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Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition)

Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition)

Titel: Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Gwisdek
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wurden immer größer, sein Mund stand vor Erstaunen offen. »Wie geht so was? Ich meine, ich habe so was schon oft gehört, aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie das funktionieren soll! Es sind doch deine Eltern!«
    »Ja. Es sind meine Eltern, aber manchmal passieren eben Sachen, die man sich gegenseitig nicht verzeihen kann. Tu mir einen Gefallen, Harris. Frag nicht mehr danach. Es ist so, wie es ist.«
    Zwei Stunden später verließen sie gesättigt und gutgelaunt die Gastwirtschaft.
    »Wie lange waren wir jetzt da drin?«, fragte Harris.
    »Vier Stunden.«
    »Wow! Beeindruckend!«
    »Darf ich fragen, was daran beeindruckend ist? Dass wir vier Stunden gegessen und getrunken haben?«
    »Nein, dass wir uns vier Stunden was zu sagen hatten. Ist mir noch nie passiert!« Ganz Gentleman, öffnete er Alexandra die Beifahrertür und ließ sie einsteigen. »Bist du einverstanden, wenn wir einen kleinen Umweg nehmen? Ich hab nämlich noch eine Überraschung für dich.«

25.
    Der Vollmond warf lange Schatten auf die silbrig glänzende Oberfläche des Sees. Kleine Fledermäuse huschten mit geräuschlosem Flügelschlag über ihre Köpfe hinweg, in der Ferne klang der Ruf einer einzelnen Eule. »Schließ die Augen!«, sagte Harris leise.
    Alexandra tat es. Sie hörte ihn zum Auto zurück- und wenig später an ihr vorbeilaufen, dann das Klicken eines Feuerzeuges. »Kannst sie wieder aufmachen!«, rief er schließlich. Harris saß am Ende des kleinen Steges im Schein eines einzelnen Teelichtes, neben sich eine Flasche Wein und zwei Plastikbecher.
    »Ich weiß, es sieht bescheuert und kitschig aus, aber Frauen lieben Romantik, und da du eine Frau bist, dachte ich …« Er brach in schallendes Gelächter aus und ließ sich auf den Rücken fallen. »Ich komm mir echt blöd vor!«
    »Das brauchst du nicht«, dachte Alexandra, als sie langsam auf ihn zuschlenderte. »Ich liebe romantische Männer.«
    Sie hielt kurz inne, als ihre Füße den Steg berührten, und musterte kritisch die hölzernen Planken. Fünf Meter trennten sie von Harris, fünf unsichere, angsteinflößende Meter.
    »Na komm schon!«, lockte Harris. »Er ist zwar alt, aber uns zwei wird er schon halten!«
    Vertrauenerweckend klang das nicht, aber wenn sie den Abend nicht verderben wollte, musste sie sich jetzt zusammenreißen. Ohne nach rechts und links zu sehen, lief sie schnurstracks auf Harris zu und ließ sich direkt neben ihm nieder. Wie erwartet legte Harris den Arm um sie und zog sie noch näher an sich heran.
    »Ehrlich gesagt, habe ich so was noch nie gemacht. Diesen Romantikquatsch mit Kerzen und so!«
    »Was machst du sonst?«
    »Arbeiten.«
    »Ist das nicht ein bisschen einsam?«, neckte Alexandra ihn.
    »Hatte ich vorher nicht so empfunden.«
    »Und jetzt?«
    Harris ließ sich nach hinten fallen und zog Alexandra mit sich. »Na ja, fühlt sich im Nachhinein schon so an.«
    Das leise Plätschern der Wellen, die an die Pfeiler des Steges schlugen, und der Ruf der Eule waren die einzigen Geräusche, ansonsten lag der Wald in tiefer, nächtlicher Stille.
    »Merkwürdig. Du bist der Mensch, mit dem ich am meisten spreche. Dabei kenne ich dich gerade mal vier Tage«, sagte Harris leise.
    »’n echter Verlierer also.«
    Harris’ Miene verfinsterte sich schlagartig. »Wie meinst du das?«
    »Das war ein Scherz. Und noch dazu auf meine Kosten!«
    »Nein, im Ernst. Was meinst du mit ›echter Verlierer‹?«
    »Ich sagte doch, es war ein Scherz, weiter nichts. Ich meine, was ist mit deinen Freunden? Keiner dabei, dem du was anvertrauen würdest?«
    Harris sah sie einen Moment mit einem merkwürdigen Ausdruck in den Augen an, schüttelte dann irritiert den Kopf und stand auf. Sie hatte keine Chance zu reagieren, so schnell ließ er Jeans und Shirt fallen, sprang mit einem Hechtsprung ins Wasser und war verschwunden.
    Die kreisförmigen Wellen um den eintauchenden Körper ebneten sich langsam, dann wurde es still. Alexandra starrte mit angehaltenem Atem auf die ruhige, dunkle Wasseroberfläche. »Harris?«, flüsterte sie kleinlaut und sah ängstlich auf ihre Uhr, ohne sie jedoch in der Dunkelheit lesen zu können. »Harris!« Sie fühlte Panik aufkommen, stand auf, trat unwillkürlichein paar Schritte zurück, lief wieder nach vorn an den Rand des Steges und machte dann überstürzt kehrt. Wie von Sinnen rannte sie an Land und blieb erst wieder am Auto stehen. Erschöpft ging sie auf die Knie und schrie, was das Zeug hielt. Immer wieder wischte sie sich

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