Nachts im Zoo (Junge Liebe ) (German Edition)
Moment, dann zog er sich aus Sven heraus und befreite sich von dem Kondom. Diesmal würde er es mit Sicherheit nicht achtlos hier liegen lassen. Er sah sich um und entdeckte auch sogleich einen Abfalleimer, in dem er das Corpus Delicti verschwinden ließ. Wieder sah er auf die Uhr.
„Ich will nicht unhöflich erscheinen", sagte er, „aber länger können wir nicht bleiben, sonst fallen wir dem Nachtwärter wirklich noch in die Hände. Das könnte peinlich werden."
Sven nickte. „Schon klar." Er strich sich über das blonde Haar, welches etwas verschwitzt wirkte. Dann zogen sie sich an. Leise gingen sie den Weg zurück, blickten noch einmal rechts und links auf die wundervollen Becken, in denen längst das blau schimmernde Nachtlicht leuchtete, dann verließen sie das Gebäude.
Draußen herrschte klare Sommerluft. Josh atmete auf. Auch diesmal war alles glatt gelaufen. Und hätte Sven am Ausgang nicht sofort nach seinem Portemonnaie gegriffen und für das Treffen bezahlt, hätte Josh beinah vergessen, dass er für seine Dienste Geld nahm und es nicht einfach nur zur eigenen Lustbefriedigung tat.
Aber Josh machte es gerne. Und er konnte es sich leisten, seine Kunden auszusuchen. Er war darauf nicht angewiesen. Und auch diesmal steckte er nur ein paar Euro in seine eigene Geldbörse, den Rest würde er am nächsten Morgen, wie gewohnt, in einen der Spendenbehälter des Zoos werfen.
„Es war wirklich ein aufregender Abend", sagte Sven, als sie sich verabschiedeten. „Schade, dass ich morgen schon wieder früh meine Geschäfte regeln muss."
Josh zuckte mit den Schultern.
„Kannst ja gerne mal wiederkommen, wenn du in der Gegend bist."
Er hatte das Gittertor aufgeschlossen und ließ Sven auf den Gehweg außerhalb des Zoos treten.
„Also, bis bald und gute Nacht!", wünschte er.
„Gute Nacht", erwiderte Sven, seine Augen leuchteten noch immer vor Freude. Josh sah noch, wie Sven sich umdrehte und auf einen weißen Wagen zusteuerte, dann machte er sich auf den Weg zurück ins Wohnhaus.
V
Und dann kam der Tag, an dem sich alles änderte:
„Josh! Du musst aufstehen!"
Josh schreckte hoch. Es war schon hell. Ein Blick auf seinen Wecker signalisierte, dass die Batterien über Nacht wohl ihren Geist aufgegeben hatten.
„Ich komme sofort!", rief er seiner Tante entgegen, dann stürmte er ins Badezimmer. Dass Kevin auf seine morgendliche Waschung verzichten musste, war klar. Der Funkwecker im Bad bestätigte, dass Josh über eine halbe Stunde zu spät dran war.
Unten im Esszimmer war der Tisch schon gedeckt. Das tat Klara jeden Morgen. Meist konnte Josh noch ein paar Worte mit ihr wechseln, bevor er seinen Dienst antrat, aber heute reichte es gerade mal, um ein paar Schlucke Kaffee zu sich zu nehmen.
„Es wurde spät gestern", sagte Josh einzig und allein, um seine Unpünktlichkeit zu erklären. Er griff zu einem Stück Brot und biss hinein, ohne es vorher mit irgendetwas beschmiert oder belegt zu haben.
„Lass Kevin ruhig ausschlafen. Ich werde mich nachher um ihn kümmern."
Klara machte ein besorgtes Gesicht, als sie ihren Neffen so in Eile sah.
„Soll ich das mit Kevin nicht übernehmen?", fragte sie. Und es war nicht das erste Mal, dass sie ihre Hilfe anbot. Aber auch diesmal lehnte Josh ab.
„Er würde es nicht wollen", sagte er und war fest davon überzeugt.
Schnellen Schrittes betrat er den Hof. Sein Weg führte direkt zum Bärenrevier. Bevor die Frühbesprechung begann, vergewisserte er sich stets, ob in seinem Bereich auch alles okay war.
An diesem Morgen war nicht alles okay. Kaum hatte Josh ein paar Meter zurückgelegt, kam Thomas ihm entgegen. Da der immer noch in ihrem Pausenraum nächtigte, war er momentan stets der Erste vor Ort.
Aber niemals war er so hektisch, so in Aufruhr, wie an jenem Morgen.
„Gut, dass du kommst!", rief er. „Sag deinem Onkel Bescheid, er soll sofort herkommen!"
Josh stutzte.
„Wieso das?" Er war sofort beunruhigt. Thomas war sonst ein sanftmütiger Typ, eher wortkarg und verschlossen. Doch jetzt zeigte sein Gesicht blankes Entsetzen, und er schrie dazu:
„Da liegt ein Toter auf der Anlage - bei den Eisbären!"
„Was?", entgegnete Josh. Er war sichtlich geschockt. Thomas konnte nur heftig nicken und winkte ihn hinter sich her. Im Laufschritt eilten sie zur Eisbärenanlage, wo sich vier erwachsene Bären die großen Felsen und das umliegende Wasserbecken miteinander teilten. Normalerweise wurden sie nachts in die Innengehege gelassen und waren nur
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