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Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin

Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin

Titel: Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Eltern sie nicht tragen lassen würden. Zu offenherzig, zu sexy, lautete der Kommentar ihres Vaters, der sich nicht scheute, ihr diese Sachen einfach wegzunehmen. Daher lagen sie bei mir, und wenn wir zusammen in die Stadt gingen, zogen wir uns vorher bei mir um. Da mir in meiner Gestalt als Nachtmahr die meisten meiner Kleider nicht passten oder einfach nur schrecklich aussahen, traf sich das ganz gut. Ich hatte mir auch schon ein paar der Kleider meiner Mutter ausgeborgt, die nicht seriös und langweilig waren, aber ich hatte kein gutes Gefühl dabei, wenn ich sie trug. Es kam mir irgendwie wie Verrat vor.
    In einer engen schwarzen Leggins aus glänzendem Stoff und einer Art Tanktop mit silbernem Aufdruck, mit dem ich meine Flügel benutzen konnte, verließ ich unbemerkt das Haus. Wenn man fliegen konnte, erreichte man die Schule mit den beiden Turnhallen in wenigen Minuten. Ich landete in einer unbeleuchteten Ecke zwischen den Hallen und dem Sportplatz und öffnete leise die Tür. In der größeren der beiden Hallen hörte ich die Basketballer noch spielen. Die andere war leer und lag, nur von den Notlampen beleuchtet, still vor mir. Die Geräte waren noch aufgebaut. Ich umrundete den Kasten mit dem Trampolin, stieg vorsichtig darauf und wippte ein paar Mal zögerlich auf und ab. Ich stellte mir vor, wie ich Anlauf nahm und mit einem Handstandüberschlag den Kasten überwand, doch jetzt löste dieser Gedanke keine Furcht in mir aus. Ja, ich spürte geradezu Lust, es gleich auszuprobieren. Ich tänzelte zurück zur Linie und begann zu laufen. Ein beherzter Sprung in das Tuch, schon berührten meine Hände den Kasten. Ich fühlte, wie die Spannung meinen Körper bis in die Zehenspitzen streckte, während ich in einem eleganten Bogen über den Kasten glitt und gestreckt auf der Matte landete.
    Wow!
    Ein Glücksgefühl durchrieselte mich. Ich hatte es gewusst! In diesem Körper konnte ich alles. Ich fühlte mich so mutig, dass ich an den Stufenbarren trat. Jetzt in der Nacht sah er gar nicht so groß und furchterregend aus. Ich probierte einen Aufschwung. Gar kein Problem. Schon war ich oben und lag auf der hohen Stange. Ich sah hinunter. War das wirklich der Anblick, der mir am Morgen den Angstschweiß auf die Stirn getrieben hatte? Ich beugte mich hinunter und ergriff den unteren Holm.
    Hohe Wende also. Nein, ich hatte keine Angst. Ich sah im Geist meinen Körper. Gespannt und doch biegsam wie eine Feder. Schön und elegant in der Bewegung. Ich wippte und holte Schwung, schon schnellten meine Beine nach oben. Ich spürte, wie sie eine weite Kreisbahn ausführten und dann in einem weiten Bogen herumschwangen. Und gestreckt landete ich auf der Matte. Meine Knie gaben gerade so viel nach, wie sie brauchten, den Fall zu bremsen, dann streckte ich mich wieder, die Arme erhoben. Ich spürte es bis in die Fingerspitzen: Es war perfekt gewesen!
    »Bravo! Das war perfekt«, vernahm ich die Stimme eines Mannes, der meine Gedanken laut aussprach.
    Ich fuhr herum und starrte Herrn Lohmeier an, der langsam auf mich zukam. Ich erkannte ihn kaum wieder. Sonst sah ich immer nur Abneigung oder Verachtung in seinem Blick, nun aber wechselte seine Miene von Verwirrung über Neugier in Bewunderung.
    Er erkannte mich nicht. Natürlich. Ich war jetzt eine schöne junge Frau mit einem sportlichen Körper, mit dem ich mich zu bewegen wusste, und nicht mehr die pummelige Schülerin, die sich im Sport blöd anstellte.
    »Das war eine schöne Vorstellung«, sagte er, als er vor mir stand.
    Ich fühlte, wie sein Blick an mir entlangglitt, und genoss es.
    »Wie ich gesehen habe, beherrschen Sie die Sache, dennoch darf ich Ihnen nicht erlauben, hier allein weiter zu trainieren. Sind Sie Schülerin hier? Ich habe Sie noch nie gesehen.«
    Ich beantwortete die Frage nicht. Stattdessen stellte ich die Hüfte ein wenig aus und klimperte mit meinen langen Wimpern. Er schluckte trocken, und ich musste ein Kichern unterdrücken. »Aber jetzt bin ich doch nicht mehr allein«, sagte ich. »Jetzt sind Sie ja bei mir, und da hat alles seine Richtigkeit. Sie sind doch Sportlehrer, nicht wahr?«
    Er trug Trainingssachen. Vielleicht hatte er drüben in der Basketballmannschaft mitgespielt.
    Er lachte ein wenig verlegen. »Das schon, aber ich denke, für heute Abend ist es genug. Ich muss abschließen, ehe ich nach Hause gehe. Morgen muss ich früh raus. Ich habe gleich in der ersten Stunde Unterricht.«
    Ich muss auch zur ersten Stunde da sein , dachte ich,

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