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Nachts wenn der Teufel kam

Nachts wenn der Teufel kam

Titel: Nachts wenn der Teufel kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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es auch etwas länger.«
    »Und in der Wohnung war weiter niemand?«
    »Nein.«
    »Und Sie haben auch niemanden gesehen, der das Haus betrat?«
    »Nein.«
    Plötzlich wechselt der vernehmende Polizeibeamte den Ton: »Was haben Sie mitgenommen? Warum haben Sie sie ermordet? War es Schmuck? Waren es Wertpapiere? Wollten Sie eine Unterschlagung vertuschen?«
    »Lassen Sie mich in Ruhe!« schreit Georg Scheidel. »Ich bin unschuldig! Glauben Sie mir doch! Ich habe nichts damit zu tun!«
    »Warum haben Sie sich dann nicht gleich bei der Polizei gemeldet?«
    Dann geht es wieder von vorn an. Jeden Tag, jede Woche, jeden Monat. Fast zehn Monate lang. Haftbeschwerde. Abgelehnt. Erneute Haftbeschwerde. Wiederum abgelehnt. Vernehmung durch den Untersuchungsrichter. Vernehmung durch den Staatsanwalt. Es ist eine besondere Pikanterie des Falles, daß der Staatsanwalt ein alter Freund Georg Scheidels ist. Aber kurz vor dem Mord haben sich die beiden überworfen. Wegen einer Frau. Eine Eifersuchtssache. Daß der Staatsanwalt wegen dieser Geschichte ihm gegenüber besonders aufsässig sei, behauptet Scheidel immer wieder.
    Beim siebenten Haftprüfungstermin hat er Glück. Glück, das sich bald als Unglück herausstellen wird. Er wird entlassen. Aber die Polizei beobachtet ihn weiter. Und die Kleinstadt belauert ihn. Alte Bekannte wechseln die Straßenseite, wenn sie ihm begegnen. Kinder spucken vor ihm aus. Seine Praxis ist leer. Kein Mensch kommt mehr zu ihm. Wenn er eine Wirtschaft betritt – er tut es selten, weil er die Leute scheut –, knallt ihm die Kellnerin das Bier auf den Tisch.
    Georg Scheidel entschließt sich, Gotha zu verlassen – mit Genehmigung der Polizei übrigens, die er ausdrücklich dazu einholen muß. In Leipzig fängt er von vorn an. Nach einem halben Jahr hat er ein paar Kunden, die ihn schätzen.
    Da sickert ein Gerücht durch. Leipzig ist nicht Gotha. Und vielleicht würde Georg Scheidel den Kampf mit dem Gerücht bestehen, wenn er die Nerven dazu hätte. Aber er hat sie nicht. Zumal er jetzt seine Frau kennen lernt, die er liebt und die er heiratet.
    Er zieht nach Magdeburg. Hier kennt ihn keiner. Und wieder hat er Gelegenheit, seine berufliche Tüchtigkeit zu beweisen. Er kommt zu Ansehen, zu Wohlstand. Nach zwei Jahren ist er aus allen Sorgen heraus. Er ist froh, mit einem blauen Auge davongekommen zu sein, und er hofft immer noch, daß der Mörder gefaßt wird und er dadurch endgültig rehabilitiert ist. Die Behörden bedeuten ihm unmissverständlich, daß er erst dann Schadenersatzansprüche geltend machen könne, wenn er einwandfrei über jeden Verdacht erhaben sei.
    Das bedeutet mit anderen Worten, daß man ihn immer noch des Mordes an der alten Frau verdächtigt.
    Um die Schatten der Vergangenheit nicht heraufzubeschwören, resigniert Georg Scheidel. Was man gern vergessen will, vergisst man schnell. Aber eines Tages wird er daran erinnert.
    Eine Bekannte aus Gotha begegnet ihm. Vorbei ist es mit dem Magdeburger Asyl. Wieder die alten Gerüchte. Wieder der Verlust der Kunden. Wieder der zermürbende Kampf mit den Schatten der Vergangenheit. Schlecht und recht schlägt sich Georg Scheidel durch. Die finanziell besten Kunden springen ab. Es gibt wenig Leute, die ihm glauben. Die meisten wollen sicherheitshalber nichts mit ihm zu tun haben.
    Als zehn Jahre nach dem Mord von Gotha der Krieg ausbricht, betrachtet es Georg Scheidel fast als Erlösung, daß er dienstverpflichtet wird und in andere Städte kommt. Der Zusammenbruch verschlägt ihn nach Westberlin, und hier lebt er zum ersten Mal, ohne daß seine Umgebung von dem vermeintlichen dunklen Punkt in seinem Leben weiß.
    Aber ein viertes Mal konnte er nicht von vorn anfangen. Zu alt und zu müde und zu zermürbt ist er dazu geworden. Wieder einmal versucht er Rehabilitierung und Wiedergutmachung. Aber die Berliner Polizei erklärt ihm, daß sie ihm nicht helfen könne.
    Eine Zeugin wartet im Vorzimmer. Eine Frau in mittleren Jahren, der man ansieht, daß sie im Leben fest zugreifen muß. Fünf Kinder hat sie, und der Mann ist an der Front. Irgendwo im Osten oder im Westen. Zuletzt hörte sie, daß er versetzt wird. Seitdem weiß sie nichts mehr von ihm. Die Berliner Polizei hat sie gebeten, sich heute um acht Uhr einzufinden.
    »Sie sind Frau Grade?«
    »Ja, Herr Kommissar.«
    »Ich habe Sie wegen einer Sache hierher bemühen müssen, die schon zwei Jahre zurückliegt. Sie sind vor zwei Jahren in Ihrer Wohnung von einem Mann überfallen

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