irgendwann wach geworden, weil sie sich im Schlaf umgedreht hatte? Er hatte jedenfalls nichts davon gesagt.
Über ihm balancierend, reckte sie die Hand noch weiter vor. Fast konnte sie die Schublade erreichen. Die Ungeduld zerrte an ihren Nerven, doch sie blieb eisern. Ruhe und Selbstbeherrschung würden ihr den Schlüssel zu einem erfolgreichen Toilettenbesuch liefern. Stück für Stück kam sie auf die Füße, wobei sie den Oberkörper immer auf gleicher Höhe halten musste, damit die Handschellenkette nicht spannte. Genauso langsam platzierte sie einen Fuß zwischen seinen gespreizten Beinen, um sicherer stehen zu können. Die Vorstellung, wohin ihr Fuß treffen würde, falls er jetzt aufwachte und sie zutreten musste, war so verlockend, dass sie fast wünschte, er würde wach werden.
Sie wartete wieder ab. Sie dankte dem Himmel für die unzähligen Fitness- und Yogastunden! Eine gesunde Körperspannung war unerlässlich, wenn besagter Körper zu heimlichen Zwecken in unnatürliche Positionen verrenkt werden musste.
Wenn sie jetzt ausrutschte, würde sie genau auf einen halbnackten Cael plumpsen, und sie wollte lieber nicht wissen, wie dieser Mann reagierte, wenn er so geweckt wurde. Er war kein normaler Mann, das bewies sein Körperbau. Sie hatte schon viele aufgepumpte Bodybuilder gesehen, aber seine Muskeln sahen anders aus; sie waren länger, sehniger, und Jenner hatte an Caels Körper Narben entdeckt, die er sich bestimmt nicht zugezogen hatte, als er im Turnunterricht vom Barren gepurzelt war. Er war kräftig und zu allem fähig, und seine Aggressivität sprach aus jeder einzelnen Bewegung.
In dieser Position war sie ihm viel zu nah. Sie spürte seine Körperwärme auf ihrer Haut, sie hörte seinen gleichmäßigen Atem. Beinahe hätte sie einen Rückzieher und das ganze Manöver rückgängig gemacht, um sich wieder neben ihn zu legen. Ja, sie musste immer noch pinkeln. Ja, sie würde ihn aufwecken und um Erlaubnis
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