Nachtprogramm
Ernstes mit »sechs bis acht schwarzen Männern« unterwegs war. Ich bat mehrere Holländer um eine genauere Zahl, aber keiner wollte sich festlegen. Immer waren es »sechs bis acht«, was reichlich seltsam erscheint, wenn man bedenkt, dass sie mehrere Jahrhunderte Zeit hatten, einmal genau nachzuzählen.
Die sechs bis acht schwarzen M änner galten bis Mitte der fünfziger Jahre als leibeigene Sklaven, bis sich das politische Klima änderte und entschieden wurde, anstelle von Sklaven handle es sich lediglich um gute Freunde. Nach meinem Dafürhalten hat die Geschichte gezeigt, dass immer noch et was zwischen Sklaverei und Freundschaft kommt, nämlich ein Zeitraum, der nicht von Gebäck und gemütlichen Stunden am Kamin geprägt ist, son dern von gegenseitiger Feindschaft und Blutvergießen. Auch den Niederlanden ist diese Gewalt nicht fremd, aber anstatt sie offen untereinander auszutragen, beschlossen Santa und seine ehemaligen Sklaven, sie an der Bevölkerung auszulassen. Wenn ein Kind früher ungezogen war, wurde es vom Heiligen Nikolaus und seinen sechs bis acht schwarzen Männern mit »dem dünnen Ast eines Baumes« geschlagen, wie Oscar sich ausdrückte.
»Einer Rute?«
»Genau«, sagte er. »Das meinte ich Sie traten es und schlugen mit einer Rute nach ihm. Und wenn es ein besonders ungezogenes Kind war, steckten sie es in einen Sack und nahmen es mit nach Spanien.«
»Der Heilige Nikolaus tritt Kinder?«
»Na ja, mittlerweile nicht mehr«, sagte Oscar. »Heute tut er nur so, als würde er sie treten.«
Er hielt dies für progressiv, aber in meinen Augen ist es in gewisser Weise noch perverser als die tatsächliche Strafe. »Ich tu dir weh, aber nicht wirklich.« Wie oft sind wir darauf hereingefallen? Der bloß gespielte Schlag trifft zuletzt doch immer und fügt dem, was zuvor schlicht und ein fach Furcht vor der Strafe war, noch die Elemente von Schock und Betrug hinzu. Was ist das für ein Weihnachtsmann, der so tut, als würde er die Leute treten, um sie anschließend in einen Jutesack zu stecken? Und dann sind da natürlich noch die sechs bis acht früheren Sklaven, die jeden Mo ment durchdrehen können. Darin besteht, denke ich, der größte Unterschied zwischen uns und den Holländern. Gewisse Teile der Bevölkerung könnten sich mit diesem Brauch wohl anfreunden, aber wenn man dem Durchschnittsamerikaner erklärte, dass sechs bis acht namenlose schwarze Männer sich nachts in sein Haus schlichen, würde er Fenster und Türen verbarrikadieren und sich bis an die Zähne bewaffnen.
»Sechs bis acht, sagten Sie?«
In den Jahren vor der Zentralheizung stellten holländische Kinder ihre Schuhe vor den Kamin, dem Versprechen folgend, dass der Heilige Nikolaus und die sechs bis acht schwarzen Männer, sofern sie nicht vorhatten einen zu schlagen, zu treten oder in einen Sack zu stecken, Süßigkeiten in die Holzschuhe stopfen würden. Abgesehen von der Androhung von Gewalt und Entführung ist das nicht großartig anders als unsere Variante, seine Strümpfe am Kaminsims aufzuhängen. Da mittlerweile kaum noch jemand einen funktionstüchtigen Kamin im Haus hat, werden die holländischen Kinder dazu angehalten, ihre Schuhe vor die Heizkörper, Brennöfen oder Radiatoren zu stellen. Der Heilige Nikolaus und die sechs bis acht schwarzen Männer kommen auf Pferden, die vom Vorgarten auf das Dach springen. Von dort, nehme ich an, springen sie entweder wieder herunter und nehmen die Tür, oder sie bleiben dort und gelangen in atomisiertem Zustand durch Rohre und Leitungskabel ins Haus. Oscar war sich über die Details nicht ganz im Klaren, aber wer wollte ihm das verübeln? Wir haben schließlich das gleiche Problem mit unserem Weihnachtsmann. Er soll durch den Kamin kommen, aber selbst wenn man keinen hat, kommt er doch irgendwie rein. Es ist besser, nicht zu genau darüber nachzudenken.
Auch wenn acht fliegende Rentiere nicht so leicht zu schlucken sind, unsere Weihnachtsgeschichte ist dagegen vergleichsweise einfallslos. Santa lebt mit seiner Frau in einem abgelegenen Dorf am Pol und verbringt eine Nacht im Jahr damit, um die Welt zu reisen. Wenn man böse war, wird man mit Ruß angeschwärzt. Wenn man lieb war und in Amerika lebt, bekommt man von ihm beinahe alles, was man sich wünscht. Wir ermahnen unsere Kinder, schön artig zu sein, und schicken sie ins Bett, wo sie lange wach liegen und sich die bevorstehende Bescherung ausmalen. Holländische Eltern haben da ihren Kindern eine entschieden
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