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Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition)

Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition)

Titel: Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Gwisdek
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anzusehen, dass ihn Jacks Gehorsam mit Stolz erfüllte, denn es war gefärbt von einem Tick Selbstgefälligkeit. Er bemerkte nicht, dass Jack den zugewiesenen Platz wieder verlassen hatte und inzwischen hinter ihnen herspazierte. Mit einem Mal kam Leben in den Hund. Jack riss ruckartig den Kopf herum, spitzte die Ohren und rannte dann in wildem Galopp die Treppe hinauf. »Was is ’n in den gefahren?« Alexandra zuckte mit den Schultern, während sie dem Hund ins Obergeschoss folgte. Insgeheim dankte sie Jack, denn durch diese Aktion konnte sie Harris ganz nebenbei dazu bringen, sie auf den Dachboden zu begleiten.
    Mittlerweile sprang Jack laut bellend an der roten Kammertür hoch und ließ sich durch nichts davon abbringen. »Ich tippe auf Marder … oder Katze«, sagte Harris trocken. Er hatte kaum aufgesperrt, als sich Jack an ihm vorbeidrängelte und schnuppernd die Kammer durchforstete. Ohne erkennbaren Grund verließ er das Zimmer wieder, sprang an der nächsten Tür hoch, machte wieder kehrt, stellte sich schließlich mit steil aufgerichteter Rute an den Treppenabsatz zum Dachboden und bellte nun da hinauf. Ohne dass Alexandra ihn darum bitten musste, rannte Harris die Treppe nach oben, lehnte die Dachluke im Vorbeigehen an den Schornstein und signalisierte dann, dass sie ihm folgen sollte. Oben angekommen, sah Alexandra gerade noch, wie er in der Kammer verschwand. »Komm her!«, hörte sie ihn, wie schon Nina am Vortag, rufen. Obwohl es genau das war, was sie sich erhofft hatte, folgte sie ihm nur widerwillig, denn die Kammer ängstigte sie nach wie vor.
    »Sagtest du nicht, dass hier oben jemand ist? Ich hab ihn gefunden«, scherzte Harris. »Siehst du? Dieser Stuhl hier. Als ich die Kammertür öffnete, schaukelte er noch.« Harris verlagerte sein Gewicht langsam von einem Fuß auf den anderen. Die Dielen unter ihm bogen sich knarrend und versetzten den Stuhl in leichtes Wippen. »Du läufst auf die Kammer zu, und schon bekommt dieser Stuhl ein Eigenleben. Das ist alles.« Obgleich Harris’ Demonstration eindeutig und unzweifelhaft war, beruhigte sie Alexandra nicht wirklich. Schaukelnde Stühle waren eine Sache, etwas anderes jedoch waren Geräusche, deren Auslöser nicht sie selbst war. »Und was das Getrampel angeht«, sagte Harris, als könne er ihre Gedanken lesen. »Kauf ’ne Marderfalle, und der Spuk ist vorbei.« Er redete vor sich hin, während er sich weiter umsah. »Ich weiß, es hört sich wirklich so an, als würde jemand durch die Gegend laufen. Dabei sind’s nur diese Scheißmistviecher!« Harris stockte plötzlich und hob nacheinander die Füße. »Ich hätte mir vielleicht doch die Schuhe saubermachen sollen.« Erst jetzt bemerkte Alexandra die eingetrockneten Schlammabdrücke, die quer durch den Raum bis zur Kammer verliefen und am Schaukelstuhl endeten. »Nee, sind doch nicht meine«, schlussfolgerte Harris mit einem Blick auf seine sauberen Schuhsohlen. »Ich schätze mal Größe neununddreißig, also eindeutig ’ne Frau.«
    »Ich war gestern mit Nina hier oben, kann sein, ich …« Alexandra verstummte. Nina war barfüßig gewesen, und soweit sie sich erinnerte, hatte sie selbst nur dicke Strümpfe getragen, so wie sie es zu Hause immer tat. Obendrein war es unmöglich, dass sie die Fußspuren übersehen hatten. Im Gegenteil, es war ihnen doch aufgefallen, wie peinlich sauber die Kammer im Vergleich zum übrigen Teil des Dachbodens war. Alexandra fühlte, wie sich die Härchen an ihren Unterarmen aufstellten und flächendeckend eine Gänsehaut produzierten. Die gleichen Fußabdrücke hatte sie in der zweiten Nacht imFlur entdeckt. Also keine nächtlichen Hirngespinste, keine Wahnvorstellung, es musste außer ihr noch jemand im Haus sein.
    »Wie ich schon sagte«, flüsterte Alexandra, »es ist jemand hier oben.«
    Harris umfasste ihre Schultern und sah sie mitfühlend, aber auch ein klein wenig belustigt an. »Also gut. Lass uns Zentimeter für Zentimeter vorgehen. Dieser Jemand kann sich zwar verstecken, aber nicht in Luft auflösen.« Er machte einen großen Schritt und riss mit Schwung beide Schranktüren auf. »Ha, ertappt!« Für Alexandra nicht sichtbar griff er nach etwas, stülpte es sich über den Kopf und drehte sich dann blitzschnell zu ihr um. Voller Entsetzen starrte Alexandra auf die langen, blonden Haare, die ihm wild über das Gesicht fielen. »Hör auf damit, das ist grässlich«, stieß sie hervor. Unbeeindruckt wandte sich Harris von ihr ab, nahm erneut etwas aus

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