Nachtruf (German Edition)
Fingerknöchel weiß hervortraten. Trevor drückte die Lautsprechertaste und legte das Handy auf die Küchentheke. Dantes Stimme erfüllte den Raum.
„Sie haben soeben deinen Ausstieg bei Midnight Confessions verkündet“, sagte er. „Im Moment höre ich deiner Nachfolgerin zu. Sie klingt reichlich … blutarm .“
„Sagen Sie mir einfach, was Sie wollen.“
„Das weißt du immer noch nicht? Meine Liebe, ich dachte, du wärst intelligent.“
Trevor stützte sie von hinten. Seine Hände hatte er auf ihre Schultern gelegt. Rain schloss die Augen.
„Sie haben mich gestern Abend Desiree genannt. Ich bin nicht sie.“
„Nein, das bist du ganz sicher nicht“, stimmte Dante zu. „Aber ich kann meine Fantasie bemühen. Schließlich siehst du ihr so unglaublich ähnlich. Durch deine Adern fließt ihr Blut.“
„Sie sind krank“, brachte sie mühsam hervor.
„Wenn ich das bin, dann ist das ganz und gar deine Schuld. Ich habe schon fast den Verstand verloren, weil ich ständig an dich denken muss. Es ist nicht fair, dass ich jetzt selbst des Vergnügens beraubt werde, deine Stimme im Radio zu hören.“ Als Rain nicht antwortete, fügte er hinzu: „Werde ich für meinen angeblichen Überfall auf dich bestraft? Die Zeitungen und Fernsehreporter beschuldigen mich. Es ist erschütternd. So sehr, dass ich ein Ventil für meinen Zorn finden musste. Wie nennen sie es in deinem Fachgebiet? Ach ja, Aggressionsübertragung .“
Rain schlug die Hand vor den Mund, als ihr bewusst wurde, was passiert war. Er hatte soeben einen weiteren Mord gestanden.
„Sind Sie da, Agent Rivette?“
„Ich bin hier.“
„Ich habe mir schon gedacht, dass Sie nicht allzu weit entfernt sind.“ Dante klang belustigt. „Ich habe heute Ihre Pressekonferenz im Fernsehen gesehen. Sie sind ein sehr attraktiver Mann.“
„Warum kommen Sie nicht her? Wir könnten uns dann persönlich kennenlernen.“
Dante lachte leise. „Ich habe im Coliseum Square ein Geschenk für Sie hinterlassen. Ich glaube, Sie werden sie mögen.“
Damit war die Verbindung beendet.
„Der Park ist nur zwei Blocks von hier entfernt“, sagte Rain. „Trevor …“
Sie folgte ihm, als er in die Diele ging. Mit der Waffe in der Hand riss Trevor die Haustür auf. Doch draußen war alles ruhig. Ausnahmsweise fuhr noch nicht einmal ein Streifenwagen auf der Straße vorbei.
Nur auf der Fußmatte vor der Tür lag etwas. Eine massiveKette aus antik wirkendem Silber mit einer kleinen Glasphiole daran.
„Du weißt, wem die Kette gehört, habe ich recht?“, fragte sie.
Trevor hob das Schmuckstück auf und sah sich in der Dunkelheit um. Als er sich zu ihr wandte, war seine Miene ernst. „Genau wie du.“
28. KAPITEL
Als das Team der Spurensicherung seine Arbeit beendet hatte, war es fast Mitternacht. Trevor war so lange am Tatort geblieben. Der Morgen graute bereits, als er an einem Tisch im Polizeirevier in der Royal Street stand. Fotos von Marcy Cupichs Leiche lagen vor ihm ausgebreitet wie ein schlechtes Kartenblatt. Beim Anblick der Fotos zog sich ihm der Magen zusammen.
Das Mädchen war in einer entfernten Ecke des Parks abgelegt worden. Der verstümmelte, teils nackte Leichnam hatte gut verborgen unter einer Heckenkirsche gelegen. In dem Augenblick, als er die Glasphiole mit der blutroten Flüssigkeit auf Rains Türschwelle entdeckt hatte, hatte er gewusst, was geschehen war.
„Kaum zu glauben, dass sie noch vor ein paar Tagen hier gewesen ist.“ Thibodeaux kam mit einer Kaffeetasse in der Hand zu Trevor und betrachtete die Fotos. „Glauben Sie, der Killer hielt das Mädchen für eine Bedrohung?“
„Es ist sehr gut möglich, dass er mich im Ascension mit ihr hat sprechen sehen.“ Trevor spürte einen Anflug von Schuldgefühlen. „Er weiß vermutlich nicht, dass sie ohne ihre Brille eine miserable Zeugin abgegeben hat.“
„Wie alt war die Kleine?“
„Siebzehn.“
„Verdammt.“ Thibodeaux schüttelte den Kopf. „Haben Sie alles gekriegt, was Sie brauchten?“
„Ja.“ Trevor war auf dem Weg in die Außendienststelle des FBI. Dort hatte er einen Termin mit Special Agent in Charge Johnston, seinem Chef bei der VCU. Sein Abstecher ins Polizeirevier galt einigen Polizeiakten, von denen er Kopien mitnehmen wollte.
Er nahm eines der ausgelegten Fotos zur Hand. Er konnte nicht aufhören, sich Vorwürfe zu machen. Der Rosenkranz war fest um Marcys Handgelenke gewickelt worden. Wie die anderen Opfer hatte auch sie Verletzungen an Schenkeln,
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