Nachtpfade
lassen?«
»Bis hundert Quadratmeter und hundertvierzig
Quadratmeter Dachfläche geht’s ja koan was o!«, brüllte Weinling, der wohl ein
bisschen zur Aggression neigte. Blondie hatte auch schon ein richtiges
Rotköpfchen.
»Sie leiden hier alle an größeren Behinderungen, was!«
Gerhard schrie jetzt. »Der Berthold hat kein Gefühl für Gewichte, und Sie haben
einen Knick in der Optik. Ich warne Sie, Weinling! Die Gemeinde, Landratsamt,
alle haben Sie gleich so was von am Arsch wegen dieser Halle! Hundert
Quadratmeter, dass ich nicht lache, die hat drei Mal so viel! Sie glauben wohl,
ich bin auf der Brennsupp dahergeschwommen, was! Wenn Sie etwas schlauer wären,
dann würden Sie auf zwei Flurstücken je eine Hundert-Quadratmeter-Halle bauen,
die sechs Meter Abstand einhalten und später mal klammheimlich die beiden
verbinden. Das wäre wenigstens gewitzt.«
Die drei Männer starrten ihn verdutzt an.
»Ja, ich bin auch vom Land, ich kenn euch und eure
bauernschlauen Tricks.« Gerhard wartete ein paar Sekunden, bis er erneut
brüllte: »Ist das jetzt in euren Holzköpfen angekommen?«
Evi mischte sich ein: »Der Kollege meint das ernst. Er
war mal beim Dezernat für Wirtschaftskriminalität, das hat der noch drin.«
»Genau«, knurrte Gerhard. »Aber heute interessiert
mich das eigentlich gar nicht.«
Dieser Effekt war gelungen. Die drei Männer starrten
ihn entgeistert an. »Mich interessiert der Mord an Jacky Paulig.« Wieder eine
kurze Kunstpause, und dann kam die finale Attacke: »Die hier im Wald gesehen
hat, was Sie da so treiben.«
»Schmarrn«, brummte Erhard.
»Kein Schmarrn! Ich warne Sie, denken Sie an all die
Betriebsprüfungen. Sie war hier.«
»Schmarrn!«, kam es nochmals von Erhard.
»Tja, dann ruf ich mal die Kollegen an, oder?«, Evi
lächelte ein engelsgleiches Lachen. »Ich telefonier auch gleich mal mit
Landsberg, die Kollegen dort sollen umgehend zur Firma Berthold fahren. Ach,
weiß Ihr Bruder eigentlich von Ihren kriminellen Machenschaften?«
Da hatte Evi wohl einen sehr wunden Punkt getroffen,
weil Bertholds Bartl plötzlich einen gewaltigen Schritt nach hinten machte und
in Erhards Richtung rief: »Machts doch, was ihr wollt, ich lass mich da nicht
mit reinziehen.« Und an Evi gewandt: »Das Madel war da, einmal ist sie
dagestanden. Wie vom Himmel gefallen. Ich bin total erschrocken. Ich dachte,
das ist ein Gespenst, die weiße Frau oder so.«
»Schmarrn«, kam es erneut von Erhard, diesmal deutlich
leiser.
»Aha, und dann?« Gerhard hatte sich an Berthold
gewandt. Er schaute durch die beiden anderen Männer einfach hindurch. Fast lief
Gerhard Gefahr, sich nicht mehr richtig zu konzentrieren, weil ihn das Gespräch langweilte. Menschen waren so durchschaubar, es war so einfach, das schwächste
Glied in der Kette herauszufinden. Und das war Berthold.
»Der Anton ist zu ihr rübergegangen. Ist mit ihr eine
Weile verschwunden.«
»Ja, du Sprichbeitl, du Matz, du verreckte!«
Rotköpfchen war inzwischen knallrot. Ja, das waren diese blonden Typen mit der
rosa Haut, sie verfärbten sich gerne einmal. Der gute Weinling hatte sicher
auch stets mit Sonnenbrand zu kämpfen. »Du blede Sau!« Weinling hatte Berthold
inzwischen am Kragen gepackt.
Gerhard fuhr ihm in die Parade und bog ihm
blitzschnell die Hand auf den Rücken. »Na, na, na! Brauch ich Handschellen,
oder geht es auch so?«
Weinling fiel in sich zusammen. »Aber ned fesseln,
bitte!« Der Mann konnte sogar bitte sagen. Was für ein Weichei!
»Schön, Herr Weinling, wenn wir uns dann alle wieder
beruhigt haben, würde ich gerne fortfahren.« Es machte doch richtig Spaß, so
geschwollen daherzureden. Gerhard wandte sich an Weinling, der unvermindert wie
eine rote Laterne leuchtete. »Ihr Einsatz für Ihren Spezl Anton ja in Ehren,
aber sollte nicht er selbst mal erläutern, was er da mit Jacky gemacht hat?«
»Nix«, brummte Erhard.
»Gut, die Herren. Wir brechen das hier jetzt mal ab.
Sie alle folgen mir ins Präsidium. Sie sind da vollzählig in fünfundvierzig
Minuten. Falls nicht, lass ich Sie alle verhaften und setze sämtliche
Steuerprüfer und Landratsämter der westlichen Hemisphäre in Gang!«
Mit einer Wendung auf den Hacken, die einem Einsatz
sowohl bei einer »Let’s Dance«-Show oder auch »Germany’s Next Top Model« zur
Ehre gereicht hätte, drehte Gerhard ab, zwinkerte Evi zu, und beide
marschierten von dannen.
Evi grinste. »Das war ja besser als im ›Königlich
Bayerischen
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