Nachtprogramm
eine feuchte Windel, aber seine Beine waren kräftig und hübsch anzusehen.
»Dale, kannst du mal nachsehen, ob die Vorhänge auch fest zugezogen sind?«
Er durchquerte den Raum, und ich verschlang ihn mit Blicken, ohne zu f ürchten, von den anderen als Gaffer beschuldigt zu werden. Wäre ich Letz ter gewesen, hätte das anders ausgesehen, aber als Sieger stand es mir zu, dafür zu sorgen, dass alles seine Ordnung hatte. »Da hinten über der Sockelleiste ist noch ein Schlitz. Bück dich und zieh ihn zu, ja?«
Es dauerte eine Weile, aber nachdem ich ihnen auseinander gesetzt hatte, dass zwei Könige nichts gegen eine Herzzwei und eine Pikdrei ausrichten konnten, zog Walt auch seine Unterhose aus und warf sie auf den Kleiderstapel neben dem Fernseher. »Nun denn«, sagte er. »Jetzt dürft ihr ohne mich weiterspielen.«
»Aber das Spiel ist zu Ende«, sagte Scott.
»Nichts da«, sagte Walt. »Ich bin hier nicht der Einzige, der sich auszieht. Ihr macht jetzt schön weiter.«
»Und was machst du so lange – dich zurücklehnen und zuschauen, wie!«, sagte ich. »Was bist du denn für ein Homo?«
»Genau«, sagte Dale. »Lasst uns was anderes machen. Das Spiel ist langweilig, und durch die Regeln blickt eh kein Mensch durch.«
Die anderen murmelten zustimmend, aber als Walt nicht nachgab, nahm ich den Stapel Karten auf und klopfte damit gebieterisch auf die Tischplatte. »Dann müssen eben alle weiterspielen.«
»Und wie bitte soll das gehen?«, sagte Walt. »Falls du es noch nicht bemerkt hast, ich habe nichts mehr abzugeben.«
»Oh«, sagte ich, »da findet sich schon was. Wenn der mit dem schwächsten Blatt bereits nackt ist, kann er ja eine kleine Aufgabe bekommen. Nichts Großes, mehr so symbolisch.«
»Wie was?«, fragte Walt.
»Ich weiß nicht. Das sehen wir, wenn es so weit ist.«
Im Nachhinein ging ich wohl etwas zu weit, als ich Scott aufforderte, sich auf meinen Schoß zu setzen. »Aber ich bin nackt!«, sagte er.
»He«, sagte ich, »ich bin derjenige, der darunter zu leiden hat. Ich wollte dir nur eine wirklich leichte Aufgabe geben. Oder willst du lieber nach draußen rennen und den Briefkasten abschlagen? In knapp zwanzig Sekunden geht die Sonne auf – willst du, dass die ganze Nachbarschaft dich sieht?«
»Wie lange muss ich auf deinem Schoß sitzen?«, fragte er.
»Keine Ahnung. Eine oder zwei Minuten. Vielleicht fünf. Oder sieben.«
Ich setzte mich in einen Sessel und tätschelte müde mein Knie, als ob es mich große Überwindung kostete. Scott nahm seinen Platz ein, und ich betrachtete unser Spiegelbild auf dem dunklen Fernsehschirm. Da saß ich nun, einen nackten Jungen auf dem Schoß sowie drei weitere, die nur auf Anweisungen von mir warteten. Es war der Stoff, aus dem Träume ge macht sind, bis mir einfiel, dass sie dies alles nicht aus freien Stücken taten. Es war nicht ihr Vergnügen, sondern ihre Strafe, und sobald es vorüber wäre, würden sie einen großen Bogen um mich machen. Es würde Gerüchte geben, ich hätte ihnen irgendwas in die Cola getan, versucht Brad Clancy einen zu blasen und fünf Dollar aus Walts Tasche gestohlen. Nicht mal Mrs. Winters würde mir mehr zuwinken, aber all das käme später, in einem anderen Leben. Im Augenblick genoss ich diese armselige Imitation von Zuneigung, vermaß Scotts Schultern und sein Kreuz und spürte, wie er unter meinen siegreichen Händen erschauerte.
Betrachte die Sterne
Jeden Abend vor dem Schlafengehen geht Hugh vor die Tür, um die Sterne zu betrachten. Nicht aus wissenschaftlichem Interesse – er zeigt weder auf einzelne Sternbilder, noch gibt es beiläufige Bemerkungen zu Canopus; er lässt seinen Blick einfach nur über ihre ungeheure Masse schweifen und seufzt ab und zu. Wenn man ihn fragt, ob es Leben auf anderen Planeten gibt, sagt er: »Aber sicher. Bei den Möglichkeiten«
Es erscheint ziemlich anmaßend, das ganze Universum für uns selbst zu beanspruchen, aber vom persönlichen Standpunkt aus finde ich den Gedanken an extraterrestrisches Leben in hohem Maße irritierend. Wenn es tatsächlich Milliarden anderer Zivilisationen gibt, wo bleiben da unsere Berühmtheiten? Wenn Bedeutung an einer stufenlosen Skala von Anerkennung gemessen würde, welche Auswirkungen hätte es, wenn wir alle mit einem Schlag ins Bodenlose fielen? Wie sollten wir wissen, wo wir stehen?
Beim Nachdenken über diese Fragen fällt mir der Labor Day des Jahres 1968 ein, den ich im Raleigh Country Club verbrachte. Ich saß an der
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