Nachtnelken - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners vierter Fall) (German Edition)
›nur‹ ein brauchbares Phantombild. Anderenfalls haben wir unseren Mörder.«
~ 43 ~
Es ging schon gut los. Grambow klingelte bei Achim Heppner und der ließ ihn unnötig lange warten, obwohl Grambow sicher war, vom Küchenfenster aus bemerkt worden zu sein. Er ließ den Daumen auf dem Klingelknopf.
Heppner schimpfte lauthals, bevor er die Haustür aufriss: »Hör auf zu randalieren, du Polizistendarsteller! Ich komme ja schon.« Die Tür wurde gerade so weit geöffnet, dass Heppner den Spalt ausfüllte. Bis auf eine lässige Jeans trug er nichts am Leibe.
Jetzt ließ Grambow seinen Daumen etwas länger als nötig auf dem Klingelknopf, sodass Achim Heppner genervt fragte: »Was willst du?«
In die plötzliche Stille sagte Grambow: »Du weißt doch ganz genau, weswegen ich hier bin. Oder hast du noch nichts von dem Überfall auf Lothar Mirow gehört?«
Selbstgefällig große Überraschung mimend, gab Heppner zurück: »Sag jetzt bloß nicht, dass dieser sabbernde Idiot die Polizei veranlasst hat, lästig zu fallen und vor meiner Tür zu stehen.« Aus seiner Abscheu gegen Mirow hatte er nie einen Hehl gemacht.
Ernst Grambow versuchte gar nicht erst, höflich zu sein: »Musst du eigentlich immer zeigen, was für ein Arschloch du bist?«
»Was meinst du?«, kam es süffisant zurück. »Dass ich nicht in Tränen ausbreche, bloß weil einer endlich mal die Lektion bekommen hat, die er verdient? Oder dass ich mir erst noch die Hände waschen wollte, nachdem ich eben beim Pissen war und meinen Schwanz in der Hand hatte. Aber ich kann einen alten Schulfreund auch so begrüßen.« Grinsend streckte Heppner Grambow die rechte Hand entgegen.
»Verzichte. Zieh dir was über; du musst mich begleiten. Zur Kreisdienststelle nach Gardelegen.«
»Muss ich das? Tatsächlich?«
»Ich kann dich auch von den Kollegen verhaften und abholen lassen, wenn dir das lieber ist.«
Heppner schien einen Moment zu überlegen, ob dies genügend Aufmerksamkeit im Dorf erregen würde, um seinen vermeintlichen Ruf als unangepasster Rebell zu festigen, entschied sich dann aber anders. »Bringen wir’s schnell hinter uns. Das soll nämlich ein schöner Nachmittag werden und vielleicht ist ja nach diesem netten Ausflug noch etwas davon übrig.«
Das bezweifelte Grambow erheblich, denn er hatte die Entschlossenheit im Blick von Judith Brunner gesehen, als er ihr vorhin die Namen der Verdächtigen genannt hatte.
Als Heppner im Auto anfangen wollte, weiter über seine unerträglichen Ansichten zu schwadronieren, unterband Grambow jedes Gespräch: »Ach, hör doch auf! Ich kenne dich seit Ewigkeiten, Heppner. Mich kannst du nicht mehr beeindrucken. Es langweilt! Also, nimm einfach dein bestes Stück wieder in die Hand und halt die Klappe bis wir da sind.«
Zwanzig Minuten später hatte Grambow Heppner in der Kreisdienststelle abgeliefert und saß nun im Besprechungsraum. Er wartete auf die Information, ob er auch gleich noch Steffen Geiger bringen sollte.
»Ernst! Was machst du denn hier?«, war Walter Dreyer überrascht, ihn zu sehen.
Grambow erklärte seine Anwesenheit.
»Und ich habe den Rudolf Boll gerade abgeliefert. Hoffentlich kommt bei den Vernehmungen der beiden was raus. Wollen wir nachher im Krankenhaus vorbei und mal sehen, wie es Mirow geht?«
»Unverändert«, wusste Lisa Lenz, die hinzukam und ihnen Kaffee brachte. Dann drückte sie Walter eine Mappe in die Hand. »Sie wollten doch die Diebstahlsanzeigen der letzten Zeit haben. Da drin sind alle der letzten zwölf Monate.«
Die Liste war erschreckend lang; dass so viele Leute bestohlen wurden, hatte Walter Dreyer nicht vorausgesehen. Bei ihm in Waldau waren Eigentumsdelikte die absolute Ausnahme. In der Stadt und in den Dörfern entlang der Fernverkehrsstraßen sah das offenbar anders aus.
»Meist geht es um Kleinkram, Kellereinbrüche, oder es fehlt etwas aus der Gartenlaube. Aber es werden auch Schmuckstücke, Elektrogeräte, Münzsammlungen und andere wertvolle Dinge gestohlen, und das ist dann beileibe nicht immer harmlos abgegangen. Die Eigentümer wurden zum Teil verletzt, oftmals ist der Schaden an den Wohnungseinrichtungen höher als der Wert der gestohlenen Sachen«, erläuterte Lisa die Menge der Einträge und wandte sich zum Gehen. »Wenn Sie mehr benötigen, sagen Sie einfach Bescheid. Ich suche auch längere Zeit zurück.«
»Besten Dank. Das hilft mir sicher«, rief Walter ihr hinterher und goss sich und Grambow dann Kaffee ein.
Nach einem
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