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Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin

Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin

Titel: Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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umschalte.«
    »Ja, da bleibt nicht viel«, stimmte ihr Lorena zu. »Kannst du denn noch lesen?«
    Else Maschek nickte. »Das macht mir noch immer großes Vergnügen, aber es geht nicht mehr so lange am Stück, und ich bin froh, wenn ich Bücher in größerer Schrift bekomme. Meine Zimmernachbarin bringt mir immer wieder welche aus der Bibliothek mit. Sie ist mit ihren neunundachtzig noch unglaublich agil und geistig fit. Aber lass uns von etwas anderem sprechen. Du bist sicher nicht so schnell wieder hergekommen, um dir die Alltagssorgen von uns Alten anzuhören.«
    »Deine Probleme interessieren mich sehr wohl«, widersprach Lorena, ihre Großmutter winkte jedoch ab.
    »Erzähl mir, wie es dir ergangen ist. Es ist doch nichts passiert, dass du so schnell wieder zu mir kommst?« Die Sorge in ihrer Miene tat Lorena gut.
    »Nein, das nicht, aber es gibt noch viele Fragen, die ich nicht beantworten kann. Es tut mir leid, dass ich dich das letzte Mal so aufgeregt habe, dass du krank geworden bist, doch wenn du dich stark genug fühlst, dann würde ich gern noch mehr erfahren.«
    In ihrem Blick war so viel Kraft, als sie Lorena aufforderte zu sprechen, dass es aus ihr heraussprudelte. Dann lauschte sie atemlos den Worten ihrer Großmutter, die sich bemühte, ihrem Gedächtnis so viele Details wie möglich zu entreißen. Sie schien klar bei Verstand, und doch ließen manche ihrer Worte Lorena ungläubig die Stirn runzeln. Vielleicht brachte sie da doch ihre Wunschgedanken mit der Wirklichkeit durcheinander? Doch sie widersprach nicht und unterbrach die Erzählungen ihrer Großmutter nicht, bis die Pflegerin kurz vor Mitternacht ins Zimmer kam und empört feststellte, dass sie noch immer am Bett ihres Schützlings saß.
    »Frau Maschek, Sie müssen jetzt schlafen! Wissen Sie, wie spät es ist?«
    Die alte Frau sah auf die Uhr. »Ja und? Bin ich ein kleines Kind, das ins Bett geschickt wird? Ich muss morgen nicht ausgeruht sein für die Schule. Auf mich wartet nur noch der Tod, und der nimmt mich auch mit, wenn ich nicht ausgeschlafen bin!«
    Lorena erhob sich jedoch und nickte ihrer Großmutter mit einem Lächeln zu.
    Else Maschek wusste auch ohne Worte, was sie ihr damit signalisieren wollte, und sagte: »Dennoch denke ich, dass es besser wäre, wenn du jetzt gehst, mein Kind, meinst du nicht auch?«
    Sie tauschten einen einvernehmlichen Blick. Lorena wusste, dass s ie das Gleiche dachten. Nein, es wäre keine gute Idee, wenn sie sich hier im Heim wandelte. Rasch verabschiedeten sie sich voneinander, dann begleitete die Nachtschwester Lorena hinaus und schloss hinter ihr die Tür ab.
    Am nächsten Morgen stand Lorena in aller Frühe vor dem kleinen Häuschen, in dem ihre Großmutter viele Jahre gewohnt hatte. Das war lange her, und es sah nun noch älter und verwitterter aus, als sie es aus ihrer Kindheit in Erinnerung hatte. Die roten Klinker hatten eine gräulich schwarze Farbe angenommen, die weiße Farbe um die Sprossenfenster war abgeblättert und das einst rote Ziegeldach mit Moos bewachsen. Eine ausladende Eiche streckte ihre knorrigen Äste über dem Haus aus, unter denen es sich ein wenig zu ducken schien. Doch der Garten war gepflegt und sprach von einer Hand, die sich liebevoll um Rosen und Stauden kümmerte. Lorena blieb zögernd vor dem niederen Gartentor stehen, das nicht verschlossen schien, doch dann gab sie sich einen Ruck, drückte auf die Klingel und schob das Tor auf. Sie hatte den Vorgarten noch nicht durchquert, als die Haustür geöffnet wurde und eine Dame sie fragend ansah. Trotz der grauen Dauerwellenfrisur und der unkleidsamen Kittelschürze schätzte Lorena sie auf kaum über sechzig. Vielleicht hatte sie gerade ihr Leben als Rentnerin begonnen oder sie hatte jahrelang Kinder großgezogen und wartete nun darauf, dass ihre Hilfe als Großmutter gefragt sein würde. Lorena wusste es nicht, doch die Frau machte ihr einen mütterlichen Eindruck, sodass es ihr leichtfiel, sie anzusprechen.
    »Mein Name ist Lorena Rittner. Ich bin die Enkelin von Else Maschek, der das Haus früher gehört hat.«
    Ein Lächeln breitete sich auf dem Gesicht der Frau aus. »Ich ahnte, dass Sie irgendwann kommen. Ich heiße Sanders. Bitte, treten Sie ein.«
    Verblüfft folgte ihr Lorena ins Haus. Sie wusste nicht so recht, was sie erwartet hatte, doch das sicher nicht. Sie ließ sich ins Wohnzimmer führen, das vom Stil ähnlich eingerichtet war wie Großmutters Zuhause. Noch immer sprachlos ließ sich Lorena zwischen

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