Nachts lockt das Verlangen
wirklich zu einer Gefahr für Amelia werden könnte. Aber die Dreistigkeit dieses Kerls kannte einfach keine Grenzen.
Lucas hatte unverzüglich Theodore Vick, seinen Sicherheitschef, kontaktiert, und für zusätzlichen Schutz für Devin und Amelia gesorgt. Er hatte sich außerdem mit Byron darüber unterhalten, was es bedeuten mochte, dass Steve nun Devin seine Unterstützung entzog. Trotz seines bodenständigen Verhaltens war Byron ein gerissener Stratege mit einem beeindruckenden Netzwerk an Kontakten und der Gabe, Informationen zu beschaffen. Wenn einer hinter Steves neuen Plan kommen konnte, war es Byron.
Der betrat gerade Lucas’ Büro im Erdgeschoss des Hauses.
„Irgendwas rausbekommen?“, fragte Lucas ohne weitere Einleitung.
Byron trat ein und schloss die Tür. „Hat Steves Mama ihn auf den Kopf fallen lassen, als er noch ein Kind war?“, fragte er beiläufig. „Wenn nicht, hätte sie es tun sollen“, sagte Byron. „Irgendwas ist ernsthaft schiefgelaufen bei dem Jungen.“
„Was hast du herausgefunden?“
„Erinnerst du dich an das hier?“ Byron warf ein rot beschriftetes Videoband auf den quadratischen Konferenztisch, der eine Ecke des Zimmers einnahm.
„Ist es das von Großvaters Testament?“
Byron nickte kurz angebunden. „Lass uns deine Erinnerung kurz auffrischen, ja?“ Er legte das Band in das alte Videogerät ein, das mit Lucas’ Fernseher verbunden war. Dann nahm er die Fernbedienung und deutete auf die Stühle am Konferenztisch.
„Haben wir beim ersten Anschauen was übersehen?“, fragte Lucas, als er sich auf einem der dunkelgrauen Lederstühle niederließ.
„Es war direkt vor unserer Nase, die ganze Zeit.“ Byron drückte eine Taste auf der Fernbedienung, und eine schlecht ausgeleuchtete Szenerie erschien auf dem Bildschirm.
Das Bild zeigte einen jüngeren Großvater, der in genau diesem Büro saß, mit Fotografien von alten Eisenbahnen an der Wand hinter ihm.
Byron spulte das Band vor.
„Hier ist es“, sagte er und ließ die Aufnahme abspielen.
Durch die Lautsprecher erklang Lucas’ Großvaters vertraute, raue Stimme. „Der Grund dafür ist, dass ihr Jungs den Unterschied zwischen Arbeit und Familie verstehen müsst. Das Fundament, auf dem dieses große Unternehmen gegründet wurde, ist die Familie. Die Namen eurer Großmütter und Urgroßmütter stehen zwar nicht auf dem Papier, aber sie haben immer eine zentrale Rolle beim Aufbau des Unternehmens gespielt, das ihr nun als Pacific Robotics kennt.“
Ein sanfter Ausdruck lag in seinen alten Augen, als er weitersprach. „Lucy war mein Fels in der Brandung. Sie war da in guten wie in schlechten Zeiten, bei Erfolgen wie bei Niederlagen, sie glaubte immer daran, dass ich das Unmögliche schaffen konnte. Und ihr Jungs, ihr müsst eure eigenen Felsen finden.“
Er faltete seine Hände und lehnte sich vor. „Und wenn ich euch damit dazu inspirieren kann, loszuziehen und auf die Suche zu gehen, dann vererbe ich mein Vermögen gern einem zukünftigen Urenkel. Dann sei es so. Damit kann ich leben.“
Byron stoppte das Band.
„Ich verstehe nicht, was das soll“, sagte Lucas und trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte herum. „Das haben wir alles schon gesehen. Worauf willst du hinaus?“
„Du musst es wollen“, sagte Byron. „Lies zwischen den Zeilen. Genau das hat Steve auch getan.“
Er schüttelte verständnislos den Kopf.
„Steve und seine Anwälte haben ein paar Präzedenzfälle aufgespürt, in denen Videoaufzeichnungen als Präambel zu einem Testament akzeptiert wurden.“
Lucas deutete auf den Bildschirm. „Großvater hat nur wiederholt, dass sein erstgeborener Urenkel erben wird.“
Byron nickte. „Tja, euer Großpapa hat gehofft, dass ihr Jungs ein paar Mädels finden, euch verlieben, heiraten und Kinder kriegen würdet.“
„Ja, das hat er.“ Lucas seufzte verzweifelt. Es war lächerlich, eine Erbschaft an solche Bedingungen zu knüpfen. Sein Großvater hätte seine Anteile demjenigen hinterlassen sollen, der die besten Fähigkeiten bei der Unternehmensführung zeigte. Dieser Blödsinn über die Familie als Fels in der Brandung im Leben eines Mannes war doch nur das Gerede eines alten Idealisten.
„Und Steve hat einen neuen Antrag eingereicht, in dem er darum bittet, dass diese Aufzeichnung als die Absicht zugelassen wird, mit der dein Großpapa sein Testament verfasst hat.“
„Das kann er tun?“
„Es scheint ganz so“, sagte Byron. „Es sieht so aus, als könne ein
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