Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition)
wahnsinnig!«
»Ihr Handy klingelt.«
»Wessen Handy klingelt?«
»Theresias!«
Harris starrte erschrocken das Telefon an und legte es dann vorsichtig an sein Ohr.
»Man kann’s orten, wenn’s eingeschaltet ist!«, sagte Robert völlig aufgelöst.
Harris drückte die Stand-by-Taste und schaltete das Handy aus. »Wieso hast du das überhaupt noch?«, brummte er sichtlich verstimmt und ließ das Mobiltelefon in seiner Hosentasche verschwinden.
»Warum sollte ich’s nicht haben? Was ist nun?«
»Was soll sein? Ich geb’s Schneider.«
»Aber es klingelt doch!«
»Ja. Und Theresia ist tot!«
»Dann muss es ihr Mörder haben! Lass es orten, und ihr habt das Schwein!«
Harris war anzusehen, wie sauer er war. Roberts Klugscheißerei machte ihn zum Deppen, und das konnte er auf den Tod nicht ausstehen. »Für wie dämlich hältst du mich eigentlich?«
Robert spürte wohl, dass er im Begriff war, es sich mit seinem letzten Fürsprecher zu verscherzen, denn er wurde mit einem Mal kleinlaut.
»Würd ich sie anrufen, wenn ich ihr Telefon hätte?«, fragte er leise.
»Wenn’s in deiner Wohnung liegt, sicher nicht.« Harris’ Antwort sollte überlegen klingen, aber der Schrecken über seine Unachtsamkeit saß ihm mächtig in den Knochen. Er legte eine kurze Pause ein und musterte Robert. »Lass uns die Sache abkürzen. Erzähl mir, was passiert ist, und ich werd sehen, was ich für dich tun kann.«
Noch immer hoffte Harris, die Mordserie durch die neue und für ihn vorteilhafte Konstellation im Alleingang lösen zu können und somit Hauptkommissar Schneiders Vorurteile gegenüber Dorfpolizisten zu entkräften. Das Aufspüren von Theresias Leichnam ließ zwar sein Ansehen unter denKollegen wachsen, Schneider hatte jedoch nur müde darüber gelächelt.
Harris war sich sicher, Robert, wenn nötig, derart unter Druck setzen zu können, dass er alles gestand.
»Mein Bruder«, sagte Robert plötzlich.
»Was ist mit dem?«
»Der pennt ab und zu bei mir, wenn er die Schnauze voll hat von den Alten. Vielleicht hat er letzte Nacht bei mir geschlafen.«
»Und?«
»Mein Alibi, ich meine, wenn er in meiner Wohnung war, muss er mich gesehen haben.«
Harris nickte beiläufig. »Wir werden’s überprüfen.«
Auf Robert hingegen wirkte die Aussicht auf die Hilfe seines Bruders beinahe wie das Alibi selbst. Sichtbar ermutigt rappelte er sich hoch und sah voller Zuversicht zu Harris.
»Wieso wohnte Theresia eigentlich nicht bei dir?«, fragte dieser jetzt.
»Sie wollte nicht.«
»Ach … aber du hättest es gern gehabt.«
Robert schien Harris’ Taktik nicht zu durchschauen, denn er nickte bereitwillig. »Deswegen auch die neue Wohnung. Stimmt’s?«
Wieder nickte er nur.
Auch wenn Harris zugeben musste, dass er Robert im Grunde seines Herzens mochte, so stand ihm Theresia doch näher. Es war schmerzhaft, eine Freundin zu verlieren. Der Verlust des Freundes hingegen würde ihn, wenn er sich als schuldig herausstellte, nicht im Geringsten berühren.
»Theresias Mörder ist übrigens Linkshänder«, stellte Harris in den Raum und beobachtete zufrieden, wie Robert zusammenzuckte. Er wusste, dass Robert eigentlich Linkshänder war, was seine Eltern ihm allerdings schon in frühester Kindheit hatten abtrainieren wollen. Demzufolge schrieb er mitrechts, machte aber beinahe alles andere mit der linken Hand. Nur einem guten Beobachter würde diese Abweichung auffallen. Roberts Erschrecken bestätigte ihm, dass er auf dem richtigen Weg war. »Man hat deine DNA gefunden, Robert, überall an ihr!«
»Ja und? Sie war meine Freundin! Ist doch wohl logisch.«
Robert kniff plötzlich die Augen zusammen: »Welche noch? Vom Fußballerarschloch, die meines Bruders, Borowskis? Deine? Jeder hat sie angefasst. Jeder, verdammt noch mal!«
»Vielleicht. Aber das hat nur einer Person nicht gefallen. Nämlich dir!«
Roberts Blick ließ sich schlecht deuten. Es war eine Mischung aus Ratlosigkeit, Kümmernis und unbändiger Wut, wenn man ihn für unschuldig hielt. Ging man aber davon aus, dass ein raffiniert vorgehender Serienmörder vor einem saß, so stand dieses Konglomerat geradezu bildhaft für sein Auffliegen. Harris war sich plötzlich sicher, dass es Letzteres war. Nur mühsam unterdrückte er den Impuls, Robert an die Gurgel zu gehen und das Geständnis aus ihm herauszuprügeln. Stattdessen hielt er die geballten Fäuste krampfhaft in den Hosentaschen und setzte sich ruhig auf seinen Stuhl. »Welches Aftershave benutzt
Weitere Kostenlose Bücher