Nachtnelken - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners vierter Fall) (German Edition)
Fernseher. Und redet andauernd mit Kindern. Kaum sieht der einen von uns, haut er ab und versteckt sich.«
»Uns?«
»Na Erwachsene, richtige Männer.«
»Und das, meinen Sie, rechtfertigt einen so brutalen Angriff?«
Dumm war Heppner nicht. »Dazu will ich nichts sagen. Was wollen Sie überhaupt von mir?«
Judith Brunner erklärte es ihm: »Nun, Sie haben sich mehrfach öffentlich abfällig über Mirow geäußert und auch nie einen Hehl daraus gemacht, ihn zu verabscheuen. Da liegt es doch nahe, dass wir Sie überprüfen.«
»Ich war das aber nicht. Das kann ich sogar beweisen.«
»Sie machen mich richtig neugierig«, forderte Judith Brunner ihn zum Weiterreden auf, ahnte aber im selben Moment, dass sie ein Alibi präsentiert bekommen würde.
Es klopfte an der Tür und Grede öffnete.
Lisa Lenz winkte Judith Brunner heraus. »Dreyer ist zurück. Er hat diesen Manfred Peuker dabei. Ich habe beide bei mir im Büro einquartiert, denn in unserem anderen Vernehmungsraum sitzt ja Herr Boll, der Besitzer von Melli Boll.«
Der Hundename aus Lisas Mund schaffte es, dass Judith fast wieder lächeln konnte. Es war wie immer bei solchen Ermittlungen. Stundenlang passierte oft gar nichts und dann kam alles zusammen. Jetzt hatte sie Heppner, Boll und Peuker auf einmal hier.
Peuker war ihr der Wichtigste. Es ging vorrangig um den Mord an Ilona Eichner. Der musste schleunigst aufgeklärt werden, bevor die rüde Stimmung mancher Leute weiter eskalierte und es weitere Opfer gab. Der Druck war enorm. Mit Mirow war schon ein vermutlich Unschuldiger im Krankenhaus gelandet, aber dadurch wenigstens in Sicherheit. Sie ging mit Lisa mit, um von der Tür aus unauffällig einen ersten Blick auf den jungen Mann zu werfen.
Als Lisa ihr Büro betrat, sah Manfred Peuker gelangweilt auf. Er hockte, die langen Beine von sich gestreckt, neben Walter auf einem Stuhl und knackte mit den Fingern. Ungekämmt, mit weiten Jeans und T-Shirt bekleidet, wirkte er fast lässig. In der Regel reagierten Männer anders auf Lisa, dachte Judith. Na, mal sehen, wie das Gespräch nachher verlaufen würde.
Lisa setzte sich hinter ihren Schreibtisch.
Walter ging raus zu Judith in den Flur und lehnte die Tür von außen an.
»Wie ist es mit diesem Kerl aus Engersen gelaufen?«, fragte er leise.
»Heppner ist ein überheblicher Mistkerl, aber nicht unser Täter. Höchstwahrscheinlich hat er ein Alibi.« Judiths Enttäuschung war nicht zu überhören. Sie hatte auf einen schnellen Erfolg gehofft und darauf, wenigstens einen Fall zügig klären zu können. »Wahrscheinlich ist es bei Boll genauso«, bedauerte Judith weiter. »Sagtest du nicht, er war mit seinen Schafen unterwegs und ist dabei von dir gesehen worden?«
»Stimmt. Gestern Nachmittag war er an der Bäke, hinten am Wald bei Schwiesau. Sein Neffe war ihm dorthin gefolgt. Aber eigentlich habe ich nur den Jungen gesehen.«
»Von da hätte er es aber nie geschafft, zur Tatzeit nach Engersen und zurückzukommen. Das sind bestimmt acht, neun Kilometer in jede Richtung. Da würde er ein Auto benötigen, was er aber nicht dabeihatte, wenn er mit seinen Schafen unterwegs war.«
Walter nickte. Er überzeugte sich, allein mit Judith im Gang zu stehen und sah sie dann verwegen an.
Sie kannte diesen Blick.
Er wollte sie küssen.
»Lass das. Ich muss mich konzentrieren, sonst schaffe ich das hier nie«, bat sie ihn, ohne allzu viel Tadel in der Stimme.
»Genau darum geht es mir«, behauptete Walter mit unschuldigster Miene. »Ich hab da zwei Gedanken für dich. Also erstens: Dass Heppner ein Alibi hat, bedeutet ja nicht, dass er nicht mit in der Sache drinhängt. Und zweitens, und das ist viel besser, Judith, hatte zwar Boll kein Auto. Er nicht, aber dafür jemand ganz in seiner Nähe. Und den hatten wir sogar schon hier!«
»Dieser Molitz!«, rief Judith leise, aber trotzdem voller Genugtuung aus.
»Also, quetsch den Heppner ruhig aus. Vielleicht weiß er ja mehr, außer dass er ein tolles Alibi hat. Solche Maulhelden quatschen immer viel!«
Wäre Judith mit Walter allein gewesen, hätte sie ihn jetzt küssen müssen. So blieb ihr nichts als ein leises Dankeschön.
Heppner unterließ bei ihrem Eintreten tatsächlich jede blöde Bemerkung und wartete, bis sie sich gesetzt hatte. Er wollte ihr triumphierend sein Alibi mitteilen, doch etwas in ihrem Auftreten hielt ihn zurück.
Judith Brunner seufzte und sagte dann tief betrübt: »Das war eben ein Anruf aus dem Krankenhaus, Herr Heppner.
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