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Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition)

Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition)

Titel: Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Gwisdek
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auf der Insel befand, ließ er sich am Fuß einer alten Erle auf dem Boden nieder.
    Obwohl das Licht entschieden schlechter geworden war, meinte Harris plötzlich, knapp drei Meter von ihm entfernt im aufgewühlten Waldboden Fußabdrücke erkennen zu können. Er blieb auf den Knien und studierte die Furchen genauer, die sich in einem Abstand von circa zwanzig Zentimetern parallel im Boden abzeichneten. Die etwas tieferen Mulden rechts und links dieser Spuren konnten nur von den schweren Schritten eines Mannes herrühren. Es brauchte nicht viel Phantasie, um aufgrund dieser Anordnung schlussfolgern zu können, dass ein rückwärtslaufender Mensch einen leblosen Körper über den Boden geschleift hatte und dessen Fersen die parallellaufenden Furchen hinterlassen hatten. Also hier! Angewidert sah Harris auf seine aufgestützten Hände und nahm sie vom Erdboden. Da die Spuren genau hier endeten, musste er direkt auf Theresias Grab knien. Harris spürte, wie ihm diese Vorstellung das Adrenalin durch die Adern schießen ließ, seine Atmung schneller und das Zittern der Hände unkontrollierbar wurde. Er verfluchte seine Eingebung, hierhergekommen zu sein, verfluchte die Idee, auf eigene Faust nach ihr zu suchen, letztendlich verfluchte er sich, dass er nicht durchgesetzt hatte, sie in jener schicksalhaften Nacht nach Hause fahren zu dürfen. Vorsichtig begann er, ungeachtet des Umstandes, dass er Spuren beseitigte, die feuchte Erde mit den Händen beiseitezuschieben. Keine Minute länger wollte er ihren Leichnam in der kalten Erde wissen, er wollte nur noch eines, Theresia nach Hause bringen. Er grub wie vonSinnen, wechselte nach kurzer Zeit den Platz, grub an anderer Stelle weiter, drang immer tiefer ins Erdreich ein, riss Wurzeln in Stücke und warf schwere Steine zur Seite, als wären sie Federbälle. Nach einer halben Stunde hielt er erschöpft inne. Es hätte nicht Theresia sein dürfen, jede andere, aber nicht Theresia! Wenn er sie doch bloß gezwungen hätte, zu ihm ins Auto zu steigen. Hätte … dieses verfluchte Wort machte ihn wahnsinnig.
    In Panik riss er an seinem Hemdkragen, warf den Kopf nach hinten und erstarrte im gleichen Moment. Sein markerschütternder Schrei durchdrang die Nacht und schien, nicht enden wollend, von den Ufern des Sees hin und her getragen. Harris starrte mit weit aufgerissenen Augen nach oben.
    Theresia befand sich direkt über ihm. Ihr nackter Körper hing kopfüber an einem armstarken, knorrigen Ast der großen Erle. Für einen kurzen Moment schloss er die Augen, aber die Hoffnung, dass es sich um ein Trugbild handeln könnte, erfüllte sich nicht.
    Der geschundene Körper war übersät von großflächigen Hämatomen und unzähligen Schnittwunden. Die Schlaufe des dicken Taues, welches ihre Fußgelenke umschloss, wurde durch das Körpergewicht zusammengezogen, so dass die Füße nicht hindurchrutschen konnten. Ihre Hände waren auf dem Rücken gefesselt, und ihr langes blondes Haar, verklebt von geronnenem Blut, hing in Strähnen herunter. Es war unmöglich, aus dieser Entfernung die Verletzung, die zu ihrem Tod geführt hatte, auszumachen, aber da davon auszugehen war, dass Theresia Opfer Nummer sechs sein würde, musste sie erwürgt worden sein.
    Harris ließ sich auf den Waldboden fallen, zündete sich mit fahrigen Bewegungen eine Zigarette an und blieb dann, den Blick starr hinauf zu Theresia gerichtet, sitzen.
    Wenige Stunden später war die Insel in das gleißende Licht Dutzender Scheinwerfer getaucht, das Gebell von Spürhundenhallte durch die Nacht, und das Ufer des Festlandes säumten Schaulustige mit ihren Taschenlampen.
    Zu diesem Zeitpunkt saß Harris als einziger Gast an Pauls Tresen und betrank sich heillos.

12.
    Es war kurz vor Mitternacht, als es sich die beiden Frauen mit einer Flasche Wein, einem Krug Leitungswasser, frischem Brot und einem riesigen Berg Käsewürfel im vorderen Zimmer gemütlich machten. Nina hatte inzwischen ihr Louis-Vuitton-Kleid gegen Jeans und T-Shirt eingetauscht, trug einen alten Strohhut, den sie in der Scheune einer Vogelscheuche abgenommen hatte, und saß, entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit, mit ausgestreckten Beinen auf dem Fußboden. Schnaufend ließ sie sich nach hinten fallen, wehrte Jack ab, der sich sofort auf sie stürzen wollte, stellte sich das Weinglas auf den Bauch und starrte an die Decke. »So. Es ist dunkel draußen, nun zu dir! Also, was läuft da zwischen dir und diesem Dorfsheriff?«
    »Bis jetzt noch gar

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