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Nachtleben

Nachtleben

Titel: Nachtleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Gesellenstück gebaut. Einen Kickertisch. Tischfußball.«
    |250| »Schwierig?«
    »Ging«, antwortete ich. »Dadurch, dass mein Meister immer diese ganzen aufwendigen Möbel gebaut hat, wollte ich mich halt nicht lumpen lassen und ihm zeigen, dass ich auch was Anständiges hinbekomme. Fand er gut.« Ein Sportwagen sauste an uns vorbei, und Ingrids Blechbüchse zuckte wie vor Schreck zur Seite. »Der Meister war wirklich stolz«, sagte ich. »Wir stehen irgendwann nach der Prüfung im Betrieb am Kickertisch mit den Gesellen, spielen halt ein bisschen, stoßen mit Bier und Sekt auf die Prüfung an, und irgendwann legt mir der Meister so kumpelhaft den Arm um die Schulter, guckt die Gesellen schnippisch an und sagt: Na, vielleicht übernimmst du den Laden ja mal in zwanzig Jahren.«
    Ingrid lachte. Das gefiel mir.
    »Zwanzig Jahre haben mir echt Angst gemacht«, sagte ich. »Da hatte ich dann keinen Bock mehr.«
    »Was hat dein Meister dazu gesagt?«
    Ich zuckte mit den Schultern, griff mir eine Wasserflasche aus der Ablage und nahm einen Schluck.
    »Ich musste sowieso erst mal Zivildienst machen. Danach habe ich mich nicht wieder bei ihm gemeldet. Er hat noch ein paar Mal versucht, mich zu erreichen, aber …« Ohne den Satz zu beenden, starrte ich die Flasche an und knibbelte am Etikett herum. »Der hat extra einen Kredit aufgenommen, um mich ausbilden zu können«, fuhr ich leiser fort. »Und den Führerschein hat er mir auch bezahlt.«
    Eine Kaugummiblase platzte vor Ingrids Gesicht und blieb schlapp an ihrem Kinn kleben. »Na, der Führerschein ist ja jetzt erst mal weg«, sagte sie und wickelte sich das Kaugummi um den Finger. »Der war bestimmt enttäuscht.«
    Hätte sie nicht
enttäuscht
, sondern
genervt
gesagt, wäre es mir egal gewesen, aber
enttäuscht
zog mir das Zwerchfell zusammen.
    »Wahrscheinlich«, sagte ich.
    »Gibst du mir auch was?«, fragte Ingrid und deutete auf |251| das Wasser. Ich reichte ihr die Flasche, und sie trank, ohne sie abzuwischen.
    »Den Kickertisch habe ich ein paar Jahre später noch mal in einer Kneipe gesehen«, sagte ich. »Mit Aufklebern und Brandflecken und vollgekritzelt und so.«
    »Hat er den etwa verkauft?«
    »Na, was soll der denn bei ihm in der Firma rumstehen? Hat er bestimmt gutes Geld für bekommen.«
    Ingrid legte die Flasche zurück in die Ablage. »Und warum hast du den nicht mitgenommen?«
    »Ich hatte eine total zugemüllte Achtundreißig-Quadratmeter-Wohnung«, antwortete ich lachend. »Und anschließend eine Zivi-Wohnung.«
    »Das ist doch aber blöd, wenn du dir da so viel Arbeit mit gemacht hast.«
    »So ist das halt«, sagte ich und kurbelte das Fenster herunter. Mein Kaugummi hatte seinen Geschmack verloren, und ich spuckte es in den brüllenden Fahrtwind.
    »Und war das komisch, noch mal dran zu spielen?«, wollte Ingrid wissen, und als ich sie fragend ansah, ergänzte sie: »In der Kneipe, meine ich. Noch mal am Kickertisch zu spielen.«
    »Habe ich nicht ausprobiert.«
    »Nicht?«, fragte sie.
    »Wozu?«
    »Einfach«, setzte sie an, aber wusste dann offenbar nicht weiter, »einfach, um es noch mal gemacht zu haben.«
    »Bringt doch nichts.«
    Ingrid schwieg, und ich bemerkte, wie abrupt ich das Gespräch beendet hatte. Weil mir kein neues Thema einfiel, hustete ich, um wenigstens irgendein Geräusch von mir zu geben. Zum Glück fragte Ingrid: »Und wann hast du als Türsteher angefangen?«
    »Gleich nach dem Zivildienst«, sagte ich. »War die Idee von einem Kumpel. Der kannte da jemanden. Und jetzt arbeite ich |252| seit knapp zwei Jahren als Mädchen für alles in einem Hotel. Total überbezahlt.«
    »Wieso überbezahlt?«
    »Lange Geschichte«, sagte ich knapp. Unter allen Umständen wollte ich es vermeiden, Berti und Franz zu erwähnen. »Was machst du außer Studieren?«, fragte ich und versuchte den Reißverschluss meiner Jacke zu öffnen, aber er hakte.
    »In einer Videothek jobben«, sagte Ingrid. »Also, um genau zu sein, jobbe ich zur Zeit mehr, als dass ich studiere. Plane gerade meine Magisterarbeit. Über Literaturverfilmungen.«
    Noch immer am Reißverschluss herumfingernd, sagte ich beiläufig: »Magisterprüfung ist bei so was aber auch nicht besonders schwierig, oder?«
    Ruckartig wandte Ingrid mir den Kopf zu, als hätte ich ihr einen angelutschten Finger ins Ohr gesteckt.
    »Nein!«, korrigierte ich mich sofort. Als Ingrid losprustete, kam ich mir zwar reichlich blöd vor, aber es fühlte sich gut an, sie lachen zu hören.
    »Also,

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