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Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin

Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin

Titel: Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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getötet.
    Nein, es war nur der Nachtmahr in dir. Das ungezähmte Wesen. Das Monster.
    Sie versuchte, die schrecklichen Gedanken zu verdrängen, und wandte sich stattdessen den ersten Kartons zu. Nicht den mit den Kleidern. Diese interessierten sie im Moment nicht.
    Sie kniete sich in den Staub und klappte die Pappdeckel auf. Bücher. In den ersten beiden Kisten fand sie Romane, Kochbücher und einige zerfledderte Reiseführer nach Venedig, Paris und Rom. In der nächsten waren wieder Bücher. Sehr alte Bücher, die vermutlich schon Großmutters Mutter gehört hatten. Lorena hob ein paar ins Licht, um die Titel zu entziffern. Es ging um Magie, um die Kraft der Sterne und ihren Einfluss und um mystische Orte. Sie blätterte in einem der Bücher und sah, dass jemand Notizen an den Rand gemacht hatte. Verblasste Tinte, eine steile Schrift mit leicht geneigten Bogen, die sie, zumindest bei diesem trüben Licht, nicht entziffern konnte. Lorena klappte das Buch wieder zu und legte es in die Schachtel zurück. Ja, das würde zu ihrer Urgroßmutter passen. Zu ihrer wirklichen Ahnin, die wie sie ein Nachtmahr gewesen war.
    Lorena schob die Kiste ein Stückchen in Richtung Tür. Diese Bücher wollte sie sich irgendwann etwas genauer ansehen.
    Sie nahm sich die nächsten Kartons vor. Über zwei Stunden lang öffnete sie eine Schachtel nach der anderen, wuchtete Kisten hin und her und verrückte Möbelstücke, um in weitere Kisten zu sehen, doch in den meisten schien nichts Interessantes zu stecken. Küchenutensilien, Schreibzeug, Andenken aus fernen Ländern, Kleider und immer wieder Bücher über Bücher. Eine Kiste mit Briefen und Notizbüchern stellte Lorena zu den alten Büchern. Sie fühlte sich erschöpft. Ihre Kleider und Arme waren schmutzig und voller Staub, und als sie sich durch das Haar strich, fasste sie in Spinnweben. Die Hände in die Hüften gestemmt, blieb sie stehen und sah sich um. Wo um alles in der Welt hatte ihre Großmutter diese geheimnisvollen Pillen hingetan? Sie wollte sie unbedingt finden und ausprobieren, wie sie auf den Nachtmahr wirkten … Da vernahm sie Frau Sanders Schritte auf den Stufen.
    »Möchten Sie nicht einmal eine Pause einlegen? Ich habe frischen Tee gemacht und belegte Brötchen.«
    Dankbar kam Lorena mit Frau Sanders nach unten. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie hungrig und vor allem durstig war.
    »Ich werde wohl später noch einmal kommen müssen«, gestand sie.
    Frau Sanders nickte. »Kommen Sie, wann Sie möchten. Ich schreibe Ihnen meine Telefonnummer auf. Nicht, dass ich gerade nicht da bin und Sie vor verschlossener Tür stehen. Möchten Sie denn heute noch weitermachen? Dann koche ich uns etwas Schönes.«
    Lorena schüttelte den Kopf. »Nein, danke, sehr lieb von Ihnen, doch ich mache mich nun auf den Weg. Ich möchte noch ein wenig Zeit mit meiner Großmutter verbringen.«
    Ich habe noch so viele Fragen. Und es werden immer mehr.

Kapitel 18
JASONS ENTDECKUNG
    Lorena fühlte sich erschöpft und unendlich müde. Mit halb geschlossenen Augen lehnte sie sich in dem verschlissenen Sitz zurück und versuchte, die harten Stöße abzufedern, mit der die U-Bahn sie hin- und herschleuderte. Das Rattern der alten Wagen und das Quietschen der Räder schmerzten in ihren Ohren.
    Eigentlich hätte sie schon vor drei Stunden zurück sein müssen und sollte sich jetzt gemütlich bei einer Tasse Tee und einem Stück Schokolade auf ihrem Sofa ausstrecken, noch einmal in Gedanken die Tage in Hamburg durchgehen und die vielen überraschenden Erkenntnisse, die sie gewonnen hatte. Doch ein schweres Gewitter über Hamburg hatte den Start der Maschine verzögert. Es war, als versuchten die Elemente in höchstem Zorn, die kleinen Menschen mit all ihren lächerlichen Errungenschaften in einem Schlag zu zerstören. Fasziniert stand Lorena hinter der großen Scheibe des Warteraums und sah zu den finsteren Wolkenbergen auf, zwischen denen die Blitze zuckten. Der Donner krachte und ließ den Boden erbeben. Regen prasselte herab und wurde vom Wind in Böen gegen die Scheibe gedrückt. Gewitter machten ihr keine Angst. Sie zogen sie an. Sie fühlte sich ihnen nah. Die entfesselte Natur, wild, schrecklich, zerstörerisch und doch so herrlich frei. Lorena spürte ein Drängen in sich, so als müsse sie ihre Kleider abwerfen und hinaus in den Regen laufen, sich der Urgewalt der Elemente ergeben. Sie sah sich als junges Mädchen, wie sie draußen am See saß und mit freudiger Erwartung eine aufziehende

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